Am 19. Januar 2022 starb Hans-Jürgen „Dixie“ Dörner. Als Libero und Mannschaftskapitän prägte er die goldenen Siebziger von Dynamo Dresden. Wir hatten das Glück, mit ihm über seine große Karriere sprechen zu dürfen.
1986 beendeten Sie Ihre Karriere. Anschließend arbeiteten Sie im Nachwuchsbereich, beim DDR-Verband und schließlich lange Jahre beim DFB. Dann wurden Sie als erster ostdeutscher Trainer von einem Bundesligisten verpflichtet, von Werder Bremen als Nachfolger von Aad de Mos.
Es war ein Wagnis, eine Chance. Ich habe es auch nie bereut. Das war eine ganz wichtige Erfahrung für mich. Aber ich würde heute einiges anders machen. Inzwischen ist es ja auch üblich, dass man seinen Trainerstab mitbringt. Ich war damals alleine und bekam eigentlich ständig mitgeteilt, dass Otto Rehhagel das aber ganz anders gemacht habe.
Als Manager wirkte damals Willi Lemke, nicht gerade ein Fußballfachmann.
Prinzipiell ist es besser, wenn der Sportdirektor aus dem Fußball kommt. Aber Lemke hatte mir von vornherein gesagt, er mische sich nicht in sportliche Dinge ein, davon verstehe er nichts.
Es heißt, Sie hätten Ballack und Andrij Schewtschenko verpflichten wollen.
Es gab Interesse an den beiden. Schewtschenko war 21 und man sah schon, was das für ein Riese wird. Es ging es um 12 oder 13 Millionen Mark. Den Wagemut hatte man damals nicht. Mit Ballack war das im Prinzip das Gleiche. Der kam von Chemnitz, war weithin unbekannt und Werder zu teuer.
Was wurde aufgerufen?
Eine Million. Das hätte man sicherlich verhandeln können. Aber dann hat Otto Rehhagel zugeschlagen. Ich weiß aber nicht, was er bezahlt hat.
Hans-Jürgen Dörner, wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken: Gibt es für Sie ein Spiel des Lebens, unvergesslich nach all den Jahren?
Es gibt viele Spiele, aber mein erstes Europapokalspiel war schon besonders. Wir haben gegen Leeds United gespielt und 0:1 verloren. Durch einen Handelfmeter, von mir verschuldet. Der Torwart war geschlagen und ich habe den Ball im Hechtsprung über die Latte gelenkt. Damals gab es keine Gelbe Karte, nur Elfmeter. Diese Atmosphäre in Leeds war unvergesslich. Und dann ist da natürlich Uerdingen.
Das Hinspiel gewonnen, im Rückspiel 3:1 geführt und am Ende 3:7 verloren.
Dafür gibt es keine Erklärung. Viele haben spontan gesagt, wir hätten das Spiel verkauft. Aber das haben wir nicht. Es gab viele widrige Umstände. Unser Stammtorhüter war verletzt, dann kriegten wir in der zweiten Hälfte zwei fragwürdige Elfmeter gegen uns, dann ging gar nichts mehr. Das kann sich ein Außenstehender nicht erklären.
Wenn man mit früheren DDR-Sportlern spricht, ist die Erfahrung sehr präsent, dass das Geleistete aus der Zeit vor der Wende im vereinigten Deutschland wenig gilt. Wie haben Sie das erlebt?
Ich habe das große Glück gehabt, dass der Übergang durch meine Tätigkeit beim DFB relativ nahtlos erfolgte. Aber es stimmt schon, wenn beispielsweise heute im Fernsehen über Fußball gesprochen wird, ist unter den Talkgästen so gut wie nie einer aus der ehemaligen DDR dabei. Das finde ich persönlich schade. Denn ich bin mir sicher, die hätten viel zu erzählen.