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Seite 2: „Was nicht im Regelwerk steht, darauf darf man sich als Schiedsrichter nicht berufen“

Babak Rafati, der zwi­schen 2005 und 2011 84 Bun­des­li­ga­par­tien lei­tete, weiß, warum. Im Gespräch mit 11FREUNDE erklärt der ehe­ma­lige Schieds­richter das Dilemma des Guido Wink­mann.

Babak Rafati, wieso konnte Schieds­richter Wink­mann das Abseitstor nicht zurück­nehmen?
Eigent­lich kann ein Schieds­richter bis zur nächsten Spiel­fort­set­zung eine Ent­schei­dung kor­ri­gieren, in diesem Fall also bis zum Wie­der­an­stoß. Hier kommt aber hinzu, dass die Szene unmit­telbar nach dem Tor auf der Video­lein­wand gezeigt wurde. Da der Video­be­weis noch nicht erlaubt ist, konnte sich Herr Wink­mann nicht auf die ein­ge­spielten Bilder beziehen. Statt­dessen muss er sich auf seine Wahr­neh­mung ver­lassen und durfte sich nicht kor­ri­gieren. Anders wäre es gewesen, wenn ihn der Assis­tent von der Sei­ten­linie vor Aus­füh­rung des Anstoßes noch einmal zu sich gerufen und ihm Zweifel am Tor mit­ge­teilt hätte – ohne, dass die Bilder im Sta­dion gezeigt worden wären.
 
Aber der Video­be­weis ist doch im Regel­werk gar nicht erwähnt – warum ist er trotzdem ver­boten?
Ganz ein­fach: Was nicht im Regel­werk steht, darauf darf man sich als Schieds­richter nicht berufen.
 
Wieso hat der BVB den Treffer über­haupt auf der Sta­di­on­lein­wand gezeigt?
Da ist dem Verein ver­mut­lich ein Fehler unter­laufen, denn laut DFL-Sta­tuen dürfen Bilder von Fehl­ent­schei­dungen nicht im Sta­dion gezeigt werden. Viel­leicht wussten die Leute in der Regie noch gar nicht, dass es Abseits war – und als sie es dann gesehen haben, war es schon zu spät.
 
Rafati weiß, wovon er redet. Am 6. März 2011 erlebte er eine ähn­liche Situa­tion in Ham­burg, als Mar­cell Jansen gegen Mainz 05 auf das Tor von Heinz Müller schoss.



Der Ball sprang von der Quer­latte auf die Linie und von dort zurück ins Spiel­feld. Doch der Assis­tent an der Sei­ten­linie sah es anders – Rafati ver­ließ sich auf dessen Wahr­neh­mung und ent­schied auf Tor. Auch die Ham­burger zeigten die Szene auf ihrer Video­lein­wand und lösten damit das Wem­bleytor von Ham­burg auf. Das Sta­dion lachte, die Mainzer schimpften“, erin­nert sich Rafati. Damals auf der Mainzer Trai­ner­bank: Thomas Tuchel, der nun mit Dort­mund von einer ähn­lich offen­sicht­lich Fehl­ent­schei­dung pro­fi­tiert hat.

 
Hätte Ingol­stadt eigent­lich Pro­test ein­legen können?
Theo­re­tisch ja, aber sie hätten Null Aus­sicht auf Erfolg. Wir reden hier von drei Tat­sa­chen­ent­schei­dungen, bei denen keine Regel­ver­stöße des Schieds­rich­ters vor­liegen. Wäre vor dem Tor zum Bei­spiel ein Frei­stoß falsch aus­ge­führt worden, da der Ball noch nicht kom­plett ruhte, wäre ein Pro­test ange­bracht. Bei Abseits oder Fouls geht es aber um die eigene Wahr­neh­mung des Schieds­rich­ters – es heißt ja nicht im Regel­werk, wenn ein Spieler gefoult wird, muss gepfiffen werden. Inso­fern ist der Ärger der Ingol­städter absolut ver­ständ­lich, aber sie können nichts dagegen tun.