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In der Musik­welt gibt es nichts Schwie­ri­geres, als nach einem glor­rei­chen Debüt ein zweites Album auf­zu­nehmen. Ent­weder kopiert der Künstler den Sound seines ersten Albums. Dann melden sich die Kri­tiker und werfen ihm vor, ein One-Trick-Pony zu sein. Oder der Künstler pro­biert etwas Unge­wohntes, Inno­va­tives, Neues – und ver­prellt damit seine Fans. Wie man es macht, man macht es falsch.

Pep Guar­diolas Amts­zeit bei den Bayern war ein typi­sches zweites Album. Guar­diolas Debüt, sein Bar­ce­lona-Team, holte sämt­liche Tro­phäen, wurde von Kri­ti­kern geliebt, revo­lu­tio­nierte sogar ein Stück weit die Fuß­ball­taktik. Wie konnten seine Bayern jemals damit mit­halten? Die Erwar­tungen waren so hoch, es musste fast schief­gehen.

Guar­diolas Prak­tiken und Tak­tiken

Wie hat Guar­diola ver­sucht, den Fluch des zweiten Albums zu bre­chen? Zunächst sah es so aus, als wolle er den Sound seines ersten Albums kopieren. Ein Bar­ce­lona 2.0 erhofften sich auch viele Fans des Kata­lanen. Und Guar­diola machte sich in seinem ersten Jahr tat­säch­lich daran, sein Juego de Posi­cion“, das spa­ni­sche Posi­ti­ons­spiel, in Mün­chen zu instal­lieren.

Guar­diola brachte seinen Spie­lern feste Rituale und Regeln bei. Der Platz wurde in fünf hori­zon­tale und sechs ver­ti­kale Zonen ein­ge­teilt. Nie durften zwei Spieler in der­selben Zone stehen, nie mehr als drei in einer hori­zon­talen Linie, nie mehr als zwei in einer ver­ti­kalen Linie. Die Bayern lernten von Guar­diola, posi­tio­nierten sich besser als je zuvor.

Er brachte den Spie­lern zugleich indi­vi­du­elle Fähig­keiten bei. Jerome Boateng nahm er sich zur Brust und brachte ihm das Spiel eines offen­siven Innen­ver­tei­di­gers bei. Noch nie zuvor habe er so viel über tak­ti­sche Details gelernt, sagte Boateng später. Wich­tigster Schütz­ling Guar­diolas wurde Philipp Lahm. Außen­ver­tei­diger, Sechser, Achter – der Kapitän durfte jede Rolle einmal spielen.

Neuer Fokus

Spä­tes­tens seit dem zweiten Jahr wurde jedoch deut­lich, dass die Pep-Bayern kein auf­ge­wärmtes Pep-Bar­ce­lona sind. Guar­diola wählte für sein zweites Album eine expe­ri­men­telle Her­an­ge­hens­weise. Schon bei Barca waren für ihn For­ma­tionen nur Tele­fon­num­mern.

Bei den Bayern warf er jeg­liche Kon­ven­tionen über Bord. Feste Start­auf­stel­lung, Posi­tionen oder For­ma­tion? Nicht mit Pep. Er rich­tete seine Mann­schaft immer am Gegner aus, stellte von Spiel zu Spiel um. Aus tak­ti­scher Sicht war es ein enorm span­nendes Pro­jekt. Selbst nachdem die Auf­stel­lung der Bayern über die Anzei­ge­tafel geflim­mert war, konnte man bis zum Anpfiff nur raten, mit wel­cher For­ma­tion sie spielen.

Die tak­ti­sche Fle­xi­bi­lität dürfte das größte Erbe von Guar­diola sein. Der Trainer bewies, dass diese Fle­xi­bi­lität auf höchstem Niveau funk­tio­niert, dass selbst gestan­dene Spieler noch neue tak­ti­sche Rollen und Kniffe ver­in­ner­li­chen können.

Der deut­sche Guar­diola

Wer nur ein Stamm­system hat, hat gegen Guar­diola keine Chance. Er seziert das geg­ne­ri­sche System, passt sein eigenes daran an und hat dann den ent­schei­denden Vor­teil. Das haben auch Guar­diola-Anhänger wie Thomas Tuchel und Julian Nagels­mann ver­in­ner­licht. Sie denken nicht mehr in For­ma­tionen, son­dern in Struk­turen – und agieren fle­xi­bler als die alten Hasen des Geschäfts.

Das dritte Guar­diola-Jahr bei den Bayern ragt aus tak­ti­scher Sicht heraus. Es war die Deutsch­wer­dung Guar­diolas. Wer sich erhofft hatte, Guar­diola würde seinen tiki-taka-Flach­pass-Stil nach Mün­chen bringen, dürfte spä­tes­tens jetzt ent­täuscht worden sein. Flü­gel­an­griffe, Flanken, Gegen­pres­sing – das war der Drei­klang von Peps Bayern in dieser Saison.