Lange Zeit waren Bundesligastürmer arme Schweine, weil Einzelkämpfer. Das bescherte uns zwar Maschinen wie Robert Lewandowski. Raubte uns aber auch jede Menge Schönheit. Ein Plädoyer für die Doppelspitze.
Très chic in dieser Hinsicht war zuletzt jede Form der Dreierkette. Wer die nicht hatte, hatte nichts mehr, jedenfalls keine guten Argumente an den Stammtischen und erstaunlicherweise auch in vielen Redaktionen der Republik. Dass ein Sieg auch dann noch drei Punkte einbrachte, wenn er mit einer Viererkette oder gar keiner Kette errungen wurde, vielleicht auch nur, weil man schlicht die besseren Fußballspieler in den eigenen Reihen hatte, ganz egal in welcher Formation die nun über den Platz liefen, mutete fast schon wunderlich an.
Aber die Jagd nach der Moderne hat auch einen Vorteil. Denn das Ideenreservoir ist endlich und so kommt irgendwann einfach alles wieder und manchmal ist man gnädig und nennt es Renaissance.
So erleben wir derzeit eine der Doppelspitze! Das ist nicht nur schön, weil es modern ist, sondern auch einfach so. Weil doppelt fast immer besser ist. Weil doppelt besser hält und doppelt glücklich macht. Gleich zehn Bundesligamannschaften haben am vergangenen Spieltag mit zwei Stürmern gespielt. Richtige Stürmer. Keine inverse Außen, keine abkippende Irgendwas. Einfach: Stürmer. Zumindest, wenn man den Taktik-Tafeln der Magazin gewordenen Fußballbibel des „Kicker“ glauben schenkt.
Ying und Yang des Rasens
Der VfL Wolfsburg etwa spielt schon seit einiger Zeit mit gleich zwei Stürmern. Selbst dann, wenn der etatmäßige Stürmer Nummer zwei, wenn Daniel Ginczek verletzt ausfällt. Und neben der niederländischen Menschenmühle Wout Weghorst (1,97 Meter!) ein kleiner Schweizer namens Renato Steffen (1,70 Meter) wuseln darf.
Aber genau das ist ja die Magie der Doppelspitze. Dieses Ying und Yang, eingefangen im Rechteck des Rasens. Wenn aus zwei unterschiedlichen (Spieler-)Typen eine bessere Einheit wird. Das ewige Liebesversprechen, das in der Liebe, also der romantischen, so aussichtslos scheint und im Fußball zur Wahrheit wird: Wenn aus zwei Individuen ein besseres, gemeinsames Ich wird.
Gerd Müller und Uli Hoeneß. Romario und Bebeto. Und vielleicht sogar Ebbe Sand und Emile Mpenza.
Schön ist, was modern ist. So wie die Doppelspitze. Vielleicht erkennen ja bald schon noch mehr Trainer die Zeichen der Zeit. Falls nicht, ist Trost jedoch schnell bei der Hand. Denn mindestens genauso wahr ist schließlich: Schön ist, was erfolgreich ist.