Kürzlich wurde die französische Fußballerin Kheira Hamraoui von einer Teamkollegin angegriffen. Dachten alle. Doch mittlerweile wird nicht mehr die Mitspielerin verdächtigt – sondern der ehemalige Nationalspieler Eric Abidal.
Es ist das nächste Kapitel einer schier unwirklichen Geschichte. Los ging sie so: Am 4. November soll Aminata Diallo, Mittelfeldspielerin von Paris Saint-Germain, ihre Mitspielerin Kheira Hamraoui nach einem Teamabendessen in einen Hinterhalt gelockt haben. Als sie zusammen im Auto nach Hause fuhren, stoppten maskierte Männer den Wagen und verprügelten Hamraoui mit Eisenstangen, während Diallo unversehrt blieb. Letztere wollte ihrer Mitspielerin schaden, um die eigenen Chancen auf einen Stammplatz im Mittelfeld zu verbessern, so die erste Theorie. Doch die ist nun ein Fall für den Häcksler. Denn: Die ganze Nummer wurde während der letzten Tage noch verrückter.
Nachdem Aminata Diallo in Folge der Anschuldigungen von der Polizei von Versailles in Untersuchungshaft genommen wurde, erhärtete sich der Verdacht nicht, dass sie das Gewaltvergehen initiiert haben könnte. Mittlerweile ist sie wieder auf freiem Fuß, nach 36 Stunden in Polizeigewahrsam. Ihr Anwalt Mourad Battikh schrieb in einem Statement, das auf Diallos Instagram-Seite veröffentlicht wurde, von einer „vollkommen künstlichen Andeutung einer Rivalität zwischen ihr und Kheira Hamraoui.“ Keineswegs würde diese Herleitung die Beziehung der beiden Spielerinnen wahrheitsgemäß abdecken. Die Beziehung zwischen den Spielerinnen sei eigentlich eine ganz andere. Vor dem Vorfall galten Hamraoui und Diallo noch als gute Freundinnen. In einem TV-Auftritt bezeichnete Battikh die Anschuldigungen und den Vorgang als „ehrenrührig, skandalös und inkohärent.“ Diallo hätten die letzten Tage dabei psychisch sehr belastet. Stattdessen geht die Polizei nun einer Spur nach, die nach Barcelona führt. Zu Eric Abidal.
Der langjährige Spieler des FC Barcelona war zwischen 2018 und 2020 Sportdirekter der Katalanen, Hamraoui spielte in der Zeit noch für Barcelona. Laut der Zeitung Le Monde hätten Mitspielerinnen von PSG angegeben, dass Hamraoui nach dem Angriff mit Abidal telefoniert hätte. Der Sim-Karten-Chip im Handy der Spielerin laufe außerdem auf den Namen von Eric Abidal. Dazu steht der Verdacht im Raum, dass Hamraoui und Abidal während ihrer gemeinsamen Zeit in Barcelona ein intimes Verhältnis gehabt haben könnten. So hätten Mitspielerinnen von PSG außerdem berichtet, dass die Männer, die mit Eisenstangen auf Hamraoui einschlugen, ihr vorgeworfen hätten, mit einem verheirateten Mann geschlafen zu haben.
Die zuständige Staatsanwältin Maryvonne Caillibotte sagte bereits, dass Abidal bald vernommen werde. Sie schließt auch nicht aus, weitere Personen aus dessen Umfeld und speziell dessen Ehefrau zu befragen. Dennoch sei die Spur zu Abidal nur eine von vielen, denen die Staatsanwaltschaft derzeit nachgehen würde. Abidals Anwalt Olivier Martin sagte der L’Équipe: „Wenn Eric Abidal im Rahmen der Ermittlungen vorgeladen wird, wird er alle Fragen beantworten, die ihm gestellt werden.“ Parallel dazu hat ein Untersuchungsrichter ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet. Wegen der kriminellen Vereinigung zur Vorbereitung und Durchführung einer schweren Gewalttat“. Die mögliche Strafe bei einer Schuldigsprechung: Mehr als fünf Jahre Haft.
Mittlerweile hat sich auch Kheira Hamraoui über ein von ihrem Anwalt veröffentlichtes Schreiben zu Wort gemeldet. Sie möchte während der laufenden Untersuchungen schweigen und bittet darum, dass ihr Privatleben respektiert wird. Weiter heißt es, die Angreifer, „versetzten ihr Schläge von seltener Heftigkeit, vor allem auf die unteren Gliedmaßen, was auf den unverhohlenen Wunsch schließen lässt, ihrer beruflichen Karriere zu schaden.“ Damit einhergehend hätte sie neben den physischen Schäden auch enorme psychische Schäden davongetragen. Wann Hamraoui körperlich wieder in der Lage sein wird, Fußball spielen zu können, ist derzeit völlig unklar.
Auch Aminata Diallo wird vermutlich noch Zeit brauchen, bis sie wieder am Spielbetrieb teilnehmen wird. Sie steht nicht im Aufgebot für das heutige Champions-League-Spiel bei Real Madrid. Welchen Einfluss die Geschichte auf das sportliche Abschneiden von PSG haben wird, lässt sich nur erahnen. Am Wochenende traten die Pariserinnen zum französischen Spitzenduell bei Olympique Lyon an. PSG verlor sang- und klanglos mit 1:6 und hatte zu keiner Zeit eine Kontrolle über das Spiel. Auch, weil mit Diallo und Hamraoui zwei potenzielle Stammspielerinnen fehlten.