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Seite 2: „Jedes Jahr kommen neue Gesetze, es wird ständig verschärft“

Was die Anhänger in Turin erlebten, ist nur ein neuer Tief­punkt einer andau­ernden Gän­ge­lung von Fuß­ball­fans in Ita­lien. In Ber­gamo warf man über hun­dert Ultras tat­säch­lich die Bil­dung einer ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung vor. Deren Anführer ist der Son­der­be­wa­chung aus­ge­setzt, einer mas­siven Ein­schrän­kung seiner Bewe­gungs – und Rei­se­frei­heit. Gesetze aus der Anti­terror – und Mafia­ver­fol­gung werden auch im Fuß­ball ange­wendet. Fan­kultur soll es nach dem Willen des Staates keine mehr geben.

Kai Tippman kennt die Methoden, denn er lebt in Ita­lien und bloggt regel­mäßig über die Fan­kultur. Ber­gamo war ein beson­ders harter Ein­griff, diese Kurve soll kom­plett aus­ge­schaltet werden“, sagt er. Was die Bay­ern­fans in Turin erlebten, über­raschte ihn hin­gegen nicht groß­artig. Oft sind es ein­zelne Poli­zei­prä­si­denten, die ihr Ansehen stei­gern wollen und gegen­über Fuß­ball­fans eine harte Linie fahren.

Fuß­ball­fans sind ein ein­fa­ches Ziel“

In der Haupt­stadt befinden sich die Fan­kurven von AS und Lazio Rom der­zeit im Boy­kott. Der neue Poli­zei­chef hat als eine seiner ersten Hand­lungen beschlossen, einen Zaun durch die Fan­blöcke zu ziehen. Außerdem lässt er mit der Kamera über­prüfen, ob sich die Sta­di­on­be­su­cher an ihrem Platz befinden. Maß­nahmen, gegen die in Deutsch­land schon allein aus Daten­schutz-Gründen heftig pro­tes­tiert werden würde. Nicht so in Ita­lien: Fuß­ball­fans sind ein ein­fa­ches Ziel: sie haben keine Lobby, die Polizei kann sich medi­en­wirksam pro­fi­lieren und es werden schnelle, ver­meint­liche Erfolge erzielt“, sagt Tipp­mann über das Vor­gehen in Rom. Der Ein­füh­rung der Tes­sera del Tifoso“, der per­so­na­li­sierten Fan­karte, folgte seit 2009 ein mas­siver Zuschau­er­rück­gang.

Auch BVB-Fans hatten bei ihrem Spiel in Turin im Februar 2015 ähn­liche Erfah­rungen mit inten­siven Kon­trollen gemacht. An anderen Orten wie in Neapel gab es für die Anhänger des BVB weitaus weniger Pro­bleme, die in Turin ver­bo­tenen Trom­meln und Mega­phone gelangten dort mit ins Sta­dion. Die Aus­le­gung der Gesetze ist sehr lokal“, sagt Tipp­mann.

Repres­sionen erleben aber nicht nur die Fans der oberen Ligen, son­dern auch die in der zweiten, dritten und vierten Liga. Simon Müller von der Schi­ckeria besucht gele­gent­lich Spiele von Civi­ta­novese Calcio, einem frü­heren Viert­li­gisten, mit dem die Münchner Ultras eine Fan­freund­schaft unter­halten. Dort lässt die Polizei bei Spiele mit knapp 1000 Zuschauern auch Drohnen steigen, um das Geschehen zu über­wa­chen.

Der Staat hat nur eine Stra­tegie: Repres­sion.“

Jedes Jahr kommen neue Gesetze hinzu, es wird ständig ver­schärft“, sagt Kai Tipp­mann. Fan­busse werden auf Auto­bahnen ange­halten und wieder zurück in die Heimat geschickt, Fans darf auf legalem Weg der Zutritt zu ganzen Städten ver­wehrt werden und Sta­di­on­ver­bote werden im Gieß­kannen-Prinzip über Gruppen ver­teilt. Der Staat hat eigent­lich nur eine Stra­tegie: Repres­sion.“, sagt Tipp­mann. 

Das weiß nun auch der CSU-Poli­tiker Bern­reiter. Er schloss seinen Brief an die Kanz­lerin nach dem Hin­spiel der Bayern mit der War­nung Wenn ein Unglück pas­siert, ist es zu spät!“. Das sind dras­ti­sche Worte. Eine Juve-Spre­cherin hin­gegen erklärte, die Kon­trollen seien im Rahmen des Übli­chen abge­laufen. Dann passt ja alles.