Hertha steckt in der Bundesliga in Schwierigkeiten. Jetzt soll Sami Khedira helfen und den Klub vor dem Abstieg bewahren – zumindest für die nächsten vier Monate. Dass die Voraussetzungen nicht die besten sind, weiß er.
Wer Khedira kennt, weiß, dass er neben seinen sportlichen Qualitäten einen ausgesprochenen Willen und großen Ehrgeiz besitzt. Seit Jahren legt er Wert auf Ernährung und Regeneration bis hin zur mentalen Präparation für optimale Leistungsbereitschaft. Er hat schon immer viel dafür getan, seine Karriere zu erhalten und zu verlängern.
Denn schon früh wurde er von teils schweren Verletzungen heimgesucht. Nun ist er – wie man so schön sagt – in die Jahre gekommen. Das ist keinesfalls ehrenrührig für einen Profifußballer jenseits der Dreißig, der mehr zehn Jahre auf höchstem Niveau spielte. Auf all seinen Profistationen ist er Meister geworden: in Stuttgart (2007), später bei Real Madrid (2012) und bei Juve seit 2016 fünf Mal hintereinander. Mehr als 300 Pflichtspiele hat er für Real und Juventus bestritten.
Jetzt, nach zehneinhalb Jahren, kommt er in die Bundesliga zurück. Auch Khedira weiß, dass er die Zeit nicht so leicht ausspielen kann wie so manchen Gegner auf dem Platz. „Ich muss mich reinfinden, muss intelligent spielen“, sagt Khedira. „Und ich habe Lust.“ Das erste Mal in seiner Karriere geht es nicht um Pokale und Meisterschaften, mit Hertha geht es schlicht darum, die Klasse zu halten.
Die Pläne des Vereins waren andere. Im vorigen Jahr wurden 110 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben. „Ich freue mich auf die Mannschaft“, sagt Khedira. „Die Mannschaft ist talentiert und sehr jung. Ich bin aber von meinen Qualitäten überzeugt und bin bereit, dafür zu leiden.“
Vieles spricht für Khedira, bis auf das Alter. Von ihm gibt es einen Satz, den er vor der WM 2010 sagte, als er beim Turnier den verletzten Michael Ballack zu ersetzen hatte, den damals wichtigsten deutschen Spieler. Damals war Khedira 23 Jahre alt. Für ihn gebe es kein Jung oder Alt. Es gehe darum, ob du – je nach Alter – schon oder noch die nötige Power hast.
Damals machte er Ballack vergessen. Seitdem sind mehr als zehn Jahre vergangen. Khediras Spiel lebte immer von körperlicher Robustheit, von strategischer Reife und Präsenz sowie einem ausgeprägten Leadership. Spieler wie er bringen sich mit viel Verve ein, sie dienen einer Mannschaft. Khediras Art zu spielen hatte immer etwas Treibendes, Draufgängerisches, aber auch Wachsames. In seinen besten Jahren verehrten sie ihn in Madrid und Turin dafür.
Die Frage ist, ob er daran wird anknüpfen können? Und wie viel Ehrgeiz und Wille verträgt sein von Verletzungen und Krankheiten geplagter Körper noch? Der prominente Neuzugang bleibt bescheiden. „Ich bin nicht der Big Boss, nicht der große Retter, sondern sehe mich als Teil des Teams“, sagt Khedira. Er komme als Spieler, der seine Erfahrungen einbringen möchte „und wenn es nötig ist, auch mal klare Ansprachen macht.“ Vielleicht schon gegen die Bayern? „Der Trainer entscheidet, ob es reicht.“
Dieser Text stammt aus dem Tagesspiegel und erscheint im Rahmen einer Kooperation.
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