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Seite 2: Im Endeffekt bleibt Langeweile

Wie die Ansprüche des FC Bayern hat sich auch das Fan­sein wei­ter­ent­wi­ckelt. Das ein­zige, was mich noch richtig packt, sind die großen Spiele. Also alles ab Ach­tel­fi­nale Cham­pions League und (in der Theorie) Vier­tel­fi­nale DFB-Pokal. In diesen Momenten bin ich wieder kind­li­cher Fan, bin den ganzen Tag auf­ge­regt und ziehe mir ab 19 Uhr die Vor­be­richt­erstat­tung ein. Das 0:5 im Pokal in Mön­chen­glad­bach und das Aus­scheiden gegen Vill­areal habe ich im Sta­dion mit­er­lebt und habe mich maßlos geär­gert, die nächsten zwei Tage waren für mich im Eimer. Ich weiß nicht, wann es mir bei einem Bun­des­liga-Spiel das letzte Mal ähn­lich ging. Selbst die über­ra­schenden Nie­der­lagen gegen Bochum und Augs­burg nahm ich mit einer Reak­tion der Kate­gorie Egal“ bis Total egal“ zur Kenntnis. So wenig wie ich in diesen Spielen Trauer emp­finde, so wenig Freude emp­fand ich am Samstag, als die Mann­schaft die Meis­ter­schaft ein­ge­tütet hat.

Ich gebe zu: Das Spiel gegen Borussia Dort­mund hatte mich gekriegt. Ich ver­spürte so etwas wie Ner­vo­sität und freu­diger Erre­gung ob des Ereig­nisses. Bei den Toren legte ich einen Jubel­lauf a la Jürgen Klopp durch mein Wohn­zimmer hin, bei der strit­tigen Elf­me­ter­si­tua­tion argu­men­tierte ich mich in WhatsApp-Gruppen durch die pure Bayern-Brille um Kopf und Kragen und manch einer meiner Nach­barn wird viel­leicht gehört haben, wie ich mit voller Laut­stärke ein höh­ni­sches Wer wird Deut­scher Meister? BVB Borussia!“ syn­chron zu den Fans im Sta­dion grölte. Kurzum: Ich hatte einen echten Fan-Moment. Aller­dings lag das mehr daran, dass der Gegner Borussia Dort­mund hieß und mein FCB nach der Vill­areal-Schmach (ja, Bayern-Fans defi­nieren ein Vier­tel­final-Aus gegen den letzt­jäh­rigen Europa-League-Sieger als Schmach) defi­nitiv etwas gut­zu­ma­chen hatte. Dass durch einen Sieg auch gleich­zeitig die Meis­ter­schaft klar­ge­macht werden konnte, war für mich bes­ten­falls eine posi­tive Rand­notiz.

Wer wird Deut­scher Meister? BVB Borussia!

Auch wenn das höh­ni­sche BVB-Meister-Lied tat­säch­lich zu meinen liebsten Fan­ge­sängen zählt, viel­leicht muss es in den nächsten Jahren mal wieder Rea­lität werden, um auch für Bayern-Fans die Bedeu­tung der Meis­ter­schaft zurück­zu­holen. Ich kann mir gut vor­stellen, dass ich mich kochend vor Wut vor den Fern­seher setzen würde und ein breites Belei­di­gungs-Arsenal auf­fahren würde, würde ich sehen wie Emre Can mit UNSERER Schale um den Borsig­platz fährt. Man ver­misst Dinge eben erst dann, wenn sie nicht mehr da sind. Bis dato bleibt das aller­dings reine Spe­ku­la­tion, die Schale trägt weiter Leder­hosen und die Meis­ter­feier meines FC Bayern war mal wieder ein eska­la­tiver Freu­den­taumel mit zig Meister-Sel­fies, medi­en­wirk­samen Weiß­bier-Duschen und gräss­li­chen gespielt emo­tio­nalen Inter­views. Ver­mute ich jeden­falls. Gesehen habe ich es näm­lich nicht. Wie ich nach der Meis­ter­schaft den Abend ver­bracht habe, fragen Sie? Bin ich los­ge­zogen und habe das Ber­liner Nacht­leben unsi­cher gemacht? Klares Nein. Habe ich im Live­ti­cker (ja, den gab es) ver­folgt, wel­cher Spieler wann zur Meis­ter­feier erschienen ist? Noch kla­reres Nein. Und habe ich mir zur Feier des Tages wenigs­tens ein bay­ri­sches Bier geneh­migt? Wieder nein. Ich habe fünf Minuten nach Abpfiff den Sender gewech­selt, zu St. Pauli gegen Darm­stadt. In der zweiten Liga ist es näm­lich tat­säch­lich noch span­nend, wer am Ende Meister wird, wäh­rend ein Bayern-Titel auf natio­naler Ebene für mich dann doch vor allem eines bleibt: stink­lang­weilig.

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