Den Krebs besiegt und doch ein Verlierer. Sein alter Verein soll Jonás Gutiérrez in seiner schwierigsten Lebensphase hängen gelassen haben. Dies kostete seiner Mutter fast das Leben.
Zurück in England erfuhr Gutiérrez, dass der Verein nicht mehr mit ihm plane: „Ich war geschockt von der Entscheidung des Vereins und hatte das Gefühl, dass der Verein Angst hatte, ich könne mein maximales Niveau nicht mehr erreichen“, sagt Gutiérrez über die Geschehnisse aus dem Dezember 2013.
Einen Monat später wurde der Geschasste nach Norwich ausgeliehen. Nach einem eher enttäuschend verlaufenden halben Jahr kehrte Gutiérrez im Sommer motiviert nach Newcastle zurück. Doch mit ihm leider auch der Krebs.
Ein Déjà-vu der negativen Art
Während der Sommerpause 2014 fühlte er anhaltende Schmerzen in seiner Leber. Spätestens als seine Lymphknoten anschwollen, wusste er Bescheid: Der Tumor war zurück. Gutiérrez entschied sich für eine Chemotherapie in Argentinien und konnte den Krebs nach harten Wochen ein zweites Mal besiegen.
Er kehrte erneut nach Newcastle zurück, wo er noch einen Vertrag bis 2015 besaß. Doch es war das gleiche Spiel wie ein Jahr zuvor: Gutiérrez wurde ein weiteres Mal fallengelassen. Zwar machte der Argentinier nach seiner Chemotherapie noch einige Spiele für Newcastle, doch die Kluft, die sich zwischen ihm und dem Verein in der Vergangenheit aufgebaut hatte, war zu groß.
Das endgültige Aus soll Gutiérrez per SMS mitgeteilt worden sein. Ein pikantes Detail: In seinem Vertrag war festgelegt worden, dass sich der Vertrag automatisch um ein Jahr verlängert hätte, wenn er auf insgesamt 80 Startelf-Einsätze gekommen wäre. Am Ende fehlten genau zwei Spiele – Gutiérrez kam auf 78 Einsätze. Ob der Trainer ihn vorsätzlich nicht aufstellte, müssen die Richter entscheiden.
Aussage gegen Aussage
Seinen Gang vor Gericht begründet Gutiérrez darin, die Diskriminierung von behinderten Menschen durch Arbeitgeber stoppen zu wollen. „Ich bin nicht wegen des Geldes vor Gericht, sondern um ein Zeichen für Menschen zu setzen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden.“
Am Dienstag kam es nun zum ersten Aufeinandertreffen. Gutiérrez, der von seiner Mutter und seinem Anwalt begleitet wurde, erzählte dem Gericht seine Geschichte. Als der Argentinier von Newcastle-Anwalt Sean Jones mit dem Vorwurf konfrontiert wird, ihm ginge es nur ums Geld, bricht er in Tränen aus und verlässt den Saal.
Es steht, wie vor Gericht so häufig, Aussage gegen Aussage. Auf der einen Seite der vom Schicksal getroffene Gutiérrez. Auf der anderen Seite ein Klub, der sein Image wahren will.
Die Beziehung zwischen einem einst harmonierendem Paar ist nicht mehr zu retten, die Brisanz des Prozesses enorm. Vor dem Urteilsspruch scheint eine Sache aber längst geklärt: Es geht in diesem Duell nicht darum, wer gewinnen wird, sondern vielmehr darum, wer ein zweites Mal verlieren wird.