DFB und DFL streiten darüber, wer neuer DFB-Präsident werden soll. Klingt todlangweilig, ist es aber nicht.
Manchmal muss man Hans-Joachim Watzke schon dafür dankbar sein, dass er leise nicht so richtig gut kann. So hat er den Kollegen vom „Kicker“ gestern mitgeteilt, dass die deutschen Profiklubs sich als Opfer eines „unfreundlichen Akts“ und dabei „brüskiert“ fühlen. Es seien sogar gute Lösungen „zerschossen“ worden. Man fragt sich: Holla, die Waldfee, was ist denn da los?
Wie geht es mit dem deutschen Fußball weiter?
Es geht um die Frage, ob ein 54-jähriger CDU-Hinterbänkler namens Reinhard Grindel Nachfolger von Wolfgang Niersbach als DFB-Präsident wird. Die meisten Fußballfans wird sie ungefähr so erregen wie ein 0:0 in Sandhausen, aber öde ist die Angelegenheit beileibe nicht. Es geht nämlich um Macht, vielleicht auch um Geld und sicherlich darum, wie es im Fußball weitergeht.
Darum gerungen wird zwischen dem Deutschen Fußball-Bund, wo jeder organisiert ist, der in Deutschland im Verein Fußball spielt, und der Deutschen Fußball Liga. Die DFL ist die Gemeinschaft der 36 Profiklubs. Historisch gesehen sind Ligaorganisationen wie die DFL typische Geschöpfe des modernen Fußballs. Die Liga Nacional de Fútbol Profesional in Spanien etwa wurde 1984 gegründet, die englische Premier League 1992 und die DFL im Jahr 2000. Gemeinsam ist ihnen, dass sie neben den traditionellen Fußballverbänden entstanden, um für die Profiklubs die Einnahmen zu vergrößern. Zumeist bei den Fernsehrechten.
„Sie denken nur ans Geld“
Verbunden sind die Fußballverbände und die der Ligen auf komplizierte Weise. Und nicht überall funktioniert das. Der ehemalige englische Nationalverteidiger Rio Ferdinand, heute ein angesehener TV-Experte, etwa stellte letztes Jahr fest: „Premier League und englischer Fußballverband sind inzwischen völlig voneinander losgelöst.“ Die großen Klubs hätten kaum Interesse an der Nationalmannschaft, die genau deshalb sportlich hinterherhinken würde. „Es interessiert sie nur, was für sie gut ist und sie denken hauptsächlich ans Geld.“
In Deutschland ist das Verhältnis zwischen Profiklubs und DFB bislang nicht annähernd so schlecht wie in England. Die DFB ist in der DFL vertreten und umgekehrt, der Umgang war konstruktiv und weitgehend freundlich. Doch das könnte sich gerade ändern.
Grindel vs. Profiklubs
Zweifellos hat der DFB in der Affäre um die WM-Vergabe ein ziemlich trauriges Bild abgegeben. Nun läuft die Aufarbeitung und um sich nicht wochenlangen Personaldiskussionen auszusetzen, haben sich die Vertreter der DFB-Landesverbände einstimmig auf besagten Reinhard Grindel geeinigt. Genau das aber hat angeblich, wenn man Watzke glauben will, die Profiklubs aufgebracht. So richtig gefragt worden sind sie nämlich nicht, und nun können sie es auch nicht mehr richtig korrigieren.
Die DFL hätte die Personalie in einer Zeit, wo der sonst strahlende und vor Kraft protzende DFB etwas angeschlagen ist, gerne etwas länger offengehalten. Um dadurch vielleicht einen Mann platzieren zu können, der im DFB noch stärker die Interessen der Profiklubs durchsetzt. Vielleicht auch die finanziellen, schließlich ist der DFB steinreich, auch durch die Einnahmen der Nationalmannschaft, deren Spieler natürlich von den Profiklubs kommen. Weshalb Watzke noch einmal daran erinnerte, das „am Ende des Tages die Musik letztendlich in der Bundesliga spielt“. Und das war nicht einmal ein Witz des CDU-Mitglieds Watzke auf Kosten des Musikgeschmacks seines Parteigenossen Grindel.
„Zweifel an seiner fachlichen Kompetenz“
Die Chefs der DFB-Landesverbände wollten diesen Durchgriff der Profis unterbinden. Das war politisch gesehen nicht ungeschickt, allerdings wird sich noch zeigen müssen, ob sie mit der Wahl ihres Kandidaten glücklich werden. Im Juli 2013 beschwerten sich 39 Unterzeichner eines offenen Briefs an den DFB über einen Beitrag von Grindel in einer Bundestagsdebatte über Staatsbürgerschaft. Seine „Ausführungen glichen Stammtischparolen“ und seien „vorurteilsbeladen“ heißt es darin, so dass sich „Zweifel an seiner fachlichen Kompetenz und Sensibilität für das Thema Integration geradezu aufdrängen“. Seither hat sich Grindel zu diesen Fragen deutlich zurückgehalten, aber ob er mit dem richtigen moralischen Kompass ausgestattet ist, um den gesellschaftspolitisch wichtigen DFB zu navigieren, wird sich erst zeigen müssen. Und vielleicht wird die DFL an den Zweifeln daran noch was machen können.