Der 18-jährige Urenkel des italienischen Diktators Benito Mussolini hat seinen ersten Profivertrag unterschrieben. Ausgerechnet bei Lazio, deren rechte Fanszene schon für einige Skandale gesorgt hat.
Die Società Sportiva Lazio ist in der italienischen Hauptstadt Rom beheimatet, doch vom Glanz eines „Big City Club“ ist sie weit entfernt. Dem Verein haftet seit Jahren ein negatives Image an: Beim Namen Lazio denken viele unweigerlich an die zu Teilen rechtsgerichtete Fanszene. In der Vergangenheit sorgte die gewaltbereite Ultra-Gruppierung „Irriducibili“, deren Anführer Fabrizio Piscitelli, genannt „Diabolik“, 2019 erschossen wurde, regelmäßig für Skandale in Verbindung mit Antisemitismus oder Rassismus. Immer wieder spielte dabei auch die Verehrung für den früheren italienischen Diktator Benito Mussolini eine Rolle.
Der ehemalige Lazio-Kapitän Paolo Di Canio, der ein Tattoo mit dem lateinischen Wort „Dux“ zu Ehren des Duce Mussolini auf dem Oberarm trägt, grüßte die Anhänger in der Curva Nord einst mit dem Saluto Romano, dem italienischen Pendant zum Hitlergruß. Der jüngste Skandal ereignete sich am 24. April 2019, als Anhänger der „Irriducibili“ („die Unbeugsamen“) vor einem Auswärtsspiel beim AC Milan ein Spruchband mit der Aufschrift „Onore a Benito Mussolini“ („Ehre für Benito Mussolini“) durch die Straßen Mailands trugen und dabei ebenfalls mehrfach den Arm zum Saluto Romano reckten. Im Februar 2020 haben sich die „Irriducibili“ zwar offiziell aufgelöst, es ist jedoch fraglich, ob es sich bei den jetzt präsenten „Ultras Lazio“ um eine Neugründung oder eher eine Umbenennung handelt. Immerhin ist es um die Ultras seither etwas ruhiger geworden. Kaum verwunderlich angesichts coronabedingter Spielpause und anschließender Geisterspiele.
Rund ein Jahr später wird der Name Mussolini erneut mit Lazio in Verbindung gebracht – wenn auch in einem gänzlich anderen Zusammenhang. Der 18-jährige Romano Floriani Mussolini hat am Dienstag seinen ersten Profivertrag bei den Laziali unterschrieben. Floriani Mussolini ist gebürtiger Römer, er spielt seit fast fünf Jahren für Lazio – und er ist der Urenkel des Duce. Bereits Anfang Februar hatte die Nachricht für Aufsehen gesorgt, dass Floriani Mussolini, Jahrgang 2003, nun für die Primavera, die U19 der Laziali, aufläuft. Etwas mehr als eineinhalb Monate später erhielt er einen Profivertrag bis 2023. Eine große Sache machte der Verein daraus nicht, weder auf den Social-Media-Kanälen noch auf der vereinseigenen Homepage wurde die Vertragsunterschrift bekanntgegeben. Doch die Nachricht machte schnell die Runde, bald kursierten die ersten Gags über „Mussolini jr.“, etwa über seine Position (Rechtsverteidiger) oder darüber, dass er vermutlich einen Zwanzig-Jahres-Vertrag unterschrieben habe – so lange währte das faschistische Regime des Urgroßvaters.
Der Nachwuchsspieler selbst veröffentliche anlässlich der Vertragsunterschrift auf seinem offiziellen Instagram-Account, den er unter dem Namen Romano Floriani betreibt, lediglich die üblichen Floskeln: Er sei überglücklich, seinen ersten Profivertrag unterschrieben zu haben und freue sich auf die kommenden drei Jahre. Jegliche Diskussionen um seine Person wollte er bereits zuvor gegenüber der Zeitung Il Messaggero ausräumen: „Bei Lazio werde ich nur danach bewertet, wie ich spiele, nicht nach meinem Nachnamen.“
Nun kann Romano Floriani Mussolini weder etwas für seinen Nachnamen noch für seinen Urgroßvater. Verantwortlich für den in Italien ungewöhnlichen Doppel-Nachnamen und damit in gewisser Weise auch für den Medienrummel ist jedoch seine Mutter, Alessandra Mussolini. Die bestand nämlich darauf, dass ihr Sohn nicht nur den Namen seines Vaters, Floriani, sondern auch den ihren tragen solle – „um den Familiennamen zu erhalten“, wie sie anlässlich der Taufe 2003 gegenüber der Nachrichtenagentur adnkronos verkündete. Bei der Gelegenheit gab sie auch bekannt, dass einer von Romanos sechs Vornamen Benito lautet – und zwar, daraus macht Mamma Alessandra ebenfalls keinen Hehl, zu Ehren des berühmten Urgroßvaters.
Die 58-Jährige hat nie versucht, sich von ihrem berühmten Nachnamen zu lösen. Im Gegenteil, nach einer mäßig erfolgreichen Karriere als Schauspielerin und Sängerin ging sie in den neunziger Jahren selbst in die Politik. Sie war Mitglied des Movimento Sociale Italiano sowie der Alleanza Nazionale und gründete 2003 ihre eigene Partei Azione Sociale – allesamt rechte und teilweise offen neofaschistische Parteien. 2009 schloss sie sich der Mitte-Rechts-Partei Silvio Berlusconis an, die sie auch im EU-Parlament in Brüssel vertrat. Zudem sitzt Mussolini des Öfteren in italienischen Talk-Shows, wo sie sich schon mal darüber beschwert, dass man nicht mehr das Z‑Wort sagen dürfe, öffentlich beteuert, sie sei „stolz darauf, Faschistin zu sein“ oder sich mit Leuten anlegt, die ihrem Großvater „nicht den nötigen Respekt erweisen“. Zuletzt erreichte sie den dritten Platz in der Tanz-Show Ballando con le stelle und kündigte anschließend ihren Rückzug aus der Politik an. In der Show legte sie im November 2020 auch einen Tanz mit einem Überraschungsgast aufs Parkett – Sohn Romano, der damals erstmals in der Öffentlichkeit auftauchte.