Mabuse, das Hamburger Derby wurde vor zwei Wochen wegen Dauerregens abgesagt. Heute findet es statt. Würdest du hingehen, wenn dir jemand eine Karte schenken würde?
Mabuse: Nein. Das ist mir zu hirnrissig.
Warum hirnrissig?
Mabuse: Früher war das ‚ne andere Sache, da bin ich gerne hingegangen. Irgendwann wurde es dann so hochgespielt: HSV gegen den FC St. Pauli, Pfeffersäcke gegen Störtebecker. Heute gibt es peinliche Leute auf beiden Seiten.
Warum unterscheiden sich die beiden Vereine nicht?
Mabuse: Das ist schwer zu sagen (schweigt kurz). Beides geht allmählich ineinander über.
Bist du denn in den Achtzigern mit Herzblut St.Pauli-Fan gewesen, weil es der etwas andere Verein war?
Mabuse: Genau das. Die sogenannten Profis, das Umfeld – da hatte ich keinen Bock mehr drauf. Der Kontakt zu den Spielern bestand doch noch kurz zuvor, und dann war er plötzlich weg. Wer war damals noch Torwart? „Panther“ Matthias Jahnke! Das war 1984 oder so. St. Pauli steigt auf, steigt auf, steigt auf. Von der Oberliga in die erste Liga, von Saison zu Saison. Das war der Hammer für einen St.Pauli-Fan – oder für einen Sport-Fan.
Jetzt ist es doch genauso klasse: Der Klub ist nach vier Jahren Regionalliga und drei Jahren 2. Liga nun wieder in der Bundesliga gelandet.
Mabuse: Ich finde das geil.
(Mabuse trägt einen Schlüsselanhänger von Altona 93 am Reißverschluss des warmen Fleece-Pullis. Auf einer Seite mit dem Werbe-Emblems von Barthel-Armaturen, der Firma des Altona-Präsidenten Dirk Barthel.)
Cooler Schlüsselanhänger! Zahlt Barthel denn dafür?
Mabuse: Und das Geld spende ich dann fürs neue Stadion? Hör mir auf, die haben jetzt auch Stress. Das Finanzamt haben sie an den Hacken. Der nächste Verein bitte. Das ist echt abgefahren. Es geht zu viel um Geld, es wird geschoben – ich mag das nicht.
Der FC St. Pauli hatte jetzt den Wettskandal. Klingt aber nicht so, als wenn du den Klub gar nicht mehr abkannst?!
Mabuse: Ich verfolge St. Pauli. Der Wettskandal ist ein kleiner Rand.
Was ist mit dem HSV?
Der HSV wird kein Problem haben. Obwohl, die haben auch Schulden.
Sind Klassen unter der Oberliga auch ein Thema für dich?
Mabuse: Ja, hier gibt es gleich um die Ecke einen kleinen Verein, der heißt Union 03 (das Stadion liegt inmitten einer morbiden Brachlandschaft flankiert von roten Klinkerbauten. Hier fand 1903 die erste deutsche Fußballmeisterschaft statt, ein Turnier mit sechs Teams. Der VfB Leipzig schlug im Finale den DFC Prag, d. Red.). Kennste das Stadion? Morgens um Zehn in Deutschland: Scheiß auf Knoppers, Union 03.
Scheiß auf Knoppers?
Mabuse: Mit dem Spruch gibt es einen Aufnäher, habe ich auch. Das ist so ein Verein – das ist einfach Fußball.
Was muss für dich denn im Vordergrund stehen?
Mabuse: Sport, einfach Sport. Dass die Leute auch Lust haben, zu einem Spiel hinzugehen und den Verein zu unterstützen. Man will Sport machen und Spaß dabei haben. Ich habe jahrelang selber Fußball gespielt.
Welche Position?
Mabuse: Alle möglichen. Hauptsächlich Verteidigung.
Warst du gut als junger Bursche?
Mabuse: Hat sich keiner beschwert. Außer die Gegenspieler.
Rustikaler Ausputzer?
Mabuse: Kannst du so sagen. Jetzt bin ich beim Bauwagen-Cup einmal im Jahr Schiedsrichter. Schieße den Ball manchmal zum Gegner.
Fußball und Kultur – geht das zusammen?
Mabuse: Ja, das geht schon in Ordnung. Fußball gehört dem oder dem – so was ist Blödsinn. Das Ding ist: Wenn du Fußball sehen willst, sollst du Spaß haben, wenn du Fußball spielst, auch.
Gibt es eine Parallele zwischen Fußball und Gesellschaft?
Mabuse: Das bleibt ja nicht aus. Wir haben mit Volker Ipppig in der Hafenstraße gelebt. Heute zieht man nach St. Pauli und ist ein geiler Mensch.
Welche Position nimmt Mabuse in diesem ganzen Zirkus ein?
Mabuse: Ich will Spaß haben und Fußball sehen.