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Ges­tern haben wir begonnen, euch die besten Fuß­ball­bü­cher vor­zu­stellen. »> Hier geht’s zum ersten Teil. 

Fried­rich Chris­tian Delius – Der Sonntag, an dem ich Welt­meister wurde (1994)
Dieses Fuß­ball­buch ist eigent­lich kein Fuß­ball­buch. Es ist zunächst ein Sit­ten­ge­mälde der fünf­ziger Jahre, eine Erin­ne­rung an den ersten Aus­bruch jugend­li­chen Unmuts und die Abna­be­lung von Auto­ri­täten. Schließ­lich, ja, auch eine Erzäh­lung über die 90-minü­tige Radio­re­por­tage zum WM-End­spiel 1954. Held der Erzäh­lung ist der elf­jäh­rige Sohn eines Pfar­rers, der durch die Worte Her­bert Zim­mer­manns in eine bis dahin unbe­kannte Welt vor­dringt. Das liest sich so: Mir gefiel, noch immer gebannt vom Nach­klang der drei Silben Fuß­ball­gott, dass dieser Gott sehr mensch­lich war, dass da Götter, statt blu­tend am Kreuz zu hängen, für mich im Tor standen oder Tore schossen, sich abra­ckerten im strö­menden Regen.“

John King – Der letzte Kick (1999)

In den ver­gan­genen Jahren wurden wir über­schwemmt von Hoo­ligan-Retro­spek­tiven, in denen die eins­tigen Wald- und Wiesen-Helden voller Nost­algie auf ihr Schaffen in den sieb­ziger oder acht­ziger Jahren zurück­bli­cken. Doch weil die meisten Klopper nichts erlebt haben außer den immer­glei­chen Faust­kämpfen, liest sich das ab der dritten Seite oft­mals ähn­lich span­nend wie ein Tele­fon­buch. Eigent­lich reicht es aus, Bill Buf­fords Geil auf Gewalt“ und John Kings Der letzte Kick“ (wie­der­ver­öf­fent­licht als The Foot­ball Fac­tory“) zu lesen. King beschreibt in derber Sprache und herr­lich abstrusen Wort­kas­kaden den Alltag von Tom und seiner Chelsea-Firm. Dabei ver­webt er die fik­tive Geschichte immer wieder mit sozio­lo­gi­schen Über­le­gungen zur Arbei­ter­klasse. Ins Sta­dion geht Alt­hauer King übri­gens seit Jahren nicht mehr. Alles zu brav, sagt er. Manchmal sitzt du dort neben einer Oma und einem Kind, du kannst also nicht mal mehr flu­chen. Dann wirst du näm­lich raus­ge­schmissen.“

Spezial 1 nerver walk alone

Diese Rezen­sionen erschienen erst­mals in 11FREUNDE Spe­zial – Die Geschichte der Fuß­ball­fans. Das Heft gibt es bei uns im Shop – genau wie das Abo mit allen aktu­ellen Aus­gaben.

Nick Hornby – Fever Pitch (1992)
Fever Pitch“ ver­än­derte vieles. Quasi über Nacht wurde Fuß­ball en vogue, quasi über Nacht standen Fans in Kurven und ver­suchten Tore rein­zu­rau­chen“, und quasi über Nacht trom­pe­tete jeder, der was auf sich hielt, den Namen seines Lieb­lings­klubs in die Welt. Es kam, was kommen musste: Unzäh­lige Nach­ahmer machten sich daran, ihr eigenes Kur­ven­so­zia­li­sa­ti­on­buch zu schreiben. Es miss­lang fast allen. Ver­mut­lich, weil Hornby bereits alles erzählt hatte. Fever Pitch“ ist nicht weniger als die Mutter aller Fan- Bio­gra­fien. Nie­mand beschrieb so schön wie Hornby das Irra­tio­nale des Fan­da­seins: Ich ver­liebte mich in den Fuß­ball, wie ich mich später in Frauen ver­lieben sollte: plötz­lich, uner­klär­lich, unkri­tisch und ohne einen Gedanken an den Schmerz und die Zer­ris­sen­heit zu ver­schwenden, die damit ver­bunden sein würden.“ Ein Jour­na­list soll irgend­wann mal gesagt haben: Ich kün­dige jedem, der Hornbys Bücher nicht liebt, die Freund­schaft!“ Zu Recht.

Frank Goosen – Weil Samstag ist (2008)

Einer, der zwei­fels­ohne von Hornby gelernt hat, ist Frank Goosen. Der Bochumer Autor hat eben­falls zahl­reiche Geschichten über Pop­musik und Fuß­ball geschrieben. Doch im Gegen­satz zu vielen anderen Hornby-Nach­ei­fe­rern tut er das in einem ein­präg­samen Stil und mit äußerst humor­vollem Lokal­ko­lorit. Schon nach dem ersten Kapitel von Weil Samstag ist“ wünscht man sich nichts sehn­li­cher, als selbst ein Kind des Ruhr­potts zu sein: Ich stelle mir das so vor: Men­schen, die Brief­marken sam­meln, Modell­flug­zeuge bauen oder Tur­nier­tanz betreiben, sitzen an einem ereig­nis­armen Sonn­tag­nach­mittag sin­nend auf ihrem Wohn­zim­mer­sofa und fragen sich: Wo bin ich in meinem Leben falsch abge­bogen?‘ So eine Frage stellt sich ein Fuß­ballfan über­haupt nicht. Fragen Sie bei uns in der Gegend einen Fuß­ballfan: Wieso gehst du ins Sta­dion?‘, ant­wortet der nur: Watt?‘“

Tim Parks – Eine Saison mit Verona (2003)

Parks hat eine Saison lang jedes Liga- und Pokal­spiel von Hellas Verona, aus­wärts und zu Hause, live im Sta­dion erlebt. Die Kritik nannte es damals ein Para­de­bei­spiel teil­neh­mender Beob­ach­tung eines großen Essay­isten und Schrift­stel­lers. Dabei vergaß sie jedoch, dass Parks kein Beob­achter war, son­dern vor allem: ein Fuß­ballfan. Einer, der ab 1981, als er von Eng­land nach Ita­lien zog, in der engen Hellas– Kurve stand, dort alles logi­sche Denken über Bord warf und sich immer wieder in aber­gläu­bi­sche Riten ver­irrte. Parks hat ein Buch über ein immer­wäh­rendes Wochen­ende geschrieben. Es endet mit den Worten: Nur zwei Monate, um mich aus­zu­nüch­tern. Zwei Monate bis alles wieder von vorne los­geht, dieser ganze, kranke, irre Fuß­ball­zirkus!“ Kann man unter­schreiben.