Beim FC Bayern wurde der Franzose Willy Sagnol zu einem der besten Verteidiger der Welt. Nun wurde er beim Traditionsklub Girondins Bordeaux entlassen. Ein Interview über deutsche Strenge und französische Probleme.
Funktioniert Ihre Philosophie in Bordeaux?
Zuerst einmal habe ich eine sehr junge Mannschaft. Das freut mich, ich mag es, mit jungen Spielern zu arbeiten, die viel lernen müssen. Aber ich habe auch ein paar Spieler mit Erfahrung, die ich als Vermittler brauche.
Welche Rolle spielt Diego Contento, der 2014 vom FC Bayern kam?
Sein Problem ist die Sprache. Diego kann nach einem Jahr ganz gut Französisch verstehen, aber reden … Wenn man nicht in seiner Muttersprache spricht, ist es schwierig, Emotionen zu transportieren.
Wie lange dauerte es bei Ihnen, bis Sie Deutsch gelernt hatten?
Als ich 2000 zu Bayern kam, gab es viele Ausländer, vor allem Südamerikaner. Am Anfang haben wir in der Mannschaft mehr Spanisch als Deutsch gesprochen. Ich konnte Spanisch und Englisch, und das war genug. Aber nach anderthalb Jahren bin ich Vater geworden und habe mir gedacht: Was ist, wenn etwas mit meinem Kind ist, wenn ich nachts den Doktor anrufen muss? Da habe ich beschlossen, Deutsch zu lernen.
Sie waren als Spieler bekannt für Ihre Flanken. Schlagen Sie heute noch welche im Training?
Natürlich. Das macht doch jeder Trainer. Die Flanken waren anfangs gar nicht meine Qualität. Aber mit Hitzfeld habe ich viel geübt, ich habe bestimmt über hundert Flanken pro Woche geschlagen.
Weil er Sie gezwungen hat?
Ja, und ich bin dadurch tatsächlich besser geworden. Aber ich hatte bei Bayern auch fantastische Kopfballspieler. Am Anfang Elber und Jancker, später Ballack und Pizarro. Dann ist es einfach, sich zu motivieren.
Sie waren Publikumsliebling bei den Bayern.
Ich war wahrscheinlich nicht der beste Außenverteidiger, der je beim FC Bayern gespielt hat. Aber die Leute haben gemerkt, dass ich versucht habe, deutsch zu werden – und irgendwann hat das super zusammengepasst. München war für mich die beste Stadt der Welt. Die Sicherheit, Sauberkeit, Höflichkeit. Es war perfekt.
Ist die Ordnung der Grund, warum so viele Franzosen dort glücklich wurden?
Vielleicht. Lizarazu war sehr glücklich, Ribéry ist es auch. München ist eine super Stadt zum Leben.
Kommen wir zu Ihrem heutigen Job: Ist das viele Geld, das Paris Saint-Germain dank seiner katarischen Finanziers hat, Fluch oder Segen für die französische Liga?
Das ist schwierig. Das Budget von PSG umfasst 500 Millionen Euro, während wir hier nur 50 haben. Wir können uns also absolut nicht mit PSG vergleichen. Aber wir versuchen, junge Spieler zu fördern, um sie irgendwann zu verkaufen und ein bisschen Geld zu machen. Nur so können wir langfristig existieren.
Aber profitiert die Liga nicht auch von PSG?
Wenn sie in Frankreich einkaufen würden, ja. Aber sie kaufen nicht in Frankreich ein. Weil sie große Stars brauchen, Weltklassespieler. Davon gibt es nur wenige in Frankreich.
Wer kommt hinter Paris?
Wenn man die Budgets vergleicht, dann Lyon, Monaco, Marseille, Lille und St. Etienne. Wir sind weit weg von diesen theoretisch sechs besten Vereinen. Aber letztes Jahr haben wir es mit dem sechsten Platz schon ganz gut gemacht. Viele wichtige Spieler waren verletzt, und trotzdem haben wir die Europa League erreicht.
Und dieses Jahr?
Wie jedes Jahr in Bordeaux: Wir wollen das Beste aus unseren Möglichkeiten machen.
Sie waren im Frühjahr im Rahmen Ihrer Trainerausbildung zu Besuch beim FC Bayern. Was halten Sie von Pep Guardiola?
Er war sehr nett, hat uns erklärt, was er macht und was er will. Das war sehr interessant. Er hat in Barcelona überragende Arbeit geleistet. Und ich hoffe, er hat auch mit Bayern Erfolg. Bayern ist der Verein meines Herzens.