Eine Karriere zwischen Krieg und Kloppo – Bruno Akrapovic über seine bewegte Profi-Laufbahn.
Und während in Ihrer Heimat der Krieg tobte, wurden Sie in Deutschland zum Profifußballer.
Eine merkwürdige Situation, nicht wahr? Mit Wolfsburg stieg ich 1992 in die 2. Bundesliga auf, das war der Knackpunkt meiner Laufbahn. Dem VfL bin ich dafür bis heute dankbar. 1994 folgte der Wechsel nach Mainz.
Einer Ihrer damaligen Mitspieler war Jürgen Klopp.
Bei Kloppo wusste ich schon immer, dass aus ihm mal ein ganz Großer werden würde. Während wir auf Auswärtsfahrten im Bus Karten spielten, büffelte der ein akademisches Buch nach dem anderen durch. Er war extrem ehrgeizig und war bereits als Spieler in der Lage, die ganze Mannschaft mitzureißen.
Mit Mainz verpassten Sie 1997 knapp den Aufstieg in die erste Liga und wechselten nach der Saison zu Tennis Borussia Berlin – in die Regionalliga. Warum?
Ganz einfach: Das Angebot der Berliner war fantastisch. Faktisch war der Klub professionell wie ein Zweitligist aufgestellt und wollte nun mit viel Geld die richtigen Spieler für den Aufstieg zusammenkaufen. Ich bekam etwa 20.000 Mark Grundgehalt – in Mainz waren es nur 8.000 gewesen. Dazu kamen vertraglich vereinbarte 3000 Mark Auflaufprämie plus 3000 Mark Siegprämie. Von 34 Partien gewannen wir 29 und ich war Stammspieler. Wenn Sie mögen, können Sie das ja mal ausrechnen. Ich wäre dumm gewesen, nicht zu TeBe zu gehen.
Sie stiegen 1998 in die 2. Bundesliga auf und beendeten die erste Spielzeit auf einem respektablen sechsten Platz. Ein Jahr später lag der Verein in Trümmern. Wie konnte es zu diesem Kollaps kommen?
Als Winnie Schäfer im März 2000 Trainer wurde, änderte sich einiges. Das Mannschaftsklima, das ich vorher als sehr positiv erlebt hatte, kippte sehr bald um. Aus unserer Multi-Kulti-Truppe bildeten sich schnell kleine Grüppchen, die dann jeweils kleine Scharmützel gegeneinander begannen. So etwas zerstört jede Mannschaft. Verantwortlich für so was ist immer der Trainer. In diesem Fall war das nun mal Schäfer.
Wie hat sich das auf die sportliche Situation ausgewirkt?
Ganz einfach: Wir haben vergessen, Fußball zu spielen.
Stimmt es, dass Ihr Mitspieler Fahed Dermech Ihnen in dieser Zeit bei einem Streit die Nase brach?
Das ist korrekt. Die Stimmung im Training wurde immer schlechter, die Aggressivität immer größer. In einer Szene gerieten Dermech und ich aneinander, er verpasste mir einen und brach mir damit die Nase.
Haben Sie sich revanchiert?
Und ob. Bei der nächsten Gelegenheit im Training erwischte ich ihn übel. Der schaut sich vermutlich noch heute um, ob ich hinter ihm stehe. Damit waren wir quitt und die Sache erledigt.
War das der Grund, warum man Sie im Frühjahr 2000 suspendierte?
Nein, da ging es um etwas anderes: Eine Zeitung veröffentlichte einen Artikel mit einem Zitat von mir, das ich angeblich ein halbes Jahr zuvor verbreitet hätte. Grober Inhalt: Dem Uwe Rösler werde ich nie wieder einen Ball zuspielen. Als ich zum Training kam und wie üblich mit den Kollegen abklatschen wollte, verweigerte mir Rösler den Handschlag. Ich habe ihn gefragt: „Uwe, was soll das?“ Er antwortete: „Lies Zeitung!“ „Uwe“, habe ich entgegnet, „der Scheiß ist frei erfunden, das musst du mir glauben.“ Aber er blieb wütend. Ich rief den Journalisten an und fragte ihn: „Woher hast du diese Aussage, wann soll ich das gesagt haben?“ Schließlich gab er zu, dass er sich das Zitat für eine Story ausgedacht hatte. Ich forderte ihn auf, das auch Winnie Schäfer und seinem Co-Trainer Stefan Mücke mitzuteilen, was er auch tat.
Wie reagierte Schäfer?
Vor dem ersten Training ging ich zu ihm. Er sagte mir: „Alles gut, mach dir keine Sorgen, geh trainieren.“ Nachmittags bekam ich einen Anruf von Mücke. Er sagte mir, ich sei suspendiert. Ich bin mir heute ziemlich sicher, dass ich gemeinsam mit einigen anderen Spielern auf einer Abschussliste stand und man einfach einen fadenscheinigen Grund suchte, um mich loszuwerden.
Mit 14 Jahren Abstand: Wie konnte es damals so weit kommen, dass eine Mannschaft sich quasi selbst zerstörte?
Spieler sind wie kleine Firmen, die ihre Dienste einem Verein anbieten. Der Verein bezahlt für diese Dienste und achtet gleichzeitig darauf, dass eine Art Ehrenkodex und gewisse Regeln eingehalten werden. Manchmal vergessen die Spieler, welche Verpflichtungen und Verantwortungen sie gegenüber dem Klub haben – auf und neben dem Platz. Gute Vereine achten darauf, bringen die Spieler wieder zur Räson oder bestrafen, wenn es nötig ist. Dafür braucht man einen guten Trainer. Und den hatten wir damals nicht.
Wie hätte der Trainer Akrapovic den Fall gehändelt?
Ich hätte versucht, aus den einzelnen Grüppchen wieder eine Einheit zu formen. Teambuilding-Maßnahmen können da Wunder bewirken. Mal zusammen ins Kino gehen, ein gemeinsamer Champions-League-Abend in der Kneipe, solche Dinge. Und dann viel und intensiv kommunizieren. Regeln aufstellen, die Fehlverhalten in der Zukunft bestrafen.