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Seite 2: Ein langes Nachspiel

Auf der anschlie­ßenden Pres­se­kon­fe­renz deutet Chemie-Trainer Miroslav Jagatic an, was aus seiner Sicht geschehen ist. Er sei in Deutsch­land geboren und auf­ge­wachsen und lasse sich bestimmte Dinge nicht sagen. Er wolle nicht ins Detail gehen, da er wisse, dass nicht alle BFCler so seien. BFC-Trainer Chris­tian Ben­bennek mode­riert Jagatic´ Anschul­di­gungen ab. Man könne auch erfahren genug sein, um in so einer Situa­tion ein­fach in die Kabine zu gehen. Außerdem werde er ja bei Aus­wärts­spielen auch bepö­belt. Die Sache scheint für ihn damit erle­digt.

Auf Twitter wird die BSG deut­li­cher. Berichtet Hit­ler­grüßen, Affen­lauten und gewor­fenen Gegen­ständen gegen Spieler und Funk­tio­näre. Am Fol­getag ver­öf­fent­licht der BFC eine Stel­lung­nahme, in der er vor allem das Ver­halten des Gäste-Trai­ners und der Chemie-Fans kri­ti­siert. Zwar betont der Verein, dass er sich gegen Ras­sismus ein­setze, Fehl­ver­halten der eigenen Anhänger, geschweige denn ein grund­le­gendes Pro­blem, wird darin aber kaum ein­ge­räumt. Hit­ler­grüße habe es nicht gegeben, wie auch die ört­liche Polizei nach Aus­wer­tung der Video­auf­nahmen bestä­tigt habe.

Unter­schied­liche Stel­lung­nahmen

Dem wider­spricht die Polizei. Gegen­über n‑tv sagte ein Spre­cher, dass das Ver­fahren mit­nichten ein­ge­stellt sei und man sehr wohl weiter ermittle. Der BFC betont zudem, dass es wichtig sei, dass eine wahr­heits­ge­mäße und sach­liche Auf­ar­bei­tung erfolgt und nicht durch fal­sche oder ein­sei­tige Bericht­erstat­tung unser Verein ver­ant­wort­lich gemacht wird.“

Auch Chemie Leipzig ver­öf­fent­licht eine aus­führ­liche Schil­de­rung der eigenen Sicht auf die Gescheh­nisse. Aus dem BFC-Block soll Jagetic Deine Sippe gehört ver­gast!“ zuge­rufen worden sein. Erst durch diese Äuße­rung habe der Trainer kurz­zeitig die Fas­sung ver­loren. Zugleich ver­ur­teile die BSG die uner­träg­liche Täter-Opfer-Umkeh­rung sei­tens des BFC Dynamo“. Die BSG erwarte eine Rich­tig­stel­lung des BFC Dynamo.

Erschre­ckende Tole­ranz

Ob der BFC dem nach­kommt, ist mehr als frag­lich. Zwar stimmt es, dass der Verein im Jugend­be­reich wert­volle Inte­gra­ti­ons­ar­beit leistet. In seinen Jugend­mann­schaften ist er mul­ti­kul­tu­rell auf­ge­stellt. Doch mit dem Kampf gegen Ras­sismus und Anti­se­mi­tismus im eigenen Sta­dion scheint sich der BFC schwer­zutun. Das mag daran liegen, dass es nach der Wende vor allem Per­sonen aus dem rechten Spek­trum waren, die noch zum Verein hielten, wäh­rend sich viele andere vom als Stasi-Club ver­schrienen BFC abwandten und der Verein durch die unteren Ligen düm­pelte. 

Heut­zu­tage bevöl­kern mit­nichten nur Nazis die Tri­bünen des Sport­fo­rums. Ver­mut­lich stellen ver­meint­lich unpo­li­ti­sche“ Fans die Mehr­heit. Die Tole­ranz dieser Masse gegen­über ras­sis­ti­schen Äuße­rungen ist den­noch erschre­ckend hoch. Viel­leicht hängt das halb­her­zige Enga­ge­ment des Ver­eins auch damit zusammen, dass der BFC in der Ver­gan­gen­heit kaum Kon­se­quenzen zu befürchten hatte. Der Nord­ost­deut­sche Fuß­ball­ver­band (NOFV) erweckte zuletzt häufig den Ein­druck, Ras­sismus im Sta­dion nicht wirk­lich kon­se­quent zu ver­folgen. Zu oft wurde weg­ge­schaut, häufig setzten der Ver­band und seine Sports­ge­richt­bar­keit frag­wür­dige Prio­ri­täten. Zumin­dest im aktu­ellen Fall hat der NOFV ange­kün­digt, sich intensiv“ mit den Vor­fällen beim Spiel zu beschäf­tigen. 

Auf­stieg als Chance?

Vor diesem Hin­ter­grund könnte der der aktu­elle sport­liche Höhen­flug des BFC Dynamo sogar ein mög­li­cher Schlüssel zur Ver­bes­se­rung sein. Mit 27 Punkten aus zehn Spielen führen die Wein­roten die Tabelle der Regio­nal­liga Nordost an. Sollte der BFC seine Leis­tungen bestä­tigen und nächstes Jahr unter den Augen einer grö­ßeren Öffent­lich­keit in der 3. Liga spielen, wäre die Zeit des Weg­schauens und Tole­rieren mög­li­cher­weise vorbei. Es müsste eine echte, kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit dem eigenen Anhang statt­finden.

Viel­leicht bestünde dann die Chance, ein Umfeld auf­zu­bauen, das Fans, die bereits zitierte Dif­fa­mie­rungen ver­wenden, nicht mehr tole­riert. Solange dieses Umfeld nicht geschaffen ist, wirken die Beschwerden von Ver­ant­wort­li­chen und Fans, dass ihr Kampf gegen Ras­sismus“ für Außen­ste­hende nicht mehr als ein Lip­pen­be­kenntnis sei, tat­säch­lich wie eine Täter-Opfer-Umkehr. Solange es bei dieser Wagen­burg­men­ta­lität bleibt, ist der BFC Dynamo tat­säch­lich ein Pro­blem­fall.