Mit dem Klassiker Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach soll die Bundesliga an diesem Freitag (20.30 Uhr, live bei Sat1 und Dazn) in die Rückrunde starten. Deutschlands Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, 60, hat für beide Vereine gespielt. 1979 begann er bei den Gladbachern seine Karriere als Profifußballer, 1984 wechselte er für eine Ablöse von 2,4 Millionen Mark zu den Bayern.
Herr Matthäus, Ihr Wechsel von Borussia Mönchengladbach zu Bayern München hat 1984 großen Wirbel ausgelöst. Wie war das eigentlich in Ihrer Heimatstadt Herzogenaurach, als Sie von einem Puma- zu einem Adidas-Klub gewechselt sind?
Ob das in Herzogenaurach eine große Rolle gespielt hat, das weiß ich nicht mehr. Ich habe ja damals schon nicht mehr dort gelebt. Aber es stimmt schon: Bayern München und Borussia Mönchengladbach waren damals die Aushängeschilder der beiden großen deutschen Sportartikelhersteller Adidas und Puma. Beide Unternehmen sind in Herzogenaurach ansässig. Die Gründer waren Brüder, die sich später zerstritten haben. Deshalb wird man in der Stadt ganz sicher über meinen Wechsel zu den Bayern gesprochen und diskutiert haben.
Man hört und liest oft, dass Herzogenaurach durch die Konkurrenz zwischen Puma und Adidas quasi eine geteilte Stadt gewesen sei. War es wirklich so schlimm?
In den Siebzigern und Achtzigern war das schon noch eine besondere Situation, ein bisschen wie in Berlin zu Zeiten der Teilung. Nur dass es keine Mauer gab, sondern die Aurach, einen fünf Meter breiten Fluss, der mitten durch die Stadt fließt und sie in zwei Hälften teilt. Rechts war Adidas, links Puma. Aber immerhin gab es Brücken, und man durfte auch ohne Passkontrolle auf die andere Seite gehen.
„Jede Seite hatte ihre eigene Bäckerei, ihre eigene Metzgerei“
Wie war es mit persönlichen Kontakten zwischen den Bewohnern beider Seiten?
Im Nachhinein ist das auch ein bisschen aufgebauscht worden. Aber ein Puma-Mitarbeiter ist nicht zum Adidas-Metzger gegangen, das ist schon richtig. Jede Seite hatte ihre eigene Bäckerei, ihre eigene Metzgerei. Es gab auch zwei Fußballvereine. Der eine, der 1. FC Herzogenaurach, wurde von Puma unterstützt, der andere, der ASV, von Adidas. Wir sind schon so erzogen worden, dass wir die andere Seite meiden. Und wir wussten auch, wo wir als Kinder und Jugendliche hingehen sollten und wo wir nicht hindurften.
Nach Ihrem Wechsel vom Puma-Klub Borussia zum Adidas-Verein Bayern haben Sie immerhin weiter in Puma-Schuhen gespielt.
Ich glaube, ich war sogar der erste Spieler der Bundesliga, für den es eine solche Regelung gab; der erste, der in einer anderen Schuhmarke gespielt hat als der Rest seiner Mannschaft. Das war meine einzige Bedingung für den Wechsel nach München. Mir ging es nicht um Geld. Ich habe bei den Verhandlungen mit Uli Hoeneß gesagt: „Uli, hör zu: Eine Sache muss geklärt werden: Ich habe mit Puma einen Vertrag und will auch weiterhin in Puma spielen – es sei denn, Puma und Adidas einigen sich irgendwie anderweitig.“
Fotostrecke: Die besten Bilder von Lothar Matthäus
Blüht im Glanze: Am 17. November 1993 bestreitet Lothar Matthäus sein 104. Länderspiel für die deutsche Nationalmannschaft und überholt damit den bisherigen Rekordhalter Franz Beckenbauer.
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18 Jahre ist Lothar Matthäus alt, als er hochtalentiert und frisch frisiert von Heimatklub 1. FC Herzogenrauch zu Bundesligist Borussia Mönchengladbach wechselt. Süßes Lächeln, kleiner Pickel am Kinn. Die Unschuld vom Lande.
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Sonnyboy Lothar. Gleich im ersten Jahr schafft er den Sprung in die Startelf, Trainer Jupp Heynckes schenkt dem jungen Mann sein Vertrauen und der zahlt es ihm zurück. Mit Lothar zieht Gladbach ins UEFA-Cup-Finale ein, unterliegt dort aber Eintracht Frankfurt.
