Kamaljit Singh ist Deutsch-Inder mit punjabischen Wurzeln – und seit zwei Wochen amtierender Conifa-WM-Torschützenkönig. Wir sprachen mit ihm über das Turnier der Nicht-FIFA-Mitglieder.
Punjab wurde Fünfter bei der WM. Sie mit sieben Toren sogar Torschützenkönig. Sind Sie zufrieden?
Natürlich! Als ich mein erstes Tor schoss gegen Kabylei, einer Region aus Algerien, sprinteten alle meine Mitspieler zu mir. Es war ein tolles Tor, mit der Brust angenommen und volley aufs Tor, alle freuten sich mit mir. Dabei stand es schon 6:0. Das war so schön, da habe ich gleich nochmal getroffen. Ernsthaft, die Conifa-WM war das Beste, was ich je in meinem Fußballerleben erlebt habe. Ich bin sehr stolz über die Auszeichnung, auch wenn wir mit unserem Land leider nicht ganz unser Ziel erreichten.
Warum?
2016, bei der letzten WM in Russland, scheiterten wir erst im Finale. Bis zur 80. Minute hatten wir 1:0 geführt, dann fingen wir uns den Ausgleich und verloren im Elfmeterschießen. Ich kenne die Geschichten nur, weil sie mir meine Teamkollegen erzählten. Aber in zwei Jahren will ich es unbedingt nochmal probieren.
Sie schieden in diesem Jahr im Viertelfinale gegen Padanien aus.
Das war wirklich bitter, Kleinigkeiten haben entschieden. Die Italiener hatten fast ausschließlich Spieler aus der dritten und vierten Liga dabei. Eine erfahrene Mannschaft.
Padanien ist ein Begriff, der von der rechtsextremen Partei „Lega Nord“ für die Regionen Nord- und Mittelitaliens verwendet wird. Sie wollen sich von Italien und der Eurozone abspalten.
Ja, ich weiß. Und ich verstehe die Kritik derer, die an den Teilnehmern der Conifa-WM ihre Zweifel haben. Jedes Land hat seine Geschichte, seine Grabenkämpfe. Aber auf dem Platz hatten wir keine Probleme miteinander, keine rassistischen Vorfälle wie man vielleicht glauben könnte. Das Turnier war von Liebe und Respekt geprägt. Und der Verband, unser Trainer Reuben Hazell und das Betreuerteam taten sowieso alles für uns.
Und neben dem Platz?
Wurde es noch viel besser. Die Volksgruppen haben teilweise ihre traditionellen Tänze aufgeführt. Wir lebten alle zusammen in einer Appartementanlage in London-Colindale. Ich glaube, so fühlt es sich an, im olympischen Dorf zu leben.
Sie sind der beste Torjäger Punjabs. Dürften Sie eigentlich auch für die indische Nationalmannschaft spielen?
Ja, theoretisch wäre das schon möglich. Aber in Indien ist die Zusammenstellung der Mannschaft von Ethnien bestimmt. Es spielen vor allem Spieler mit nepalesischem Hintergrund. Wir, die Sikhs, kommen nur selten zum Zug.
Haben sich mit dem Titel trotzdem Türen geöffnet?
Bisher noch nicht. Und um ehrlich zu sein, bin ich hier ja auch glücklich.
Aber wenn doch ein Anruf aus England käme…
… dann würde ich schon ins Grübeln kommen. England, meine Güte, das ist ein Fußball-Traum. Ganz egal in welcher Liga, die Menschen leben dort für diesen Sport. Das wäre ein Abenteuer.