Am Samstag steigt das Endspiel um die Copa Libertadores: Palmeiras gegen Flamengo. Mittendrin: der 36-jährige Diego. Der will sich im Estadio Centenario von Montevideo unsterblich machen.
Es sind „nur“ 1.800 Kilometer von Rio nach Montevideo. Keine Strecke eigentlich, gemessen an den unendlichen Weiten Südamerikas. Doch für Diego Ribas da Cunha ist es eine ganz, ganz große Reise. Vielleicht sogar die letzte in seiner glanzvollen Karriere als Fußballer. Am Samstag trifft Diegos Arbeitgeber Flamengo im Finale der Copa Libertadores auf Palmeiras aus Sao Paulo. Ein rein-brasilianisches Duell im Nationalstadion des Erzrivalen Uruguay, der 1950 ausgerechnet in Rio Weltmeister geworden war. Besser geht’s kaum – auch, weil die Corona-Situation am Mar de la Plata halbwegs entspannt ist.
Vor zwei Jahren gewann Flamengo das Endspiel um die begehrteste Klubtrophäe Südamerikas mit 2:1 gegen River Plate aus Buenos Aires – obwohl die Brasilianer in Lima fast 80 Minuten mit 0:1 in Rückstand gelegen hatten. Die Wende kam (auch) dank Diego: Der ehemalige Bremer und Wolfsburger war in der 66. Minute für Gerson eingewechselt worden und hatte dem Offensivspiel einen Booster verpasst. Der Lohn: ein später Doppelschlag durch Gabriel Barbosa (89./90.+2) und der legendäre silbern-glänzende Pokal. Es war schon das zweite Mal, dass der „Clube de Regatas do Flamengo“ auf dem mächtigen hölzernen Sockel der Copa verewigt wurde.
Das diesjährige Finale könnte für den leicht ergrauten Diego zur absoluten Krönung seiner Laufbahn werden. Mit seinem zweiten Triumph bei der Copa Libertadores könnte Flamengos Kapitän sogar die ewige Klub-Ikone Zico überholen. Der „weiße Pelé“ hatte den Wettbewerb 1981 mit den Schwarz-Roten gewonnen – durch ein 2:0 im dritten und entscheidenden Finalspiel gegen CD Cobreloa aus Chile. Zweifacher Torschütze damals, na klar: Zico.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Diego am Samstag das Finale entscheidet, ist jedoch gering. Zumindest auf den ersten Blick. In der abgelaufenen Saison der brasilianischen Serie A hat er ganze 16 Spiele bestritten, davon lediglich vier über die vollen 90 Minuten. Ein Assist oder gar ein Tor gelang Flamengos Nummer 10 nicht. Spektakulärster Eintrag im persönlichen Leistungsnachweis: eine verdiente Rote Karte beim 3:0 gegen EC Bahia am drittletzten Spieltag. Diego ist noch immer ein Hitzkopf.
In der Copa Libertadores lief es besser für den Mann, der sich einst zu den engsten Freunden der Delmenhorster Pop-Queen Sarah Connor zählen durfte. In neun von bisher zwölf Saisonspielen stand Diego auf dem Rasen, achtmal sogar von Beginn an. International ist der Rechtsfuß, der auch beim FC Porto, für Juve, Atlético und Fenerbahce spielte, noch immer wichtig. Das weiß auch Flamengo-Trainer Renato Portaluppi (59). Diego ist zwar nicht mehr der draufgängerische „Zehner“ von einst, der in 83 Bundesliga-Spielen für Werder 38 Tore markierte. Doch er ist noch immer ein Gewinner-Typ, ein Leader. Eine der wenigen Identifikationsfiguren im südamerikanischen Vereinsfußball.