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Natürlich gibt’s in der eigenen Junggesellenbude erst einmal Dosenfraß.
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Liebling der Fans, vor allem der in den frühen achtziger Jahren noch spärlichen weiblichen Zuschauer.
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Stolz wie Oskar lässt Matthäus sein Nationaltrikot vom elterlichen Balkon hängen. Sein Debüt gibt er am 14. Juni 1980 in Neapel gegen Holland, Gruppenspiel der Europameisterschaft. In der 79. Minute verursacht Matthäus einen Elfmeter, aber Deutschland gewinnt mit 3:2 und später auch das Turnier. Allerdings ohne einen weiteren Einsatz von Lothar Matthäus, der dem überragenden Bernd Schuster weichen muss.
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Doch auch ohne Einsatz weiß Matthäus, die Arrivierten um sich zu scharen.
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Das Trikot der EM ist bei Mama Matthäus in besten Händen.
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Der Europameister und Jungstar als Sexsymbol. Kein Wunder, dass die Frauen bald Schlange stehen.
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Lothar und die Frauen. Ein Dauerthema, das früh beginnt. Hier sucht er mit Sylvia nach einem Bett im Kornfeld.
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Trägt seine Frau auf Händen: Lothar Matthäus.
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Hier fachsimpelt HSV-Star Felix Magath mit Gladbachs Kapitän Matthäus vor dem Bundesligaspiel am 14. April 1984, das der HSV mit 2:1 gewinnen wird.
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Wo ein Jungstar ist, da ist die Bravo nicht weit. Am 2. Mai 1985 hat Matthäus einen legendären Auftritt beim Bravo-Club Startreff. Telefon und Trikots liegen schon bereit, das Shirt ist heute verboten.
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Als die Bravo anruft, ist Matthäus längst ein Münchener: Nach der Saison 1983/84 wechselt er zum FC Bayern, die Gesten hat er da schon längst drauf. Hier ganz lässig im Auswärtsspiel bei Schalke 04.
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Vollspann immer, Hacke nimmer: Bei den Bayern wird Matthäus zum deutschen Superstar und schließt die Lücke, die nach dem Abschied von Karl-Heinz Rummenigge und Paul Breitner entstanden war. 1985, 1986 und 1987 führt Matthäus die Bayern zur Meisterschaft – auch mit solchen Gewaltschüssen.
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Meisterschaft Nummer zwei, frenetisch und halbnackt gefeiert von Matthäus (ganz links) und den Kollegen Dieter Hoeneß und Klaus Augenthaler (Hand jeweils an der Schale).
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In der Nationalmannschaft wird Matthäus unter Teamchef Franz Beckenbauer zum Stammspieler. Bei der WM 1986 in Mexiko bildet er gemeinsam mit Felix Magath das Mittelfeldgespann. Hier erkundet El Lothar die mexikanischen Sehenswürdigkeiten. Den Hut gabs gratis.
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Im WM-Finale 1986 soll Lothar Matthäus Argentiniens Superstar Diego Maradona aufhalten, aber der ist in diesem Turnier einfach nicht zu stoppen und spielt trotz der Sonderbewachung den entscheidenden Pass auf Burruchaga. Argentinien gewinnt mit 3:2 und wird Weltmeister.
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Auf Maradona trifft Matthäus in seiner Laufbahn immer wieder. Ob hier beim Vier-Länder-Turnier in Berlin…
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… oder hier in der italienischen Liga mit Inter gegen Neapel…
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… oder beim WM-Finale 1990…
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… oder bei Matthäus’ Abschiedsspiel…
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… oder bei Wetten, dass?! – Immer wieder kreuzen sich die Wege der beiden Weltklassespieler.
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Matthäus muss zwar auf dem WM-Pokal verzichten, sahnt dafür aber allerlei Fantasiepreise ab, hier eine offensichtliche Frühauflage des später verlachten „Franz-Beckenbauer-Cups“.
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Deutschland, deine Sporthelden: Hier schäkern Tennisgräfin Steffi und Fußballlothar Matthäus bei einem Spaßturnier in München anno 1986.
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Längst vergriffen sind diese Hosen, die (von links) Andreas Brehme, Lothar Matthäus und Helmut Winklhofer am 14. Februar 1988 zur Schau tragen. Bayern verpasst 1988 die Meisterschaft und muss schon bald dem hier noch rot-weiß gestreiften Duo Brehme/Matthäus Lebewohl sagen…
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… das 1988 bei Inter Mailand anheuert. Allein Matthäus kostet satte 8,4 Millionen Mark. Kurz vor diesem Schnappschuss haben die Nationalspieler Brehme und Matthäus die EM-Titel im eigenen Land verpasst. Den Titel holt der deutsche Halbfinalgegner Holland.
