Amy Drucquer besucht Fußballspiele und fotografiert weibliche Fans. Die Resonanz auf ihre Fotoseite „This Fan Girl“ ist riesig.
Und daraus entstand die Idee für „This Fan Girl“?
Ja. Im folgenden Sommer saß ich mit Laura im Pub und verfolgte die Europameisterschaft. Laura meinte, man müsse eigentlich eine solche Fotoserie nur über weibliche Fans machen. Sie hatte zuvor „weibliche Fußballfans“ gegoogelt, die Ergebnisse waren: Die hottesten Fans der EM, schlanke, junge, weiße Frauen in knappen Outfits, alles sehr sexualisiert. Wir dachten, es wäre cool, weibliche Fußballfans zu zeigen, wie sie wirklich sind. Dick, dünn, groß, klein, alt, jung. Die ganze Bandbreite ganz normaler Fans eben.
Und legten los?
Ja. Wir begannen mit den Londoner Klubs, uns wurde aber schnell klar, dass wir das Projekt landesweit umsetzen wollen. Was dann folgte, war der Wahnsinn. Wir waren jedes Wochenende unterwegs, teilweise haben wir zwei Spiele an einem Tag besucht. Allein die Zugfahrten haben unglaublich viel Geld gekostet. Aber dafür haben wir Hull, Southampton und Swansea gesehen. (Lacht.) Aber im Ernst: Wir haben so viele interessante Menschen kennengelernt und eine Art Einfluss auf den feministischen Diskurs gehabt, dass ich das als eine lohnenswerte Investition sehe.
thisfangirl.com ist mittlerweile nicht mehr nur eine Fotoseite. Wie hat sich das Projekt verändert?
Wir sind sehr schnell gewachsen. Das Interesse war so groß, dass wir die Fotos in einer Ausstellung zeigen konnten. Und uns wurde klar, dass wir mehr wollen, als nur Fotos zu machen. Wir wollen Geschichten erzählen, weswegen wir nun auch Texte auf der Seite haben, die sich von weiblicher Perspektive aus diversen Fußballthemen nähern. Oder Videos. Gerade haben wir ein Video über fünf Anhängerinnen von Crystal Palace gemacht, die auf besondere Weise mit dem Klub verbunden sind. Außerdem hat sich eine Community gebildet, die wir pflegen und ausbauen wollen. Wissen Sie, was mich genervt hat, als ich nach London gezogen bin?
Was denn?
Dass ich keine Freundin hatte, mit der ich die Leicester-Spiele in der Kneipe schauen konnte. Mittlerweile machen wir sogenannte Meetups, bei denen sich Frauen aus unserer Community zum Fußball gucken im Pub treffen. Anfangs saßen Laura und ich noch alleine da. Zuletzt waren wir 30. Normalerweise sind ja eher Männer in den Pubs. Die waren erst mal geschockt, als plötzlich so viele Frauen anwesend waren. Dann haben sie nachgefragt, wer wir sind, und ab da war es total nett. Richtig normal. (Lacht.)
Wie ist denn generell das Feedback männlicher Fußballfans?
99 Prozent finden es absolut positiv. Wir nehmen ja auch niemandem etwas weg oder sind irgendwie gegen Männer. Wir wollen einfach weiblichen Fans eine Stimme geben. Oft sind die Freunde, Ehemänner oder Väter auch richtiggehend stolz, wenn wir ihre Frauen oder Töchter nach einem Foto fragen. Das ist sehr süß. Sehr selten gibt es auch mal einen negativen Kommentar. Beim Spiel in Bournemouth fand jemand das Konzept, nur weibliche Fans zu fotografieren, sexistisch. Dann haben wir bei einem Pint darüber diskutiert und ihm klargemacht, dass wir nicht Männer ausgrenzen wollen, sondern Frauen miteinbeziehen.