Ohne sie würde kein Fußballspiel angepfiffen: Schiedsrichter. Und gerade in den unteren Ligen findet man ganz besondere Exemplare dieser Spezies. Zeit, sie ins Scheinwerferlicht zu rücken.
Der Streber
Die reguläre Anstoßzeit des Spiels verzögert sich regelmäßig um 45 Minuten, weil er erst alle Spieler genauestens auf zu lange Stollen, zu lange Fingernägel, Goldzähne, Armbänder, Schienbeinschoner, Restalkohol, Intimpiercings und den korrekten Sitz der Sporthose (14,73 Zentimenter oberhalb des Bauchnabels) untersuchen muss. Danach schreitet er den Platz ab, misst Höhe und Breite der beiden Tore, überprüft in einem komplizierten Testverfahren die maximale Spannkraft der Netze und hält ein Kurzreferat über DIN-Normen und Zusatzparagrafen im Regelwerk. Im Anschluss noch einen chemischer Schnelltest der Linienmarkierung, um diese auf eventuelle Schadstoffe zu überprüfen, sowie die Überprüfung der gültigen Gesundheitszeugnisse aller Anwesenden. Auch der vier Zuschauer und des Rauhaardackels. Ist das alles erledigt, muss nur noch schnell die Temperatur des Eissprays, sowie die Vollständigkeit der Sanitätskoffer gecheckt und eine Coaching-Zone nach DFB-Maßen abgekreidet werden, dann kann es schon losgehen. Nachdem er das Spiel tadellos geleitet und ein 46-seitiges Minutenprotokoll des gerade gepfiffenen 0:0 in der Kreisliga C angelegt hat, kann er endlich seinem zweiten Hobby nachgehen: dem ehrenamtlichen Eichen von Blitzanlagen.
Das Auge
Wenn er mit seinen weißen Hallentennisschuhen den Rasen betritt und zielsicher seinen Platz im Mittelkreis einnimmt, weißt du, dass das die Redewendung „Immer auf Ballhöhe“ für ihn keine Relevanz hat. Fouls, Handspiele, Abseitsstellungen, knifflige Zweikämpfe im Sechzehner – er fällt alle seine Entscheidungen mit einem Sicherheitsabstand von mindestens 40 Metern. Aber natürlich sind alle seine Entscheidungen goldrichtig. Meint zumindest er. Diskussionen zwecklos.
Der Schreihals
Auf einem durchschnittlichen Amateurfußballplatz wird mehr gebrüllt als in einem Affenkäfig bei der Fütterung. Trainer brüllen Spieler an, Spieler brüllen Betreuer an, Verteidiger brüllen Stürmer an, Zuschauer brüllen den Schiri an, Hunde brüllen Bälle an. Da ist es nur sinnvoll, dass auch der Schiedsrichter von der ersten Minute sein mächtiges Gorilla-Timbre durch die Sportanlage fegen lässt. Jedes Wort ist ein Peitschenschlag, gezeichnet von Wut und Abneigung. Wut auf alles. Eine emotionale Schieflage, ganz so, als hätte ihm jemand gerade das Auto geklaut. Mit seinem neuen Videorekorder im Kofferraum. Mit dem er gerade seine Lieblingsendung („Die schönsten Bahnstrecken“) aufnimmt. Die Frau des Schiris hat der Dieb natürlich stehen gelassen. Unmenschlich.
Der Dampfplauderer
Startet mit einem Handshake mit dem Vereinskneipenwirt, dann High Five am Würstchengrill, Schulterklopfen für den Platzwart und eine Bro Fist mit dem gegnerischen Trainer. Alte Hasen wissen: Wer bei drei nicht auf dem Kabinenklo verschwunden ist, wird in einen lockeren Smalltalk über das Wetter, das Jahr 1979 oder seine Kaninchenzucht verwickelt. Redet auch während des Spiels gerne, viel, oft und ausschweifend mit allen Anwesenden. Dabei ist es vollkommen egal, ob es um das Spiel oder sein Privatleben geht. Und wenn sich mal keiner mit ihm unterhalten will, dann redet er eben mit sich selbst – natürlich in der dritten Person – und kommentiert seine Leistung, sowie jede seiner Entscheidungen mit einem Schwall aus Komplimenten. Nach dem Abpiff dann wieder Handshake mit dem Vereinskneipenwirt, dann High Five am Würstchengrill, Schulterklopfen für den Platzwart und eine Bro Fist mit dem gegnerischen Trainer. Er liebt Sonntage.