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Marc-André ter Stegen, schafft es Ihr neues Fami­li­en­mit­glied, ein kleiner Hun­de­welpe, Sie etwas von den Pro­blemen bei Borussia Mön­chen­glad­bach abzu­lenken?
Für mich ist es wichtig, dass ich zu Hause nicht nur Fuß­ball im Kopf habe. Das ist wie in jedem anderen Job. Man darf sich nicht die ganze Zeit mit dem Job beschäf­tigen, son­dern muss auch mal run­ter­kommen. Wir haben sehr viele Spiele in dieser Saison und des­halb ist es sehr wichtig, dass ich bei meiner Freundin und dem Hund mal abschalten kann.

Schalten Sie lieber dann ab, wenn es nicht läuft mit der Borussia – wie im Moment?
Nein, das hat nichts mit Erfolg oder Krise zu tun. Die Zeit zum Rege­ne­rieren nimmt man sich so oder so. Das ist im Fuß­ball so, genau wie im pri­vaten Leben. Letzt­lich müssen wir aber zu dem zurück­finden, was uns in der ver­gan­genen Saison stark gemacht hat.

Davon ist nach zwei hohen Aus­wärts­pleiten in Dort­mund und Bremen momentan nichts zu sehen. Sie haben gesagt, es sei demü­ti­gend“ gewesen – müsst Ihr noch einem Fabel­jahr mit Platz 4 Demut erst wieder lernen?
Uns fehlt im Moment, dass wir alles inves­tieren. Das ist vor allem in der Defen­sive sehr wichtig. Demut und Demü­ti­gung lese ich immer wieder in der Presse. Aber man kann immer viel sagen oder reden. Wichtig ist, dass wir das auf dem Platz umsetzen, was wir uns vor­ge­nommen haben. Das erfor­dert einen enormen Willen. Ich bin opti­mis­tisch, dass wir das noch hin­be­kommen, denn wir haben die fuß­bal­le­ri­sche Qua­lität; der Wille ist das letzte Quänt­chen, das dazu gehört.

Apropos fuß­bal­le­ri­sche Qua­lität“: Es wurde lange – bis heute eigent­lich – über die Spieler gespro­chen, die nicht mehr da sind. Sind Marco Reus, Dante und Roman Neu­städter eine Art Alibi für Glad­bach?
Wir haben ja früh­zeitig gewusst, dass uns diese Spieler ver­lassen. Natür­lich fällt uns das immer noch schwer, weil wir sehr an diesen Spie­lern gehangen haben. Sie waren für uns auf und neben dem Platz große Per­sön­lich­keiten. Aber das müssen wir hinter uns lassen und dürfen das nicht als Aus­rede nutzen. Die Gegen­wart ist hart genug und sieht anders aus. Darauf müssen wir uns kon­zen­trieren. Mit den neuen Spie­lern haben wir eine große Qua­lität in der Mann­schaft. Die müssen wir nur end­lich auf dem Platz umsetzen.

Wie sehr nervt es Sie, vom Tor­wart mit der weißen Weste“ (In 34 Par­tien nur 24 Tore in der ver­gan­genen Saison, d. Red.) zur Schieß­bude der Liga zu werden?
Ich suche mir das nicht aus, dass ich die Bälle immer aus dem Netz holen muss. Die letzten beiden Aus­wärts­spiele haben wir wirk­lich auf die Mütze bekommen, das muss man auch deut­lich so sagen, und das ist ein Warn­schuss für uns alle. Wir müssen uns auf das fokus­sieren und kon­zen­trieren, was wichtig ist: die Defen­sive. Wir haben in dieser Saison bis­lang viel zu viel zuge­lassen und das müssen wir abstellen.

