Ord­nung muss sein, auch im Urlaub. Seit einer Woche ist Fried­helm Funkel in diesem Fünf-Sterne-Hotel im Nord­osten Mal­lorcas. Einmal im Jahr trifft er sich mit alten Freunden zum Jung­sur­laub. Fünf Herren in den besten Jahren, auch sein Bruder Wolf­gang ist dabei. Doch auch ein Par­ty­ur­laub braucht Struktur. Mor­gens um zehn trifft sich also die Her­ren­runde zum Früh­stück, danach werden die Zei­tungen durch­forstet, nach­mit­tags ver­aus­gabt man sich auf dem Ten­nis­platz, und nach dem Dinner schlen­dert die Runde mit lässig über die Schul­tern gewor­fenen Som­mer­pull­overn hin­unter auf die Amü­sier­meile und trinkt Bier.

Kein Tag ohne Wett­kampf

So weit ist es heute aber noch nicht. Soeben hat Funkel das vor­mit­täg­liche Bad im schi­cken Hotel­pool beendet und setzt sich in Shorts an einen Café­tisch. Für 13 Uhr ist die täg­liche Skat­runde anbe­raumt. Fried­helm gibt, Wolf­gang Funkel ver­dreht beim Abheben die Augen. Das Rhei­ni­sche blüht und ist so breit wie die Hut­krempe eines Fun­ken­ma­rie­chens. Nach den Spielen klat­schen sich die Männer laut­stark ab. So stellen sich Roman­tiker Gesel­lig­keit unter Fuß­ball­profis vor.
Im Leben von Fried­helm Funkel ver­geht kein Tag ohne Wett­kampf. Auch in diesen Wochen nicht, in denen er nach 21 Jahren als Bun­des­li­ga­coach zum ersten Mal län­gere Zeit ohne kon­krete Per­spek­tive ist. Nach acht Trai­ner­sta­tionen im deut­schen Pro­fi­fuß­ball, nach ins­ge­samt 1127 Spielen als Spieler und Übungs­leiter in der ersten und zweiten Liga, hat er nun schon seit Monaten Frei­zeit.* Eine harte Zäsur nach mehr als zwei Dekaden im Dau­er­stress. 21 Kader, mehr als 500 Spieler hat er betreut. Er atmet aus jeder Pore Bun­des­liga. Und doch steht er nicht mal ansatz­weise für die gla­mou­röse Fuß­ball­show, die man aus den stak­ka­to­haften Digital-TV-Trai­lern kennt. Er wirkt eher wie ein Relikt der ana­logen Ära, als Trainer in Bal­lon­seide end­lose Stunden auf dem Platz ver­brachten und in Inter­views nur kan­tige Aus­sa­ge­sätze bellten, anstatt medi­en­kom­pa­tibel zu par­lieren.

Bei Spit­zen­ver­einen fällt er durchs Raster

Wäh­rend die Kol­legen aus seiner Gene­ra­tion, etwa Ottmar Hitz­feld oder Felix Magath, durch große Titel im Laufe ihrer Tätig­keit in den Rang von Edel­män­nern auf­stiegen, blieb Funkel der blasse Prag­ma­tiker, den Ver­eine heu­erten, wenn für große Lösungen kein Geld da war. Heri­bert Bruch­hagen, der ihn einst zu Ein­tracht Frank­furt holte, sagt: Fried­helm holt aus jeder Mann­schaft das Opti­male raus.“ Mit anderen Worten: Wer Funkel holt, kriegt ein opti­males Preis-Leis­tungs-Ver­hältnis. Er weiß selbst, dass er der Mann für die Kon­so­li­die­rung ist, nicht der Fuß­ball­lehrer, dem die Ver­eine große Titel zutrauen. Nach fast 40 Jahren im Bun­des­li­ga­mi­lieu kennt er prak­tisch jeden Prot­ago­nisten – und jeder, der in einem Pro­fi­klub etwas zu sagen hat, kennt ihn. Ein Fluch und Segen zugleich. Einer­seits hat er sich nie ernst­haft Sorgen um ein neues Enga­ge­ment machen müssen, ande­rer­seits fällt er bei Spit­zen­ver­einen kate­go­risch durchs Raster. Seine Ent­schul­di­gung: Ich erzähle Vor­ständen immer die Wahr­heit über ihren Klub – nicht das, was sie hören wollen.“ Sein Allein­stel­lungs­merkmal ist, dass er fast mathe­ma­tisch genau berechnen kann, welche Mög­lich­keiten einem Etat und einem vor­han­denen Kader inne­wohnen. Fal­sche Ver­spre­chungen macht er nicht und seine Vor­aus­sagen, was sport­liche Ziele anbe­trifft, hält er in der Regel ein. Sein Rea­lismus wird geschätzt. Doch Rea­list“ kann in einem Geschäft, das mit Träumen dealt, schnell zum Schimpf­wort werden.