Aktuell gibt es in der deutschen Rap-Musik immer mehr Songs über Fußballspieler und ‑Klubs. Woher kommt dieser Trend und was hat es damit auf sich?
Dieselbe Aussage steckt auch hinter Songs wie Xatars „Zinedine“. Genau genommen sind die Fußball-Metaphern in den dazughörigen Texten nämlich rar gesät, ein direkter Bezug besteht nicht. Doch das hat seine Gründe. Der Trend ist aus Frankreich adaptiert worden. Wieder einmal, muss man an dieser Stelle sagen, denn schon einmal diente unser Nachbar als vorrangige musikalische Inspirationsquelle für Deutschrap. Und seit der Pariser MHD die Rap-Welt mit einem Sound infiziert hat, bei dem er die Vortragsweise der US-Südstaaten mit Afrobeat-Instrumentals gekreuzt hat, scheint es abermals so zu sein. Die Anfänge der Fußballhymnen liegen jedoch noch etwas weiter zurück: Schon Anfang 2015 landete Niska mit seinem „Freestyle PSG“, das dem Spieler Blaise Matuidi gewidmet ist, einen viralen Hit. MHD legte mit „Roger Milla“ und „Champions League“ nach und wurde zum Dauerbrenner in den Kabinen.
Wer das mysteriöse Geflecht aus Rap und Fußball, Deutschland und Frankreich verstehen will, dem reicht aktuell ein Netflix-Zugang. Der Streaming-Dienst hat in jüngster Zeit gleich mehrere Fußball-Dokumentationen in sein Sortiment aufgenommen, wobei Frankreich besonders stark vertreten ist. So widmet sich die Doku „Straßenfußball“ beispielsweise den zahlreichen Asphalt-Plätzen in den Banlieues, den verarmten Hochhaussiedlungen in den Vorstädten Frankreichs. Die Verbindung zur Rap-Welt wird dabei gleich mehrfach deutlich. Wenn die Spieler ihre Lieblingsmusiker aufzählen, handelt es sich dabei fast ausschließlich um Rapper. MHD, Kaaris, Booba, JuL, Rohff, Mac Tyer, Alonzo, Niska sind die erste Wahl.
Fußball und Rap als Bestandteile einer urbanen Kultur
Besagter MHD tritt in der Doku sogar selbst in Erscheinung, schwärmt von Finten und Dribblings und weist zudem auf die Bedeutung von Kleidung hin, die die Fußball- mit der Rap-Welt vereint. Im seinem Viertel – dem 19. Arrondissement von Paris – wären Trainingsanzüge aktuell der Modetrend schlechthin. Ruft ein Freund an und fragt nach einem kurzen Kick, könne man direkt zusagen. Sogar als Outfit für ein Date sei der Trainingsanzug derzeit erlaubt, gibt MHD mit einem Grinsen auf den Lippen preis. Ein anderer Akteur, der in der Dokumentation zu Wort kommt, sieht Fußball und Rap als zwei Bestandteile einer urbanen Kultur an, wobei der Mannschaftssport mittlerweile an die Stelle von Graffiti und Breakdance getreten sei. Zudem verweist er auf die gemeinsame Herkunft vieler Rapper und Fußballer, die ein gegenseitiges Verständnis füreinander fördern würden.
Fußball erscheint hier als Bindeglied zwischen den Jugendlichen, aber auch als Perspektive, es eines Tages raus aus dem Viertel zu schaffen. Hin und wieder schafft es ja jemand, also muss es doch möglich sein. Das gilt für Rapper ebenso wie für Fußballer. Die enge Verbindung zwischen dem Rapper Booba und den Spielern Karim Benzema, Serge Aurier und Franck Ribéry käme nicht von ungefähr, mutmaßt einer der Jungs in der Doku. Den Rappern reichten Stift und Papier, dem Fußballer ein Ball für den Aufstieg zum Superstar.