Als Lucien Favre zur Borussia kam, hatte die Arbeit an der Kom­pakt­heit Prio­rität. Wie ver­lernt man das als Team mit dem ähn­li­chen Spie­ler­ma­te­rial binnen zwölf Monaten?
Auf dem Platz gehören elf Spieler dazu, die Defen­sive kom­pakt zu machen. Es reicht im Moment, wenn einer den Weg nicht mit nach hinten geht. Wir müssen ein­fach diese Wege machen, auch wenn es wehtut. Der Trainer hat es damals gesagt: Das ist unsere Lebens­ver­si­che­rung“ – genau wie die Bun­des­liga. Die Defen­sive ist ein großer Punkt, an dem wir arbeiten müssen.

Lass Sie sich von den vielen Gegen­toren ver­un­si­chern?
Ich muss in jeder Situa­tion wach sein und man muss eine gewisse Anspan­nung haben. Die vielen Gegen­tore bringen mich natür­lich zum Nach­denken und Zwei­feln. Aber eigent­lich haben wir keinen Grund zum Zwei­feln. Wir haben Grund zum Nach­denken. Und das Ergebnis ist ein­fach: Wir müssen Wege machen, die wehtun. Ganz ein­fach. Das ist Fuß­ball.

So ein­fach klingt es nicht, wenn ihr Mit­spieler Thorben Marx von Panik“ nach Ecken und Stan­dards spricht. Können Sie das nach­voll­ziehen?
Bei mir ist das nicht der Fall. Die Situa­tion ist hart und bedroh­lich, das ist richtig. Wir haben zwei rich­tige Klat­schen bekommen, blöd gegen Fener­bahce ver­loren und wir haben gehofft, dass der Sieg gegen Frank­furt uns Auf­schwung und Selbst­ver­trauen gibt. In der jet­zigen Situa­tion geht es nicht um ein­zelne Spieler, es geht vor allem um die Mann­schaft. Das müssen wir begreifen, denn das ist wichtig, um eine Grund­lage zu schaffen.

Das Kol­lektiv ist Glad­bachs Lösung?
Absolut. Man hat Erfolg zusammen und man durch­läuft schwie­rige Zeiten zusammen. In der ver­gan­genen Saison war sich keiner zu wichtig, um extra Wege zu gehen. Kein Reus, kein Dante. Wir haben es her­vor­ra­gend hin­be­kommen, die Defen­sive zu sta­bi­li­sieren. Jetzt ist es so, dass manchmal nicht alle Spieler diese wich­tigen Wege gehen.
Diese Spieler haben Sie sich schon zwei, drei Mal in der Saison geschnappt und zurecht gewiesen.
Wenn man Leute nicht alar­miert, dann ändert sich viel­leicht gar nichts. Man muss mit­ein­ander reden, wenn Fehler pas­sieren und wenn diese drei Mal pas­sieren, dann muss man eben deut­li­cher werden. Wir spre­chen in der Mann­schaft und das ist enorm wichtig. Ich meine das nie böse. Das wissen vor allem die, die mich schon länger kennen. Man muss sich nur nachher in der Kabine wieder die Hand geben können, das ist wichtig. Ich ver­lange übri­gens auch von meinen Mit­spie­lern, dass sie dazwi­schen­hauen, wenn ich Fehler mache. Wir hatten ver­gan­genes Jahr auch schlech­tere Phasen, es ist ja nicht so, dass die Saison am Schnür­chen ver­lief. Aber wenn es schlecht läuft, inter­pre­tiert man diese Rei­be­reien in der Presse natür­lich etwas anders.

Wie viel Psy­cho­loge steckt in Borus­sias Trainer Lucien Favre?
Sehr viel. Er zeigt uns ganz klar die Fakten auf und bringt uns damit auf den Stand der Dinge. Es ist wichtig, dass in guten Zeiten keine unrea­lis­ti­schen Erwar­tungen geweckt werden und genau so wichtig, dass in schlechten Zeiten kein Hara­kiri erfolgt.

