Der 1. FC Kaiserslautern rollt die 3. Liga gerade von hinten auf. Sogar die leidgeplagten Fans scheinen vorerst versöhnt. Fragt sich nur, wie lange es bis zum nächsten Absturz dauert.
Der 3:0‑Heimsieg gegen Freiburg II war in trockenen Tüchern, auch das anschließende Interview mit dem SWR hatte FCK-Trainer Marco Antwerpen soeben über die Bühne gebracht. Zum Abschluss fragte der Reporter noch, wohin es für den aufstrebenden FCK denn nun gehe. Wohlwissend, dass sich die Frage auf die Tabelle bezogen hatte, sagte Antwerpen: „Nach Duisburg“ – zum nächsten Auswärtsspiel also. Kurzes Gelächter, Seligkeit zwischen Trainer und Reporter.
Man muss den kleinen Witz nicht unbedingt lustig finden, doch hatte die Szene eine gewisse Aussagekraft. Denn Marco Antwerpen fungiert wie ein verlässliches Barometer für die Stimmung beim FCK. In schlechteren Phasen kann er die miese Laune nur schwer verbergen und garniert seinen Ärger mit saftigen Schiedsrichterschelten. Wie etwa nach dem 0:0 im Derby gegen Mannheim, als er Referee Florian Heft bei „Magenta Sport“ vorwarf, „fünf Foulspiele von Waldhof Mannheim einfach durchgewunken“ zu haben. Ist Kaiserslautern jedoch erfolgreich, strahlt Antwerpen eben auch eine unübersehbare Heiterkeit aus. Dann macht es der 50-Jährige seinen Gesprächspartnern leicht – und ist für den ein oder anderen flapsigen Spruch zu haben. Die Sache scheint also klar: Es läuft gerade in der Pfalz.
Den eindeutigen Beweis liefert die Statistik der letzten Wochen nach: Vier Siege in Folge, 13:0 Tore, 533 Minuten ohne Gegentreffer. Auch in der Tabelle hat der abermals schlecht gestartete FCK zur Spitze aufgeschlossen. Ein Trend, der am Betzenberg natürlich für Freude sorgt – und doch mit Argwohn betrachtet wird. Zu häufig dachte man in der Vergangenheit, es gehe endlich wieder aufwärts, nur um den Drittliga-Klassenerhalt am Ende als höchstes der Gefühle anerkennen zu müssen. Die Frage liegt auf der Hand: Ist der Aufschwung beim 1. FC Kaiserslautern diesmal ein nachhaltiger oder handelt es sich wieder nur um ein Zwischenhoch?
Ein Rückblick zeigt, dass sich der FCK vor zwei Jahren in einer ähnlichen Phase befand. Nach einer enttäuschenden ersten Drittliga-Spielzeit hatte die Mannschaft auch zu Beginn der Saison 2019/20 wenig gerissen und stattdessen mit desillusionierenden Auftritten für einen Trainerwechsel gesorgt: Boris Schommers ersetzte Sascha Hildmann. Es änderte sich erst einmal wenig. Nach 14 Spieltagen belegte Kaiserslautern einen Abstiegsplatz. Anschließend drehte sich der Trend allerdings, Siege gegen Uerdingen, Rostock, Köln und Halle schürten Hoffnungen – die eine weitere Serie von neun Spielen ohne Dreier wieder zunichte machte.
Jüngst hat Kaiserslautern wieder vier Siege aneinandergereiht, wieder keimt Hoffnung auf. Nach dem 3:0 gegen Freiburg hallte es bereits aus der Kurve: „Der FCK ist wieder da.“ Doch ist er das wirklich? Womöglich schon. Beim Vergleich der Siegesserien fällt auf, dass die Mannschaft heute gefestigter wirkt. Sie hat eine derartig gute Balance zwischen Abwehr und Angriff gefunden, dass nicht nur seit 533 Minuten die Null steht, sondern auch deutliche Siege wie das 6:0 in Havelse oder eben das 3:0 gegen Freiburg herausspringen. Klar, der FCK hat einen Lauf und strotzt vor Selbstvertrauen. Da klappt manches, was sonst eher nicht klappt. Doch gibt es einen weiteren, zentralen Unterschied zum November 2019: Kaiserslautern hat dieses Mal bereits bewiesen, dass es auch Rückschläge wegstecken kann. Einer davon läutete den aktuellen Lauf sogar ein: Beim torlosen Remis gegen Mannheim musste die Mannschaft nach zwei roten Karten einen Großteil des Spiels in doppelter Unterzahl zurechtkommen – und schien dadurch erst zusammenzurücken. Eine klassische Initialzündung, deren vielversprechende Folgeerscheinungen auch das peinliche Landespokal-Aus bei Fünftligist Mechtersheim nicht nachhaltig ausbremsen konnte.
Es scheint tatsächlich, als habe der FCK einen Schritt nach vorne gemacht. Vielleicht ist es dabei sogar gut, dass die Spieler selbst dem Aufschwung noch nicht so recht trauen und große Worte scheuen. Routinier Mike Wunderlich verpackte das in eine Floskel und forderte, „die Spiele von Woche zu Woche wie Pokalspiele anzugehen“. Die Mannschaft hat zwar gezeigt, dass sie zu den besten der Liga gehören kann, wenn sie diszipliniert zusammenarbeitet. Aber erinnert sich in Kaiserslautern eben auch jeder noch gut an die Achterbahnfahrten der Vergangenheit. In den letzten Jahren hatten die Pfälzer einen ebenso namhaften Kader zusammen, was aber nicht für Erfolg, sondern lediglich die Vergrößerung der Fallhöhe sorgte. Die beinharte Ligakonkurrenz wusste die stete Unsicherheit am Betze zu nutzen.
Auch im Sinne der Reporter, die es nach ein paar Niederlagen wieder mit einem miesgelaunten Marco Antwerpen zu tun bekämen, sollte sich die Mannschaft also an die Worte von Mike Wunderlich halten. Der Offensivmann sagte im SWR weiter: „In der Liga darfst du sowieso nicht träumen. Weil es da auch ganz schnell in die andere Richtung geht. Wir sollten am Boden bleiben.“