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Es war das erste Spiel nach der kurzen Ära Ronald Koeman beim FC Bar­ce­lona. Die Kata­lanen star­teten schwung­voll in das Spiel gegen Depor­tivo Alaves. Allen voran: Sergio Agüero. In der 22. Minute ging er beherzt durchs Zen­trum und suchte den Abschluss. Der Schuss ging zwar weit vorbei, aber die Marsch­rich­tung war klar. Dann kam die 38. Minute. Schieds­richter Jorge Vaz­quez unter­brach das Spiel. Agüero fasste sich nach einem Luft­zwei­kampf benommen an die Brust und an den Hals. Es schien, als würde er keine Luft mehr bekommen. Sofort rief der Unpar­tei­ische das medi­zi­ni­sche Per­sonal aufs Feld. Minu­ten­lang behan­delte es den Stürmer, der anschlie­ßend immerhin selb­ständig den Platz ver­lassen konnte. Bar­ce­lona nannte im Anschluss zwar keine genaue Dia­gnose, Berichten zufolge soll der Argen­ti­nier jedoch unter einer Herz­rhyth­mus­stö­rung leiden. Agüero wird den Kata­lanen min­des­tens drei Monate fehlen.

Sergio Agüero ist kein Ein­zel­fall. Die Bilder von Chris­tian Eriksen, der bei der EM auf dem Platz zusam­men­sackte, dürften viele noch vor Augen haben. Der Fall des Dänen schärfte nicht nur in der Welt des Fuß­balls ein neues Bewusst­sein für Herz­pro­bleme. Der Umgang mit den Erkran­kungen bleibt hin­gegen schwierig. Eriksen bei­spiels­weise wurde ein Defi­bril­lator implan­tiert. Mit dem darf er aller­dings laut ita­lie­ni­schen Sta­tuten nicht mehr in der Serie A auf­laufen. Mitt­ler­weile wird über seine mög­liche Rück­kehr nach Ams­terdam spe­ku­liert.

Eine Moment­auf­nahme?

Bereits in den Wochen vor den Gescheh­nissen rund um Agüero geriet die The­matik wieder in den Vor­der­grund. Ende Oktober brach Raphael Dwamena vom FC Blau-Weiß Linz am Spiel­feld­rand zusammen. Ein implan­tierter Defi­bril­lator sta­bi­li­sierte seinen Zustand beim Spiel gegen den TSV Har­burg aller­dings zügig wieder. Seit 2020 spielt er mit dem Implantat. Durch seine Herz­er­kran­kung platzte bereits 2017 ein Wechsel zu Brighton in die Pre­mier League. Dwamena konnte seitdem nie wieder an seine frü­heren Leis­tungen anknüpfen. Immerhin konnte er trotz Herz­fehler weiter spielen, obwohl das Spielen mit Defi­bril­lator unter Ärzten umstritten ist. Dazu später mehr.

In Nor­wegen spielte sich kurz darauf Ähn­li­ches ab. Am 1. November brach der Isländer Emil Pálsson kurz nach Anpfiff des Zweit­li­ga­spiels zwi­schen seinem Club Sogndal IL und Stjørdals/​Blink zusammen. Er musste noch vor Ort reani­miert werden und befindet sich mitt­ler­weile auf dem Weg der Bes­se­rung. Wann er wieder spielen kann, ist noch offen. Nicht alle dieser Fälle enden glimpf­lich. 2018 erlag der ehe­ma­lige ita­lie­ni­sche Natio­nal­spieler Davide Astori vom AC Flo­renz einem plötz­li­chen Herz­still­stand. 15 Jahre zuvor starb Marc-Vivien Foé an plötz­li­chem Herz­ver­sagen noch auf dem Feld.

Eine Sache von Spit­zen­sport­lern?

Berichte über Herz­er­kran­kungen bei Sport­lern scheinen sich in den Medien zu häufen. Kommen solche Erkran­kungen bei Spit­zen­sport­lern wirk­lich über­durch­schnitt­lich oft vor, oder häufen sich die Berichte nur auf­grund der medialen Prä­senz der Betrof­fenen?

Schon 2019 fragte Der Stan­dard: Herztod im Sport: Wieso pas­siert das so häufig?“ Der Kar­dio­loge Ivica Jukic erläu­terte damals, dass solche Vor­fälle vor allem bei Sport­lern ver­mehrt auf­treten würden und es nur ein kleiner Teil sei, von dem die Öffent­lich­keit erfahren würde: Viele Fuß­baller in unteren Ligen fallen plötz­lich tot um.“ Grund dafür sei laut Jukic, dass Sportler über ihre Grenzen gehen, zu wenig rege­ne­rieren und kaum Grund­la­gen­aus­dauer trai­nieren würden. Er kam zu dem Schluss, dass ein plötz­li­cher Herztod zwar jeden treffen könne, es bei Leis­tungs­sport­lern aber häu­figer der Fall sei. Das sehen jedoch nicht alle Medi­ziner so.

Im Gespräch mit 11FREUNDE erklärt Prof. Dr. Tim Meyer, Arzt der deut­schen Natio­nal­mann­schaft, dass Fuß­ball­spieler nicht anfäl­liger für Herz­er­kran­kungen seien als ihre Mit­men­schen. Im Gegen­teil, man wird ver­mut­lich sogar sel­tener solche Herz­er­kran­kungen finden – zumin­dest im Leis­tungs­be­reich.“ Gründe dafür seien unter anderem Vor­sor­ge­un­ter­su­chungen und eine eng­ma­schige medi­zi­ni­sche Betreuung. Spie­lern, bei denen dabei Erkran­kungen dia­gnos­ti­ziert werden, würde in der Regel von einer Kar­riere abge­raten. Außerdem kämen Per­sonen mit Vor­er­kran­kungen ohnehin mit gerin­gerer Wahr­schein­lich­keit in höhere Leis­tungs­be­reiche, weil ihr Leis­tungs­ver­mögen ein­ge­schränkt sei. Meyer fügt jedoch hinzu, dass Vor­sor­ge­un­ter­su­chungen kaum alle Erkran­kungen auf­de­cken könnten: Da kommt ein beschwer­de­freier Sportler zu uns und wir suchen die Nadel im Heu­haufen. Meis­tens ist da zum Glück keine, aber manchmal eben doch.“

Eine der Herz­er­kran­kungen, die keine Vor­sor­ge­un­ter­su­chung auf­de­cken kann, ist bei­spiels­weise die Herz­mus­kel­ent­zün­dung. Sie kann nicht sofort ent­deckt werden, weil sie zum Zeit­punkt einer Vor­sor­ge­un­ter­su­chung in der Regel noch gar nicht vor­liegt. Herz­mus­kel­ent­zün­dungen ent­stehen erst als Folge eines Infekts, der nicht ordent­lich aus­ku­riert wird oder spontan die Herz­mus­ku­latur befällt. Vor der Infek­tion kann somit nichts besorg­nis­er­re­gendes ent­deckt werden. Des­wegen plä­diert Meyer dafür, wäh­rend einer akuten Infek­tion auf Sport zu ver­zichten.