Eine Karriere zwischen Krieg und Kloppo – Bruno Akrapovic über seine bewegte Profi-Laufbahn.
Sind Sie Winnie Schäfer heute noch sauer?
(lacht) Warum sollte ich? Dank Winnie bin ich Erstliga- und Nationalspieler geworden!
Das müssen Sie jetzt erklären.
Er hatte mich zwar gegen Wand laufen lassen und suspendiert, aber dafür war ich nun frei für einen anderen Verein. In Testspielen gegen Energie Cottbus hatte ich offenbar einen so guten Eindruck hinterlassen, dass mich Ede Geyer unbedingt haben wollte. Allerdings hatte ich bereits dem MSV Duisburg zugesagt. Schließlich entschied sich alles an einem Tag: Morgens sagte ich dem MSV ab, mittags kam noch ein Angebot aus der Türkei rein, das ich schließlich ausschlug, abends unterschrieb ich in Cottbus. Mit 32 Jahren war ich plötzlich Bundesligaspieler.
Was hat Energie damals ausgezeichnet?
Die Stimmung war von Anfang an hervorragend. In der Stadt drehte sich alles um den Verein, dieser Enthusiasmus übertrug sich auf die Mannschaft. Dazu hatten wir mit Geyer einen kauzigen Trainer, der großartiges Teambuilding betrieb. Vielleicht sogar, ohne es zu ahnen.
Inwiefern?
Geyer hat jeden Spieler gleich behandelt. Und uns immer als Kollektiv betrachtet: Wir haben alles zusammen gemacht. Und wenn die Mannschaft gewann, war das ein Verdienst der Mannschaft. Spielten wir scheiße, war daran die ganze Mannschaft schuld, nicht der Verteidiger, der das entscheidende Gegentor verursacht hatte. Das schweißte uns zusammen.
Energie sorgte für ein Novum, als die Mannschaft am 6. April 2001 mit elf Ausländer in der Startelf gegen den VfL Wolfsburg antrat.
Die Info habe ich damals an Kai Dittmann von Premiere weitergegeben! Den kannte ich noch aus meiner Zeit bei Göttingen 05, Dittmann war damals unser Ersatztorwart. Er fragte mich: „Bruno, spielen bei euch heute nur Ausländer?“ Und ich zu ihm: „Zähl doch mal nach.“
Obwohl als Abstiegskampf Nummer 1 gehandelt, schafften sie 2001 und 2002 den Klassenerhalt. Wer waren die prägenden Figuren in diesen Jahren?
Torwart Tomislav Piplica und unser Spielmacher Vasile Miriuta. Zwei unglaubliche Typen, die es gehasst haben, zu verlieren. Und sei es nur ein Trainingsspiel. Die waren so heiß, das hat sich auf die ganze Mannschaft übertragen. Dazu kam, dass Vasile Gold im Fuß hatte. Seine Freistöße waren Extraklasse. Unvergessen sind außerdem seine Auftritte beim Fußballtennis, dafür hätten wir eigentlich Eintritt nehmen sollen.
Sie müssen uns noch erklären, warum Sie mit stolzen 32 Jahren Ihr Debüt als Nationalspielern feiern durften.
(lacht) Ich befürchte, dass man mich in den Jahren zuvor einfach nicht wahrgenommen hatte. Es war schließlich ein Scout von Werder Bremen, der dem damaligen Nationaltrainer von Bosnien-Herzegowina den Tipp gab, sich mal ein Spiel von Energie Cottbus anzuschauen. Prompt wurde ich nominiert. Mein erstes Spiel verloren wir knapp mit 1:2 gegen Spanien. Und im zweiten Spiel gegen Israel schoss ich das einzige Länderspieltor meiner Karriere. Eine fantastische Direktabnahme aus 40 Metern, das sollte man hier ruhig erwähnen (lacht). Leider verloren wir mit 1:3.
War das Ihr größter Moment im Nationaltrikot?
Vermutlich. Aber allein die Nominierung zu erhalten und in meinem hohen Fußballeralter für dieses so arg gebeutelte Land zu spielen, das mir so am Herzen liegt, war schon unglaublich. Intensiv in Erinnerung geblieben ist mir auch meine zweite Begegnung mit Spanien.
Warum?
Vor dem Spiel hatte ich überall rumgeprahlt, dass ich dem spanischen Spielmacher ordentlich auf die Füße treten werde. Das war ein gewisser Pep Guardiola. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich auf ganzer Linie bei meinem Vorhaben versagte. Der spielte mit solch einer Eleganz und hatte immer eine Lösung parat, dass ich das bis heute nicht vergessen habe.