Im April dieses Jahres brachte Augsburg dem FC Bayern nach 29 Spielen seine erste Saisonniederlage bei. Wiederholt sich am Samstag Geschichte, Jan-Ingwer Callsen-Bracker?
Jan-Ingwer Callsen-Bracker, die Öffentlichkeit rätselt über den dritten Platz des FC Augsburg. Was macht Ihre Mannschaft so stark?
Wir haben einfach einen sehr guten Teamgeist. Dabei spreche ich nicht nur von der Mannschaft, sondern auch vom Trainerteam, dem Management, den Fans, einfach allen. Wir sind ein Klub zum Anfassen. Ich bin jetzt vier Jahre in Augsburg, der Zusammenhalt hier ist außergewöhnlich. Das ist anders als bei meinen vorherigen Stationen in Leverkusen und Mönchengladbach.
Wie macht sich der Teamgeist konkret bemerkbar?
In der vergangenen Saison hatten wir beispielsweise mal eine schlechte Phase, in der die Ergebnisse nicht stimmten. Wir sind dann mit der gesamten Truppe zum Eishockey gegangen und haben uns die Augsburg Panther angeschaut. Das hat uns auf andere Gedanken gebracht – und danach lief es. In diesem Sommer lud uns ein Freizeitpark ein und die gesamte Mannschaft ist hingefahren. Alle waren dabei, auch der Trainer und der Manager. Wir verbrachten das gesamte Wochenende dort, kletterten, schwammen und waren stundenlang beim Blopping.
Was ist das?
Beim Blopping liegt einer auf einer Art Luftkissen im Wasser, während der andere von einem Turm aufs Kissen springt und ihn nach vorne katapultiert. Das hat Spaß gemacht.
Es soll auch einen Wanderpokal in der Kabine geben namens „Dreifache Robbe“. Was hat es damit auf sich?
Den gibt es aktuell leider nicht mehr. Damals hat sich unser Mitspieler Sebastian Langkamp bei einem eher harmlosen Foul mehrmals auf dem Rasen gewälzt. Wir haben ihn für diese Aktion auf die Schippe genommen und ihm „Die dreifache Robbe“ verliehen. Danach wurde der Pokal weitergereicht. Diesen speziellen Preis haben wir zwar nicht mehr, aber wir prämieren andere Leistungen im Training und Spiel. (lacht.) Von denen sollte ich hier aber besser nicht berichten.
Stammt dieser besondere Teamgeist auch aus der Rückrunde vor zwei Jahren, als die Mannschaft mit einer unglaublichen Aufholjagd noch den Klassenerhalt schaffte?
Ja, sehr viel aus dieser Zeit steckt immer noch in uns. Wir haben aus dieser Phase sehr viel gelernt, uns mehr Disziplin auferlegt. Es ging auch um kleine Details mit einer großen Wirkung: Damals hat der Trainer einige Dinge geändert. Unter anderem müssen wir jetzt immer mindestens eine Stunde vor dem Training in der Kabine sein. So verbringen wir als Mannschaft viel Zeit miteinander.
Sie haben mal gesagt: „Gewinner werden in schlechten Zeiten geboren.“
Das trifft vollkommen auf uns zu. Wenn wir damals nicht alle offen und ehrlich miteinander umgegangen wären, dann wären wir auseinander gebrochen. Das hätte den Abstieg bedeutet. Aber wir haben am letzten Spieltag den Klassenerhalt geschafft und ich bin sicher: Das hat uns zusammen geschweißt und zu der Einheit gemacht, die wir heute sind.
Welche Rolle spielt Trainer Markus Weinzierl?
Er ist der Trainer und gibt die Richtung vor: Die Struktur in unserem Spiel erwächst aus seinen Analysen. Er bereitet uns sehr gewissenhaft auf die Partien vor – mit Videoanalysen, Infos zu unseren Gegenspielern und besonderen taktischen Maßnahmen. Unser Videoanalyst schickt uns per Mail Videos, die persönlich auf uns zugeschnitten sind. Wir sind also immer gut vorbereitet und wissen, was wir tun müssen. Ich persönlich gehe dadurch immer mit einem guten Gefühl ins Spiel. Das ist ein wichtiger Faktor.
Die Statistik des FC Augsburg ist überraschend: Viele Ballgewinne, gutes Kopfballspiel, aber sehr viele Angriffe über links und eine vergleichsweise geringe Laufleistung.
Jetzt dürfen Sie nicht alles verraten (lacht.) Mich überrascht das nicht, weil wir bestimmte Spielzüge seit Jahren kontinuierlich trainieren, auch jene über links. Und zur Laufleistung: Es ist nicht entscheidend, wie viel, sondern wohin man läuft. Wir müssen im Verbund richtig laufen. Die Automatismen greifen in unserer Mannschaft, weil wir uns auch schon länger kennen. Wir versuchen insgesamt, erst einmal gut zu stehen. Dadurch hat der Gegner auch einen Tick mehr Ballbesitz, doch wir kontern dann kurz und knackig.
Sie sind in der Innenverteidigung eine Stütze des Teams. Zusammen mit Ihrem Kollegen Ragnar Klavan haben Sie beide eine außergewöhnlich gute Quote im Kopfballspiel, aber auch im Passspiel.
Als Innenverteidiger sollte man ein Augenmerk darauf haben, ballsicher zu sein. Schließlich sind wir auch für den Spielaufbau mitverantwortlich. Aber da haben wir nun einmal den Vorteil, dass wir sehr eingespielt sind. Wenn ich den Ball habe, weiß mein Mitspieler intuitiv, wie er sich anbieten muss. Wir trainieren das schon sehr lange, das Passspiel ist für den Trainer sehr wichtig.
Wie verständigen Sie sich mit Ihrem Kollegen Klavan?
Mal auf deutsch, mal auf englisch. Ragnar kann sehr gut deutsch, aber auf estnisch gibt er nicht so viel preis. Sonst würde ich jetzt schon fließend estnisch sprechen. (lacht.)