Zwei Jahrzehnte lang führte Fabrizio Piscitelli die „Irriducibili“ von Lazio Rom an. Jetzt ist er tot, ermordet von einem Unbekannten. Über einen der übelsten Verbrecher der italienischen Ultraszene.
Blumen, blau-weiße Schals und Lazio-Fahnen zieren eine einfache Holzbank in Rom. Der Parco degli Acquedotti ist zum Tatort geworden. Am Mittwoch letzter Woche wurde Fabrizio Piscitelli dort durch einen Schuss in den Kopf ermordet. Am helllichten Tag.
Der 53-Jährige war seit Anfang der 2000er der inoffizielle Anführer der „Irriducibili“, der gefürchteten, gewaltbereiten Ultras von Lazio Rom. „Er war eine unglaublich respektierte, unglaublich gefeierte Person“, sagt Kai Tippmann. Der Journalist bloggt auf „altravita.com“ über italienischen Fußball und Ultras. „Wenn man eine so große Fanszene wie die von Lazio anführt, dann passiert das über Charisma. Menschen wie Piscitelli können sich gut ausdrücken, sie geben den Weg vor und die Leute folgen ihnen. Das ist eine extrem rechte Fankurve. Eine der wenigen, die offensiv auch über das Stadion hinausgehende Politik machen.“
„Der stand nicht an der Ecke und hat Marihuana vertickt“
In der Vergangenheit waren die „Irriducibili“ unter anderem durch antisemitische Banner aufgefallen. 2006 versuchten Piscitelli und andere Lazio-Ultras, den Präsidenten Claudio Lotito zu erpressen und zum Verkauf des Vereins an Strohmänner der Mafia zu zwingen, um selbst an Einfluss zu gewinnen. Und noch in diesem Jahr hingen sie am 25. April, dem Tag der Befreiung Italiens, ein Spruchband zu Ehren des „Duce“ Benito Mussolini auf. Auch der Saluto romano, der zur Zeit Mussolinis eine ähnliche Bedeutung wie der Hitlergruß hatte, ist immer wieder bei den Lazio-Anhängern zu sehen.
Wer genau hinter dem Mord an Piscitelli steckt, ist zurzeit noch unklar. Mit Fußball hat die Tat aber wahrscheinlich nichts zu tun. „Die ganze Machart, diese Hinrichtung am Tag, das deutet auf eine Abrechnung innerhalb der organisierten Kriminalität hin“, sagt Tippmann. „Piscitelli war ein knallharter Neofaschist mit Verwicklungen ins Drogenmilieu. Der hat die Sache ernsthaft betrieben, der stand nicht an der Ecke und hat Marihuana vertickt.“
Der Lazio-Ultra wurde auch „Diabolik“ genannt, nach einem Gentleman-Gangster aus einem italienischen Comic. Piscitelli machte Drogengeschäfte mit der neapolitanischen und der albanischen Mafia, den aktivsten Untergrundorganisationen in Italien. Er schmuggelte Kokain im großen Stil von Spanien nach Italien. Wegen dieser Geschäfte wurde er bereits zu mehreren Geld- und Haftstrafen verurteilt.