Der 1. FC Nürnberg steht auf einem Abstiegsplatz und reagiert darauf mit stoischer Gelassenheit. Das kann man kritisieren. Und muss es zugleich loben.
Richtig grausam wird es ja oft erst, wenn eigentlich schon längst alles vorbei ist. Dann, wenn die Sieger über die Verlierer nur Gutes sagen: „Toll gekämpft! Das Beste aus den Möglichkeiten gemacht! Nie aufgegeben!“
Dinge, die man natürlich auch nur sagt, um sich selbst in noch helleres Licht zu schubsen. Seht her, wie groß mein Herz ist, wie sehr ich die Leistung meines Gegenüber anerkenne, ich selbstloser Hero. Dinge, die man natürlich auch nur sagt, weil man weiß, dass es ja so oder so nicht gereicht hätte für den anderen. Denn dessen Möglichkeiten waren nunmal viel zu begrenzt, und so gut er auch gekämpft hat, es wäre nie genug, die ungleiche Ausgangslage wettzumachen. Und das mit dem Aufgeben, das erledigt sich eh von allein. Und ist es eigentlich nicht viel schlimmer, wenn einem jemand anderes sagen muss, dass es vorbei ist?
Mit dem 1. FC Nürnberg ist es etwas anderes. Denn erstens hat der „Club“ noch nicht verloren, schließlich ist er noch nicht abgestiegen aus der Bundesliga, und zweitens kann man trotzdem schon jetzt und reinen Gewissens sagen: Respekt!
Alles zu wenig? Vielleicht, aber
Denn der Verein hat in der Winterpause und am Transfermarkt so gut wie nichts unternommen und das war genau richtig so. Also gut, man hat Ivo Ilicevic verpflichtet. Der hat immerhin acht Länderspiele für Kroatien in seiner Vita stehen und mehr oder minder eindrucksvoll Station sowohl beim 1. FC Kaiserslautern als auch beim Hamburger SV gemacht. Ehe er zuletzt bei den kasachischen Giganten von Kairat Almaty (36 Spiele, 17 Scorerpunkte) nach Ruhm und Ehre trachtete. Doch ansonsten – nichts.
Den Fans, Experten und überhaupt allen Kritikastern rund um den Verein war das entschieden zu wenig. Und dann rühmten sich die Klubverantwortlichen auch noch für ihre Ruhe. Und womit? Mit Recht!
Drei bis fünf Millionen, die genaue Summe wollte niemand benennen, hätte man wohl gehabt. Doch dafür, so Manager Andreas Bornemann, hätte es eben nichts gegeben, das besser gewesen wäre als das, was einem bereits zur Verfügung steht.
Das zu beurteilen ist nahezu unmöglich. Zwar gibt es auch in Zeiten, in denen „drei, vier Millionen“ das neue „ablösefrei“ sind (Zitat Bornemann im Interview mit nordbayern.de) noch Schnäppchen, dafür muss man nur nach Frankfurt schauen (Luka Jovic – Leihgebühr 0,2 Millionen Euro, Danny da Costa – Ablösesumme 1 Millionen Euro, Ante Rebic – 2 Millionen Euro Ablöse und und und). Aber es ist eben auch nicht jedes Schnäppchen ein potentieller Volltreffer. Und Aktionismus oft nur ein anderes Wort für Verzweiflung.
Ein wirklich herausragendes Lob aber gebührt dem 1. FC Nürnberg dafür, dass er nicht „ins Risiko“ gegangen ist. Dass er nicht auf Pump Spieler geholt hat, von denen man sich relativ sicher gewesen wäre, dass sie einen sportlichen Mehrwert liefern.
Denn im Fußball, im Sport generell, geht es schließlich darum, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln das bestmögliche Resultat zu erzielen. Alles andere ist Doping. Da macht es keinen Unterschied, ob ein Radfahrer seine Blutwerte hochjagt oder ob ein Fußballverein sich tief verschuldet, um am Ende vor seinen Mitstreitern zu landen.
Applaus, Applaus
Dass sich viele Klubs daran nicht für einen Augenblick stören, dass die Verbände sie gewähren lassen, ganz egal, ob sie unlauter alimentiert werden, immer wieder Schulden anhäufen und schließlich erst von mehr oder minder dubiosen Geldgebern oder gar dem Steuerzahler gerettet werden, vergrößert zwar die Schwere der Aufgabe, derer sich der 1. FC Nürnberg zu stellen hat, macht das Handeln des Klubs aber kein bisschen weniger richtig.
Und sollte der Verein am Ende der Saison also tatsächlich absteigen, dann lässt sich vermutlich vieles diskutieren. War der spielerische Ansatz des Trainers richtig? War der Kader bestmöglich zusammengestellt? Ist der „Club“ wirklich ein Depp? Und über nichts davon muss man zwangsläufig Positives berichten, schließlich wird es ja dann oftmals erst so richtig grausam.
Aber dafür, dass sich der 1. FC Nürnberg in der Winterpause 2018/19 nicht übernommen hat, dass er keine Schulden aufgenommen hat, nur um darauf zu spekulieren, es vielleicht so zu packen, und dann hätte es sich ja gelohnt, dafür gibt es nur eines: Applaus.