Henrik Larsson ist einer der wenigen Fußballer, den alle lieben – außer Rangers-Fans. Heute hat er Geburtstag. Ein Gespräch über Ronaldinho, Kautabak und den Verlust eines geliebten Menschen.
Im Jahr 1997 wechselten Sie von Feyenoord Rotterdam zu Celtic Glasgow. Ihr wichtigster Transfer?
Ich suchte ein neues Abenteuer. Celtic war ein mystischer Klub, das faszinierte mich.
Können Sie in Worte fassen, welche Bedeutung der Verein für seine Fans hat?
In meinem ersten Jahr hätten die Rangers zum zehnten Mal in Folge Meister werden können. Am vorletzten Spieltag hatten wir die Chance, ihnen diesen historischen Titel zu entreißen und selbst Meister zu werden. Doch wir spielten nur Unentschieden, das Titelrennen war wieder offen. Nach dem Spiel fiel mir ein alter Mann in die Arme und weinte. Er sagte immer wieder: „Ihr müsst diesen Scheißtitel für uns holen.“ Ich begriff, dass man nicht nur für sich und seine Mannschaft spielt, sondern für die Menschen, die für diesen Verein leben. Eine Woche später holten wir den Titel.
Bei Celtic erzielten Sie 174 Tore in 221 Spielen. Die Fans nennen Sie den „König der Könige“. Wann bekamen Sie mit, dass die Fans Sie in ihr Herz geschlossen hatten?
Ich habe das am Anfang nicht wahrgenommen. Eines Tages rief mich mein älterer Bruder an und erzählte, dass er ein Kind im Celtic-Trikot gesehen habe. Auf dem Rücken trug es meine Nummer. Die Sieben. Darüber stand: „God“!
Hat Sie die Liebe der Fans unter Druck gesetzt?
Für mich war es befremdlich, dass Menschen sich Poster von mir aufhängen oder mein Trikot tragen. Dafür bin ich nicht Profi geworden. Ich wollte nur auf dem höchstmöglichen Level Fußball spielen. Heute schmeichelt mir diese Verehrung natürlich. Ich bin glücklich, dass ich anderen so viel Freude machen konnte.
„Auch wenn ich talentierter war als andere, habe ich Drecksarbeit verrichtet“
Haben Sie sich mal gefragt, warum die Fans gerade Sie als „König“ auserkoren hatten?
Meine Tore waren sicher ein Grund. Der Gedanke, dass das Kollektiv über dem Einzelnen steht, war Teil der schwedischen Kultur, in der ich aufgewachsen bin. Ich habe ihn auf mein Spiel übertragen. Auch wenn ich talentierter war als andere, habe ich Drecksarbeit verrichtet. So etwas erkennen Fans sofort. Außerdem lebte ich nach dem Motto: Sei ehrlich. Bevor du lügst, halt lieber die Klappe!
Mit Celtic spielten Sie regelmäßig im Europapokal und wurden Stammspieler in der schwedischen Nationalmannschaft. Sie waren endlich auf der großen Bühne angekommen.
Ich fand meine innere Ruhe und spürte, wie mein Selbstbewusstsein wuchs. Bis dahin hatte ich mich oft gefragt: „Bin ich überhaupt gut genug, um Profi zu werden?“ Jetzt wusste ich: „Bin ich fit, führt kein Weg an mir vorbei.“ Befreit von Selbstzweifeln, konnte ich mich auch auf dem Feld frei entfalten. Davon hatte ich immer geträumt.
„Ronaldo nannte mich Idol. Ist das nicht bizarr?“
Ein Selbstverständnis, das an Ihren Landsmann Zlatan Ibrahimovic erinnert.
Sein Ego wäre wertlos, wenn er nicht diese unglaublichen Fähigkeiten hätte. Begabung kann man eben nicht vortäuschen. Er steht aber auch für einen Wandel in unserer Gesellschaft. Zu meiner Zeit stand die Mannschaft über dem Einzelnen, heute regieren die Individualisten. Aber ohne Mannschaft ist jeder chancenlos – im Fußball wie im Leben.
Haben Sie je einen selbstbewussteren Spieler kennengelernt als Ibrahimovic?
Martin Dahlin. An ihm perlte jede Kritik ab. Wenn er sein Trikot überzog, sagte er immer: „Heute werde ich sowieso treffen.“ Er behielt sehr oft recht.
Sie haben mit zahlreichen Weltstars zusammengespielt. Wer war der beste?
Ronaldinho. Er sah Lücken, wo andere längst aufgegeben hätten. Wenn er den Ball am Fuß hatte, war er der glücklichste Mensch. In jedem Training. 98 Prozent der Tage strahlte er, und das ist noch untertrieben. Wenn er morgens in die Kabine kam, warst du automatisch auch gut gelaunt.
Haben Sie ihn näher kennengelernt?
Als wir uns an meinem ersten Tag beim FC Barcelona trafen, war er sehr aufgeregt und erzählte, wie er mich bei der WM 1994 bewundert hatte. Seine Augen leuchteten. Ich dachte, er veralbert mich, aber er sagte: „Du bist mein Vorbild, Henke!“ Fortan nannte er mich „Idolo“, also Idol. Ist das nicht bizarr?