Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Seite 2: „Ich werde bestimmt einiges vermissen“

Es wirkte, als ob ein Staats­be­diens­teter in einer Tragik von natio­nalem Ausmaß eme­ri­tieren würde. Und irgendwie war es auch so. Der Abschied des Lothar M. wurde zum Drama in vielen Akten apo­stro­phiert, und Teil eins der innen­po­li­ti­schen Krise führte man in Stutt­gart auf, am 4. März 2000.

Ich werde bestimmt einiges ver­missen. Die deut­schen Sta­dien, die Fans, die Bun­des­liga“, unkte der Schei­dende nach einem Spiel, dessen Ver­lauf nicht in den vor­ge­se­henen Bil­der­rahmen passte. Zwar hatten sie in Mün­chen, beim FC Bayern, dezent gemurrt, weil das lod­dam­a­d­dä­us’­sche Bohei aus allen Nähten geplatzt war, aber anstän­dige 90 Abschuss­mi­nuten wollten sie ihrem Veteran dann doch bescheren. Allein aus Eigen­nutz, Lever­kusen triezte Bayern im Meis­ter­rennen (und wusste zu diesem Zeit­punkt noch nicht, wo Unter­ha­ching zu loka­li­sieren ist).

Zum Abschied einen Cow­boyhut

So hatte Trainer Hitz­feld seinen Mannen, die unter der Woche einen famosen 4:2‑Sieg im Ber­nabéu gelandet hatten, den All­tags-Rhythmus auf­ok­troy­iert und Mat­thäus als Libero berufen. Auch von VfB-Seite erhielt Lothar artig Prä­sente, einen Cow­boyhut und ein Trikot-Pot­pourri, genäht aus Stoff­stü­cken des FC Bayern, Borussia Mön­chen­glad­bach, Inter Mai­land und des deut­schen Natio­nal­teams – Mat­thäus‘ Kar­rie­re­sta­tionen.

Von soge­nannten Kon­zept­trai­nern“ sprach kurz nach der Jahr­tau­send­wende nie­mand, doch wenn der Begriff schon Einzug in den Jargon der Kick-Branche gefunden hätte, wäre Ralf Rang­nick ein Pio­nier gewesen. Vor dem Bayern-Spiel ver­suchte der Jung-Trainer, seine Profis an bisher unbe­kannten Syn­apsen zu strie­geln, und ließ 1,20 Meter lange Eisen­stangen an deren Hälsen anbringen, die mit den Händen angeb­lich nicht zu ver­biegen seien – wohl aber unter Ein­satz des Kehl­kopfes. Die Sug­ges­tion deckte sich mit dem Kahn-Motto: Wille!

Das geht heute schief!“

Bayern-Manager Uli Hoeneß überkam ein ungutes Gefühl. Als erste deut­sche Mann­schaft hatte Bayern in Madrid gewinnen können, jetzt aber kaufte ihnen Stutt­gart den Schneid ab. Bald spürte Hoeneß, dass das heute schief geht“.

Falls Mat­thäus auf schwä­bi­sches Schau­laufen spe­ku­liert hatte, wurde seine Hoff­nung ent­täuscht. Ersatz­keeper Bernd Dreher (für den Pause-bedürf­tigen Oliver Kahn dabei) stürmte ohne Not aus dem Tor und zwang seinen 38-jäh­rigen Libero zu einem Sprint Rich­tung Tor­linie. Mat­thäus, der Rück­stand-Retter.