Wird der Lohn des ver­gan­genen Jahres, der Euro­pa­pokal, viel­leicht zur Last, weil Sie weniger trai­nieren können. Fehler abzu­stellen, müssen Sie in Pflicht­spielen trai­nieren.
Auf der einen Seite sind viele Spiele gut und machen den Kopf frei. Aber natür­lich gibt es auch die nega­tiven Seiten eines sol­chen Ter­min­plans. Dazu gehört sicher­lich, dass wir weniger trai­nieren und auf­ar­beiten können. Aber durch Spiel­praxis lernt man umso besser. Wir wissen ja, was wir falsch machen. Es ist zwar nicht ein­fach, das direkt abzu­stellen, wir müssen es nur kon­ti­nu­ier­lich angehen.

In der Natio­nalelf gibt es die Füh­rungs­spieler-Debatte. Gibt es bei Borussia Mön­chen­glad­bach eine klare Hier­ar­chie?
Wir haben mit Martin Stranzl, Filip Daems und Juan Arango her­vor­ra­gende Leader und Füh­rungs­spieler. Das wird man nicht durch Reden und Inter­views, son­dern auf und neben dem Platz und in der Kabine. Das muss man nicht sagen, son­dern leben und aus­füllen. Diese Per­sonen haben wir. Aber keiner stellt sich bei uns im Team vor die anderen uns sagt: Ich bin der Größte‘. Wir haben eine gute Mischung. Die einen spre­chen Dinge an, ohne ihre Leis­tung auf dem Platz zu ver­nach­läs­sigen und die anderen reden nicht viel, führen die Mann­schaft aber auf dem Platz.

Zeigt die Borussia in dieser Saison ihr wahres Gesicht? Einige spre­chen über das Erfolgs­jahr als Aus­rut­scher nach oben“.
Wir haben letztes Jahr eine her­vor­ra­gende Saison gespielt und uns das Glück erar­beitet. Wir wollten in jedem Spiel auf die drei Punkte gehen und waren so erfolg­reich. Wir ver­su­chen das in dieser Spiel­zeit natür­lich auch, aber wir bewahren selten die Ruhe, wenn wir hinten liegen. Wir ver­su­chen, den Rück­stand direkt auf­zu­holen und zu kom­pen­sieren und ver­lieren dann die Kom­pakt­heit. In der Ruhe liegt die Kraft und wir müssen uns nach Gegen­toren in Ruhe wieder auf­rap­peln und wieder sicher stehen. Dass mit dem Aus­rut­scher sehe ich ein biss­chen anders. Aber jeder darf seine Mei­nung haben und sie ver­treten. Meine Mei­nung ist das nicht.

Werden die Fans am Nie­der­rhein langsam unge­duldig?
Natür­lich sind dadurch die Erwar­tungen bei den Fans gestiegen. Wir alle wollen erfolg­reich sein und her­vor­ra­genden Fuß­ball spielen und sehen. Ich bin auch Fan, wenn ich auf dem Platz stehe. Wir müssen alle zusam­men­stehen und keiner sollte ver­blendet sein.

Kommen die Pfiffe, weil die Fans ver­blendet sind?
Wenn man 0:5 in Dort­mund und 0:4 in Bremen unter­geht, dürfen die Fans auch pfeifen. Wir haben zwei­fels­ohne her­vor­ra­gende Fans, die die Lage richtig ein­schätzen und uns in knappen Spielen immer unter­stützen. Gerade jetzt, in dieser schweren Phase, brau­chen wir unsere Fans.

Einige Fans befürchten, Sie könnten den Verein am Sai­son­ende ver­lassen. In den Medien wurde der FC Bar­ce­lona kol­por­tiert .
Für mich ist es wichtig, dass wir aus dieser Situa­tion zusammen raus­kommen und end­lich wieder Spiele gewinnen. Das hat für mich oberste Prio­rität. Alles, was am Ende der Saison pas­siert und alles, was geschrieben wird, sollte man erst mal außen vor lassen. Ich kann nicht alles kom­men­tieren, was in den Medien steht und manchmal sollte man Dinge auch nicht kom­men­tieren, weil sie ein­fach Unsinn sind. Ich habe einen Ver­trag bis 2015 und bin glück­lich in meiner Geburts­stadt.