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Von seinem Wechsel nach Italien liest Matthäus natürlich zuerst in der Gazzetta Dello Sport.
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Fortan arbeitet Matthäus dort, wo andere Urlaub machen. Und macht Urlaub dort, wo er zuvor gearbeitet hat. Hier mit Sylvia und Drinks am Tegernsee.
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Doch die Versuchungen der Frauenwelt sind zu groß. Nach Slyvia lässt er sich von Lolita verführen.
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Was 1986 nicht sein sollte, klappt 1990. Mit einem überragenden Lothar Matthäus (hier neben den ebenfalls großartigen Andreas Brehme und Pierre Littbarski) wird Deutschland nach 1954 und 1974 Weltmeister. 1990 ist das Jahr des Matthäus: Er wird Weltfußballer und Europas Fußballer des Jahren und – natürlich – auch in Deutschland Fußballer des Jahres. 1991 kürt man ihn gar zum Weltsportler des Jahres.
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Kennt sich mit Fohlen aus: Lothar Matthäus.
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Der Tiefpunkt folgt ein Jahr später: Ein Kreuzbandriss reißt Matthäus aus allen Zukunftsplänen, Inter verlängert den Vertrag nicht mehr, der geplante Wechsel zu Juventus Turin kommt nicht zu Stande und auch die EM 1992 muss Matthäus absagen. Im gleich Jahr wechselt er schließlich für 4 Millionen Mark zurück zum FC Bayern. Aus heutiger Sicht ein sensationelles Schnäppchen. Unser Bild zeigt ihn 1993 mit der Nationalmannschaft bei seinem 100. Länderspiel.
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Lothar und Lolita auf der Suche nach dem Gipfel der Lust. Im eigenen Garten.
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Die WM 1994 gerät zur deutschen Katastrophe. Der zerstrittene Titelverteidiger fliegt schon im Viertelfinale gegen Bulgarien raus.
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Zum 34. Geburtstag gibt es eine dicke Torte. Inklusive merkwürdiger Blicke in die Zukunft: „Nach der Karriere Bundessportminister“ Nun ja, immer noch wahrscheinlicher als Greenk… ach, lassen wir das.
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Eines der bekanntesten Fotos der deutschen Fußballgeschichte: Matthäus und der Heuler gegen Andreas Möller. Die „Heulsuse Möller“ ist geboren.
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Ist schon drin: Lothat Mathhäus.
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Hund, Kind, Spielzeug, tolle Sofalandschaft, riesige Topffplanze: Schöner wohnen mit Lothar und Lolita.
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„Lothar, wenn du in diesem Verein später mal eine Funktion übernehmen willst, musst du dich zusammenreißen!“
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Pressetermine bei den Bayern sehen Ende der neunziger Jahre auch schon mal so aus: Frisches Weizen für die dürstende Kehlen. Als erster greift überraschend Mario Basler zu. Matthäus schaut aber auch recht interessiert.
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Zudem folgt Ende der Neunziger auf Lolita die Tochter des Bayern-Mannschaftsarztes, Maren Müller-Wohlfahrt. Das Pärchen MaMüWoLoMa ist geboren.
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Die größte sportliche Enttäuschung einer zu Ende gehenden Weltkarriere: 1999 wird Matthäus im Champions-League-Finale gegen Manchester United kurz vor dem Ende ausgewechselt, den Engländern gelingen noch zwei späte Tore und der sensationelle Triumph von Barcelona.
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Der Champions-League-Pott ist der einzige Pokal, der Matthäus verwehrt bleibt. Als die Bayern 2001 den FC Valencia im Finale schlagen, ist Matthäus nicht mehr dabei. Ein Jahr zuvor feiert er seinen Abschied von der großen Fußballbühne und verabschiedet sich in Richtung New York Metro Stars. Sein letztes Pflichtspiel für die Bayern gibt er am 8. März 2000 beim 4:1‑Sieg in der Champions League gegen Real Madrid.
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Der Wechsel in die USA animiert die Presse zu wilden Fotomontagen.
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Um mit den Entwicklungen des modernen Fußballs Schritt zu halten, muss er sich ganz schön strecken.
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Zum 39. Geburtstag gibt’s eine zünftige Brotzeit inmitten luftiger Höhen auf dem Dach eines Wolkenkratzers.
