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Die Erleich­te­rung war ihnen nach dem Spiel anzu­merken. Auf­fällig locker plau­derten Erik Durm und Chris­toph Kramer nach dem 2:2‑Remis im Test­spiel der deut­schen Natio­nal­mann­schaft gegen Kamerun in den Kata­komben des Borussia-Parks in Mön­chen­glad­bach mit den Jour­na­listen. Durm beschrieb seinen ersten Län­der­spiel-Ein­satz und die Aus­sicht auf das Kar­riere-High­light in Bra­si­lien als Kind­heits­traum und Mär­chen“. Kramer gab zu Pro­to­koll, eigent­lich eher mit einem Besuch beim Public Vie­wing im Bier­garten als mit einer Reise nach Süd­ame­rika gerechnet zu haben.

Wer im Sommer 2013 Geld auf die Talente aus Dort­mund und Glad­bach als WM-Teil­nehmer gesetzt hätte, wäre heute wohl ein gemachter Mann. Dass beide beim vor­letzten WM-Test in Mön­chen­glad­bach noch einmal vor­spielen durften, ist durchaus ein Fin­ger­zeig auf ihre Stel­lung im deut­schen WM-Kader.

Vor allem der Kar­riere-Schub von Erik Durm ist erstaun­lich. Mitte Mai hatte Löw den Dort­munder nach nur 19 Bun­des­li­ga­spielen und sieben Auf­tritten in der Cham­pions League über­ra­schend in den vor­läu­figen WM-Kader berufen. Drei Wochen nach der Nomi­nie­rung fliegt der 22-Jäh­rige nach der Nicht-Nomi­nie­rung von Marcel Schmelzer nun als Favorit auf den Posten des Links­ver­tei­di­gers nach Bra­si­lien.

Alter­na­tiven, die gar keine sind

Was mit dem Ver­weis auf mög­liche Alter­na­tiven wie Philipp Lahm, Jêrome Boateng oder Kevin Groß­kreutz zunächst wie eine gewagte These klingt, ist bei näherer Betrach­tung nur logisch. Bun­des­trainer Joa­chim Löw stellte auf der Pres­se­kon­fe­renz nach dem Kamerun-Spiel bereits unmiss­ver­ständ­lich klar, dass Lahm kei­nes­falls als linker Ver­tei­diger auf­laufen werde: Das schließe ich defi­nitiv aus. Es kann nicht sein, dass er alle zwei Jahre von einem auf den anderen Tag auf die linke Seite wech­selt.“ Weil Löw Boateng bei akutem Mangel auf der Außen­ver­tei­di­ger­po­si­tion wenn über­haupt nur rechts ein­setzen möchte und Groß­kreutz gegen Kamerun 90 Minuten lang auf der Bank saß, ist Durm plötz­lich die Nummer eins.

Seine abge­klärte Leis­tung im ersten Län­der­spiel bestä­tigt Löw in seiner mutigen Ent­schei­dung. Erik hat seine Sache auf jeden Fall gut gemacht. Er hat mit­ge­spielt und war sehr auf­merksam“, urteilte der Bun­des­trainer. Der Dort­munder Außen­ver­tei­diger ver­stand sich auf der linken Seite erwar­tungs­gemäß gut mit seinem Ver­eins­kol­legen Marco Reus. Er zeigte kaum Ner­vo­sität oder Unsi­cher­heit und ließ die Sorgen auf der immer noch als Pro­blem­zone gel­tenden Links­ver­tei­diger-Posi­tion bis zu seiner Aus­wechs­lung nach 85 Minuten ver­gessen. Abwehr-Chef Per Mer­te­sa­cker lobte nach dem Abpfiff: In der Abstim­mung der Vie­rer­kette hat es gut funk­tio­niert, da bin ich sehr zufrieden.“

Der Debü­tant selber erklärte stolz: Ich habe mich wohl gefühlt. Aus dem Verein bin ich es schon gewohnt, neben Mats Hum­mels zu spielen. Es hat Spaß gemacht.“ Beson­ders im ersten Durch­gang wagte sich Durm sogar das ein oder andere Mal in die Offen­sive. Durch eine kon­se­quente Spiel­ver­la­ge­rung, die vor allem Toni Kroos mit weiten Pässen for­cierte, hatten sich auf seiner linken Seite immer wieder Frei­räume ergeben. Meist schei­terte der erfolg­reiche Abschluss der Spiel­züge am letzten Pass. Das Enga­ge­ment und den offen­siven Drang konnte man Durm den­noch nicht abspre­chen. Das zeigte sich auch in seinen beiden mutigen Schuss­ver­su­chen nach zurück­ge­prallten Eck­bällen.

Weil sich die deut­sche Mann­schaft im wei­teren Spiel­ver­lauf durch den fahr­läs­sigen Umgang mit ihren Chancen selbst aus dem Rhythmus brachte, beschränkte sich auch Durm später eher auf seine defen­siven Auf­gaben. Diese meis­terte er aber im Gegen­satz zu seinem Außen­ver­tei­diger-Pen­dant Boateng, der es aller­dings immer wieder mit dem starken Eric Maxim Choupo-Moting zu tun bekam, ohne große Mühen.

Eigen­schaften, die die Löw-Elf gut gebrau­chen kann

Der Dort­munder, den sein Jürgen Klopp erst vom Stürmer zur Defen­siv­kraft umge­schult hatte, ist das beste Bei­spiel dafür, dass es auch im DFB-Dress mög­lich ist, sich in der Vor­be­rei­tung eines Tur­niers anzu­bieten. Wie auch Chris­toph Kramer war er von diversen Medien vor gar nicht allzu langer Zeit als sicherer Streich­kan­didat abge­stem­pelt worden. Anders als die Kol­legen Julian Draxler, Bene­dikt Höwedes, Mat­thias Ginter, Kevin Groß­kreutz oder die letzt­lich aus­sor­tierten Shko­dran Mus­tafi und Kevin Volland, über­zeugten Durm und Kramer aber offen­sicht­lich das Trai­ner­team.

Natür­lich pro­fi­tierten die zwei Über­ra­schungs­gäste beim DFB-Team auch von akuten Per­so­nal­pro­blemen auf ihren Posi­tionen. Der damit ver­bun­dene Druck, die sich bie­tende Chance auch zu ergreifen, machte ihnen aber wenig aus. Viel­leicht ist diese Unbe­küm­mert­heit sogar ein großes Plus für das immer noch mit vielen klei­neren (tak­ti­schen) und grö­ßeren (ver­let­zungs­be­dingten) Pro­blemen kämp­fende DFB-Team. Durm und Kramer gefielen gegen Kamerun durch ihren großen läu­fe­ri­schen und kämp­fe­ri­schen Ein­satz. Eigen­schaften, die die Löw-Truppe auf­grund der schwie­rigen kli­ma­ti­schen Bedin­gungen in Bra­si­lien sehr gut gebrau­chen kann. Viel­leicht ja sogar schon am 16. Juni – im Auf­takt­spiel gegen Por­tugal.