Holger Badstuber hat keine Zukunft mehr beim FC Bayern. Wie der Klub das überraschende Aus kommuniziert, ist eine menschliche Katastrophe. Und zeigt, was beim FCB schief läuft.
Als Holger Badstuber sein erstes Bundesligaspiel bestritt, war die Liga eine andere. Neben dem damals 20-Jährigen liefen Daniel Pranjic und Alexander Baumjohann auf, Edson Braafheid wurden eingewechselt. Der FCB mühte sich zu einem 1:1 gegen Hoffenheim, am Ende der Saison wurden die Bayern Meister, ärgster Verfolger war der FC Schalke.
Das alles ist erst acht Jahre her, aber in diesen acht Jahren hat sich viel getan. Die Steueraffäre um Hoeneß, das Triple, die Ära der Unbesiegbarkeit unter Pep, Trainingslager in Katar und Grußbotschaften via Instagram zum Chinesischen Neujahr: Der Fußball allgemein und die Bayern im Speziellen sind zur Maschine geworden. Ein Edson Braafheid würde heute den Ansprüchen nicht mehr genügen.
Ein Holger Badstuber anscheinend auch nicht.
Kaum ein Spieler im Deutschen Fußball hat derart viel Verletzungspech gehabt wie Holger Badstuber, und bei kaum einem Spieler gab es eine derartige Anteilnahme. Egal ob Bayern-Fan oder nicht: Bei jedem weiteren Rückschlag Badstubers zuckte man unweigerlich zusammen. Bitte nicht schon wieder. Das gibt es doch nicht.
Diese Anteilnahme lag zu gleichen Teilen an der nachgewiesenen Weltklasse Badstubers als auch daran, dass er als feiner, bescheidener Kerl gilt. Insbesondere für die Bayern-Fans war Badstuber auch emotional wichtig: Das Sorgenkind, das aus dem eigenen Nest gefallen war und einfach nicht auf die Beine kam. Umso erstaunlicher ist daher der aktuelle Umgang des FCB mit der Causa Badstuber.
Die „Klarstellung“ des FCB ist ein Armutszeugnis.
Nach einer Saison, die Badstuber leihweise auf Schalke verbrachte, hätte er nun zunächst zu den Bayern zurückkehren sollen. Die sportliche Sinnhaftigkeit dessen sei mal dahingestellt, schließlich hat Badstuber auf Schalke nicht eben zu alter Stärke zurückgefunden. Ein erneuter, vielleicht endgültiger Transfer wäre, so schmerzhaft es ist, für alle Seiten wohl das Beste. Aber einen Spieler, der seit 15 Jahren im Verein aktiv ist, per sechszeiliger „Klarstellung“ auf der Homepage „alles Gute“ zu wünschen, ist ein Armutszeugnis.
Denn bei allen Titeln, allem Dusel, aller erdrückenden Dominanz war der FC Bayern immer auch familiär, er war immer: menschlich. Das Besondere des Klubs speiste sich daraus, dass stets der Spagat zwischen Weltklub und Großfamilie gelang. Spieler wie Badstuber, Müller und Schweinsteiger sind die Beckenbauers, Müllers und Maiers von heute, die Seele des Klubs. Das heißt nicht, dass man einen Spieler, der nicht mehr gut genug ist, unbedingt halten muss. Aber man muss die Größe und auch das Fingerspitzengefühl haben, einen wie Badstuber, von dem es Fotos als Kleinkind im Bayern-Trikot gibt, standesgemäß zu verabschieden. Das wäre wichtig für Badstuber und fast noch wichtiger für die Fans, die sich bei all den Weltklub-Internationalisierungs-Verrenkungen des FCB emotional von ihrem Verein zu entfernen drohen.
Ein Abschied mit Kälte und Reserviertheit
Mal ganz abgesehen davon, dass auch die Formalitäten der Leihe mindestens unklar sind, da die DFL-Statuten besagen, dass ein verliehener Spieler noch mindestens ein Jahr Vertrag bei seinem Stammverein haben muss. Der FCB spricht in der Klarstellung vom Vertragsende 2017. Ist das nun ein Regelverstoß? Wird es eine Strafe geben? Oder wurde der Vertrag einfach in beidseitigem Einnvernehmen aufgelöst?
Holger Badstuber kann man derweil nur wünschen, dass er einen guten Verein findet, gesund bleibt und noch ein paar Jahre Fußball spielt. Und vielleicht, dass die Bayern zur Erkenntnis kommen, dass man sich von einem wie Badstuber anständig verabschiedet, ohne Kälte und Reserviertheit, sondern mit Wärme und Dankbarkeit. Eine kurze Pressemitteilung hat es vielleicht bei Edson Braafheid getan. Bei Holger Badstuber sicher nicht.