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In New York bleibt Matthäus nur wenige Monate, dafür wird er von einem lustigen Bodyguard namens Michael Nice begleitet. Schade, dass Michael Knight offenbar zu teuer war.
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Einen so würdigen Abschied wie bei den Bayern bekommt Matthäus als Nationalspieler nicht. Im Gegenteil: Sein letztes von insgesamt 150 Länderspielen (bis 2007 Weltrekord) absolviert er am 20. Juni 2000 im letzten EM-Vorrundenspiel gegen Portugal. Deutschland verliert mit 0:3, Matthäus wird vorgeworfen, mit seinem Wechsel in die USA die eigene Form versaut zu haben.
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Danke. Thanks. Grazie. Nach mehr als 20 Jahren beendet Lothar Matthäus 2000 seine unglaubliche Karriere. Dafür gibts eine saftige Umarmung von Uli Hoeneß.
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Es folgt der Wechsel auf die Trainerbank: Im September 2001 übernimmt er bei Rapid Wien. Ein halbes Jahr später, nach einem historisch schlechten achten Platz und dem Vorwurf vereinsschädigender Äußerungen, muss er schon wieder gehen.
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Anschließend heuert er mitten im serbischen Winter bei Partizan Belgrad an. Er führt den Klub zur Meisterschaft und in die Champions League.
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Es folgt der Posten des Nationaltrainers von Ungarn. In dieser Funktion fügt er der deutschen Nationalmannschaft im Vorfeld der EM 2004 eine empfindliche 0:2‑Niederlage bei. Ausgerechnet im Spiel zum 50. Jubiläums des Wunders von Bern.
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Hier zitiert Lothar das Matthäus-Evangelium bei seinem neuen Verein Athletico Paranaense.
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Mit dem Klub will er an die dicken Fleischtöpfe.
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Allerdings tritt er schon nach einem Monat wieder zurück. Immerhin hat er gut gegessen.
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Wenige Monate später lernt er die dunkle Seite des Fußballgeschäfts kennen und wird Co-Trainer von Giovanni Trapattoni bei Red Bull Salzbug.
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Ein weiterer Versuch: 2008 übernimmt Matthäus den israelischen Erstligisten Maccabi Netanja. Nicht einmal ein Jahr später wird der Vertrag aufgrund finanzieller Probleme des Vereins aufgelöst.
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Ein letzter Versuch: Als Nationaltrainer soll Lothar Matthäus Bulgarien zur EM führen. Am Ende der Qualifikation belegt die Mannschaft den letzten Platz, Matthäus wird entlassen.
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Seit Beginn der Bundesliga-Saison 2012/13 ist Matthäus als Experte fester Bestandteil der Berichterstattung bei Sky. Regelmäßig ist er beim Doppspiel der Woche tätig.
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Die Gespräche zwischen Puma und Hoeneß sollen ziemlich heftig gewesen sein.
Uli hat gesagt, er werde sich darum kümmern. Was er genau gemacht hat, das weiß ich nicht. Aber mir war von Anfang klar, dass Puma mich auch aufgrund der langjährigen Beziehung nicht zum größten Konkurrenten, noch dazu aus demselben Ort, ziehen lassen würde. Als feststand, dass ich zu Borussia Mönchengladbach wechseln würde, habe ich gleich einen Ausrüstervertrag bekommen – ohne dass ich ein einziges Bundesligaspiel bestritten hatte. Deshalb war in meinem Vertrag mit den Bayern eindeutig festgeschrieben: Gibt es keine Einigung zwischen Adidas und Puma, darf ich weiterhin in Puma spielen.
Woher kam Ihre enge Beziehung zu Puma?
Durch meine Familie. Mein Vater hat 40 Jahre im Unternehmen gearbeitet. Er war eigentlich gelernter Schreiner, aber als Hausmeister bei Puma so etwas wie das Mädchen für alles. Wir wohnten direkt neben dem Werksgelände. Meine Mutter war ebenfalls für Puma tätig. Sie saß zu Hause an der Steppmaschine und hat Fußballschuhe zusammengenäht. Und als Schüler habe ich in den Sommerferien natürlich bei Puma gearbeitet, habe in der Kantine ausgeholfen oder im Lager Schuhkartons sortiert. Als ich noch kleiner war, bin ich meinen Vater auch oft bei der Arbeit besuchen gegangen. Ich kannte alle, und alle kannten mich. Dadurch war ich als kleiner Lausbub fast so etwas wie das Maskottchen von Puma.