Ich habe Angst um dieses Land“, sagt Neville Sout­hall unum­wunden. Wir erleben der­zeit zwei der gefähr­lichsten Führer der Welt, die Chaos anrichten. Boris Johnson und Trump sind unge­si­cherte Revolver. Früher dachten wir, die unge­si­cherten Revolver gehören Nord­korea oder Leuten wie Saddam Hus­sein. Man hätte nie gedacht, dass einmal ein unge­si­cherter Revolver das eigene Land über­nehmen würde.“ Das Inter­view, das der 92-malige wali­si­sche Natio­nal­keeper und eins­tige Super­star des eng­li­schen Fuß­ball-Ober­hauses dem Guar­dian“ gegeben hat, ist eine ein­zige Abrech­nung. Und eine Mah­nung an die Welt.

Auf der bri­ti­schen Insel – und nicht nur dort – gilt Neville Sout­hall als lebende Legende: 17 Jahre lang hütete er das Tor des FC Everton, gewann mit den Tof­fees“ zwei Meis­ter­schaften (1985, 1987), zweimal den FA-Cup (1984 und 1995) sowie den Euro­pa­pokal der Pokal­sieger 1985. Im selben Jahr wurde er zu Eng­lands Fuß­baller des Jahres“ gekürt. Doch neben Sout­halls sen­sa­tio­nellen Reflexen schätz(t)en die Fans auch seine Mei­nungs­freu­dig­keit, wenn es um gesell­schaft­liche Themen geht: Ras­sismus, Homo­phobie, die Rechte von Pro­sti­tu­ierten – der rüs­tige Früh­rentner äußert sich oft und gern. Diesmal aber scheint es, als wolle Sout­hall eine ganze Nation wach­rüt­teln.

Dabei teilt Big Nev“ nicht nur gegen die bri­ti­schen Brexit-Hard­liner aus, son­dern gegen die welt­weite Gilde der popu­lis­ti­schen und natio­na­lis­ti­schen Polit-Schrei­hälse: Ich wün­sche mir, dass man Boris Johnson, Nigel Farage (Brexit-Agi­tator der UK Inde­pen­dence Party; die Redak­tion), Tommy Robinson (Gründer der stramm-rechten Eng­lish Defence League; die Redak­tion), Donald Trump und diesen Typen aus Nord­korea in ein Boot setzt, wel­ches dann für die nächsten 25 Jahre um die Welt geschickt wird.“

Dieser Typ glaubt, uns erzählen zu können, was er will“

Southall über Johnson

Beson­ders auf den rechts­kon­ser­va­tiven Johnson und dessen Lügen im Vor­feld der Brexit-Abstim­mung ist Ever­tons Jahr­hun­dert-Tor­wart (578 Liga­spiele für die Tof­fees“) alles andere als gut zu spre­chen: Dieser Typ glaubt, uns erzählen zu können, was er will. Was sagt es über unsere Gesell­schaft aus, wenn der Führer des Landes ein Lügner, ein Ras­sist, ein Sexist und ein Homo­phober ist? Hof­fent­lich werden die Leute irgend­wann sagen: Wir können diesen Kerl nicht im Amt belassen, weil er unser Land rui­niert.‘“

Als alar­mie­rendes Bei­spiel führt Sout­hall John­sons schreiend schlechtes Kri­sen­ma­nage­ment wäh­rend der Corona-Pan­demie an. Zur Erin­ne­rung: Brexit-Boris“ hielt ent­schlos­sene Maß­nahmen gegen eine Aus­brei­tung des Virus lange Zeit für Unfug. Mitt­ler­weile zählt Groß­bri­tan­nien zu den Staaten mit den meisten Todes­fällen pro 100.000 Ein­wohner. Die offi­zi­elle Zahl der Corona-Opfer beträgt weit über 40.000, manche Experten gehen eher von 60.000 Opfern aus. Sie haben es über­haupt nicht in den Griff gekriegt, oder?“, schimpft Sout­hall und nennt als Haupt­grund die Igno­ranz des Pre­mier Minis­ters: Die Wis­sen­schaftler sagen eine Sache und Johnson sagt genau das Gegen­teil. Seine Füh­rungs­qua­li­täten sind arm­selig – wäh­rend­dessen sterben die Men­schen.“