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Timo Werner wirkte ratlos, obwohl er das eigent­lich gar nicht war. Ich weiß nicht, was die Gemüter so bewegt. Monate‑, jah­re­lang wurden Schwalben gemacht“, sagte Werner, nachdem sein zweites Län­der­spiel erneut zu einem Spieß­ru­ten­lauf geworden war. Und bei mir wird es so auf­ge­bauscht, nur, weil ich bei RB spiele.“ 

Wer­ners Satz war ein Wider­spruch in sich, schließ­lich erklärte er die lei­den­schaft­li­chen Pfiffe des Publi­kums ganz gut: Es geht weniger um die Schwalbe Wer­ners, viel­mehr darum, in wel­chem Trikot er sie gemacht hat. Werner hat betrogen, in einem Spiel für einen Klub, den viele Fuß­ball­fans ganz gene­rell als Betrug emp­finden. Indes: Mit Pfiffen ist es in der Causa Werner nicht mehr getan. Auf Mal­lorca gibt es mitt­ler­weile T‑Shirts mit Werner-Schmä­hungen zu kaufen, eine Bal­ler­mann-Schmeiß­fliege namens Ikke Hüft­gold hat Werner gar ein Lied“ gewidmet, das nie­mand hören sollte, der nicht direkt zehn IQ-Punkte ver­lieren will.

Schäbig, dumm und unver­ant­wort­lich

Nun sollte man Idioten wie Hüft­gold oder irgend­welche Bal­ler­mann-Prolls im besten Falle sowieso igno­rieren. Dum­mer­weise scheint sich aber die Werner-Schmä­hung bei Län­der­spielen als Pro­test­form eta­bliert zu haben. Und das ist falsch. Schließ­lich spre­chen wir hier von einem 21 Jahre jungen Mann, dessen Ange­fasst­heit in der Mixed Zone deut­lich zeigte, dass es ganz und gar nicht an ihm abperlt, wenn er bei jeder Ball­be­rüh­rung aus­ge­pfiffen wird. Einen jungen Sportler derart an den Pranger zu stellen, weil er bei einem unlieb­samen Verein spielt, ist schäbig, dumm und unver­ant­wort­lich. 

Und dar­über hinaus eine Pro­test­form, die ihrem eigent­li­chen Ziel ent­ge­gen­wirkt. Kritik an RB Leipzig ist richtig und wichtig, sie wird aber am wenigsten Gehör finden, wenn man einen RB-Spieler öffent­lich auf­frisst. RB-Boss Oliver Mintzlaff sprang seinem Stürmer rich­ti­ger­weise zur Seite, er nahm die Pfiffe aber ebenso dankbar zum Anlass, in Gänze über deut­sche Fuß­ball­fans zu urteilen: Wenn man sich alle Vor­fälle der ver­gan­genen Saison im deut­schen Fuß­ball einmal anschaut, sollte auch der Letzte kapiert haben, dass das Bild, wel­ches von soge­nannten Fans gezeichnet wird, teils ver­hee­rend ist.“

Nar­rativ der RB-Opfer­rolle

Eine jener Steil­vor­lagen, die Mintzlaff gerne ver­wertet, um weiter am Nar­rativ der RB-Opfer­rolle zu stri­cken. Denn aus dieser heraus lässt sich sach­liche Kritik an RB und dessen Machen­schaften ein­fa­cher abbü­geln. Zur Erin­ne­rung: Als Köln-Fans mit einer Sitz­blo­ckade fried­lich gegen Red Bull pro­tes­tierten, for­derte Mintzlaff Sta­di­on­ver­bote. 

Die Devise der pfei­fenden Fans bei Län­der­spielen müsste also heißen: Don’t hate the Player, hate the Game.“ Denn auch wenn der Bun­des­trainer und etliche Kol­legen Timo Werner nach dem Spiel gegen San Marino zur Seite sprangen: Die Pfiffe werden Werner nicht weniger schmerzen, nur weil sie eigent­lich seinem Arbeit­geber gelten. Viel­leicht fällt den Anhän­gern also bis zum nächsten Län­der­spiel eine Art und Weise ein, ihren Unmut über Red Bull zu arti­ku­lieren, ohne einen 21-Jäh­rigen öffent­lich zu demon­tieren.