Unter Alexander Nouri schien Werder Bremen wieder Partys feiern zu können. Wie viel ist von der anfänglichen Euphorie geblieben?
Die Bremer Fanszene ist sich nach der anfänglichen Euphorie unschlüssig. Im äußerst ausgiebig frequentierten Bremer Fanforum „Worum“, seit jeher Pulsmesser für die Stimmung an der Weser, herrscht beim Thema Nouri vorsichtige Skepsis vor. „Mir ist Nouri schlicht zu ängstlich“, schreibt ein User mit dem für seinen Verein so passenden Namen „defensivverweigerer“, „und Angst ist in unserer Situation kein guter Ratgeber. Das kann er mir dann auch nicht vor der Kamera weg lächeln.“ Was nicht ganz passen will zu dem, was man in den ersten Wochen aus dem inneren Mannschaftszirkel erfuhr. Theodor Gebre Selassie, Stammspieler und Torschütze jenes umjubelten Siegtreffers in der Nachspielzeit gegen den VfL Wolfsburg, sagte anschließend: „Motivation ist seine Sache. Man merkt schon, wie viel Energie er hat, wenn er spricht. Das habe ich noch nie erlebt. Jeder von uns wollte nur noch rausgehen und sich den Arsch aufreißen.“ Das sah speziell im letzten Spiel gegen Freiburg schon wieder ganz anders aus. Kapitän Clemens Fritz fasste das so zusammen: „Es war eine Behäbigkeit in unserem Spiel, die ich von uns nicht kenne.“
Wie viel Qualität steckt in diesem Kader?
In der Fanszene hat man Angst, das die eigene Mannschaft den Ansprüchen in der 1. Liga nicht gewachsen ist. User „aceman“ schreibt im „Worum“: „Die ersten Spiele über war ein Effekt zu sehen, wie auch schon unter Skripnik damals. Danach fiel man wieder zurück in alte Verhaltensmuster (passiv im Zweikampf, hohe Anzahl unnötige Ballverluste im Spielaufbau). Das wiederholt sich unter jedem Trainer.“ Die Frage bleibt, ob es nun am Trainer liegt oder ob in Werders Kader einfach nicht genügend Qualität vorhanden ist, um sich in der aktuellen Saison auf lange Sicht vom so bedrohlichen Abstiegskampf abzusetzen.
Die Hoffnung bleibt auch in Bremen bis zuletzt und hat hier im hohen Norden gleich zwei Namen: Max Kruse und Claudio Pizarro. Auf das Offensiv-Duo freute sich der Anhang in alter euphorischer „Wir komm´ wieder“-Mentalität, doch Pizarro ist alt (ein Jahr älter als sein Trainer) und langsam gebrechlich. Bislang hat er aus verschiedenen Gründen noch nicht ein Spiel absolvieren können, Kruse verletzte sich bei seinem Pflichtspieldebüt im Pokalspiel gegen Lotte (1:2) am Knie und fiel seitdem aus. Beide nehmen allerdings wieder am Mannschaftstraining teil, Pizarro ließ gar verlautbaren, gegen Schalke möglicherweise sein Comeback zu feiern. Was Alexander Nouri gleich relativieren musste: „Wenn du einen Spieler hast, der so lange verletzt ist, dann bist du nicht bereit, ihn für den kurzfristigen Erfolg zu opfern.“
Kannste tanzen? Dann tanz ab
Die Personalie Pizarro steht stellvertretend für Nouris Arbeit in Bremen. Wie viel Risiko kann man gehen? Muss man gehen, um nicht dauerhaft im Abstiegsstrudel ums Überleben zu schwimmen? Zu wie viel Offensive, wie viel Defensive ist diese Mannschaft in der Lage? Was gefällt den Fans? Und wie egal muss das einem Trainer sein?
So der so: Auf Schalke erwartet die Bremer, um beim Thema zu bleiben, ein heißer Tanz. Damit kennt sich Alexander Nouri ja immerhin ganz gut aus.