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Als sich Kevin Groß­kreutz am 15. Mai 2011 mal eben von der Bühne verzog, sich von zwei Ord­nern zum nahen Dixi-Klo schleppen ließ und ganz offen­sicht­lich die letzten beiden Biere aus­kotzte, hatte er einen pro­mi­nenten Zuschauer. Ein paar hun­dert Kilo­meter weiter ent­fernt saß Ivan Perisic vor dem Fern­seher und schaute sich die Meis­ter­feier von Borussia Dort­mund an. Voll­trun­kene Fuß­baller, lat­ten­stramme Trainer, rand­volle Fans – ganz Dort­mund gab sich an diesem Tag die Kante und fei­erte die über­ra­schende Meis­ter­schaft. Der WDR über­trug stun­den­lang live. Ob Ivan Perisic da schon ahnte, dass er bald Teil dieser Par­ty­clique sein würde?

Seit ges­tern Abend weiß jeder, der auch nur ein biss­chen auf schwarz-gelb steht, wer dieser Ivan Perisic ist. Nach 88 Minuten Dau­er­lauf auf das Tor des FC Arsenal, belohnte der Kroate sich und seine Mit­spieler mit einem wun­der­baren Vol­ley­treffer in den Winkel. Die Par­ty­clique, da war sie wieder. Dort­mund flippte aus. Und Ivan Perisic schüt­telte der Meute lässig den Sur­f­er­gruß ent­gegen. So macht man sich Freunde.

5,5 Mil­lionen Euro für einen 22-jäh­rigen Kroaten

5,5 Mil­lionen Euro hat Perisic den Dort­mun­dern gekostet. So viel Geld hat der BVB seit dem Kauf von Torsten Frings (kam 2002 für 8,5 Mil­lionen Euro aus Bremen) nicht mehr für einen Neu­ling aus­ge­geben. Und 2002, das war ein anderes Borussia Dort­mund. Hätte der Autor dieser Zeilen damals in einem Test­spiel gegen den BVB durch unbe­schreib­li­ches Glück einen Frei­stoß ins Tor gestol­pert, er wäre ver­mut­lich für vier Mil­lionen Euro aus der 11FREUNDE-Redak­tion raus­ge­kauft worden. Will sagen: Damals wedelte Borussia wie blöde mit den großen Scheinen und trieb sich fast selbst in den Ruin. Heute wird auch in Dort­mund ver­nünf­tige Trans­fer­po­litik betrieben. Des­halb sind 5,5 Mil­lionen Euro für einen 22-jäh­rigen Kroaten vom FC Brügge aus Dort­munder Sicht ein finan­zi­elles und sport­li­ches Wagnis.

Natür­lich wissen Jürgen Klopp und Kol­legen, wel­chen Roh­dia­manten sie sich da gean­gelt haben. In Kroa­tien, dem Land, das so wun­der­bare Spieler wie Boban, Suker oder Pro­sinecki her­vor­ge­bracht hat, gilt Perisic als kom­mendes Zug­pferd der Natio­nal­mann­schaft. U 17, U 19, U 21 – hat er alles gespielt. Ende März 2011 hat ihn Trainer Slaven Bilic mit seinem ersten Ein­satz in der A‑Nationalmannschaft belohnt (0:1 gegen Geor­gien). Der bel­gi­sche Ex-Fuß­baller Axel Lawaree, in Deutsch­land bekannt aus seinen Jahren für den FC Augs­burg und For­tuna Düs­sel­dorf, hat Perisic mit Michael Bal­lack ver­gli­chen. Und der ehe­ma­lige Schalker Ivan Rakitic geriet im Inter­view mit der Bild“-Zeitung gar ins Schwärmen: Glück­wunsch an den BVB und spe­ziell an Manager Michael Zorc und Trainer Jürgen Klopp. Beide haben wieder eine abso­lute Voll­gra­nate an Land gezogen!“

Das klingt alles prima, nur sollte man bedenken, dass der anschlie­ßend viel zitierte Lawaree Perisic´ Berater ist und Ivan Rakitic ein Kumpel aus dem Natio­nal­team. Objek­tive Ein­schät­zungen der Stärken und Schwä­chen des neuen Dort­munder Mit­tel­feld­spie­lers sind von diesen beiden Herren ver­ständ­li­cher­weise nicht zu erwarten.

Er wider­stand den Lock­rufen aus Ham­burg, Ams­terdam und Eind­hoven

Und doch scheint es so, als ob sich die 5,5 Mil­lionen auf Dauer für den BVB lohnen werden. Dafür spre­chen die phy­si­schen Vorraus­set­zungen: Perisic ist 1,87 Meter groß, tech­nisch beschlagen, beid­füßig, Kopf­ball­stark und auf nahezu allen Mit­tel­feld­po­si­tionen ein­setzbar. Das mögen Fuß­ball­trainer. Ein wei­terer Vor­teil für seinen neuen Klub: Perisic hat mit seinen 22 Jahren schon ver­gleichs­weise viel Erfah­rungen sam­meln können. Als 17-Jäh­riger zum nächsten großen kroa­ti­schen Star aus­ge­rufen, wech­selte Perisic im Sommer 2007 nicht zu den Inter­es­senten aus Ham­burg, Eind­hoven oder Ams­terdam, son­dern folgte dem Lockruf des ehe­ma­ligen fran­zö­si­schen Fuß­bal­lers Alain Perrin, einem aner­kannten Trai­ner­fuchs in Diensten des FC Sochaux. Zwei Jahre blieb das Talent ohne Ein­satz in der ersten Mann­schaft, statt­dessen erwarb er sich in den Nach­wuchs­mann­schaften die letzten Fer­tig­keiten für den Ein­stieg in die harte Welt der Profis. 2009 ver­lieh ihn der Klub nach Bel­gien zum KSV Roeselare, im glei­chen Jahr wurde Perisic schließ­lich für 600.000 Euro zum FC Brügge ver­kauft. Es gibt ange­neh­mere erste Jahre als Leis­tungs­sportler, aber es schult Demut und för­dert den Ehr­geiz. Auch das mögen Fuß­ball­trainer.

In Brügge ent­fal­tete sich das Talent des Kroaten wie eine Blume im Früh­jahr. Die stolze Bilanz: 35 Tore in ins­ge­samt 59 Spielen, 22 Tore davon in der abge­lau­fenen Saison plus zehn Assists. Die Voll­gra­nate“, da war sie also. Natür­lich wählten die Kol­legen den Tops­corer zum besten Spieler der Saison, so viele gute Spieler hat die bel­gi­sche Jupiler Pro League dann doch nicht zu bieten. Michael Zorc und Jürgen Klopp wurden auf Perisic auf­merksam und griffen schließ­lich zu. Für alle drei Ver­hand­lungs­partner ein guter Deal: Brügge strich 22 Mal so viel ein, wie es 2009 für den Spieler aus­ge­geben hatte, Perisic und sein Berater Lawaree freuten sich über viel Geld und ein Enga­ge­ment beim neuen Deut­scher Meister, der BVB konnte dank der sicheren Cham­pions-League-Teil­nahme mal wieder etwas groß­zü­giger sein und seinen Anhän­gern einen hoch­in­ter­es­santen Neu­zu­gang prä­sen­tieren.

Die Ver­ant­wort­li­chen rechnen schon nach, wie viel das Tor wert war

Sein Tor gegen den FC Arsenal hat Ivan Perisic nun in den Fokus der Öffent­lich­keit gerückt. Die Fans lieben ihn. Ein junger Neu­ling, der gegen Arsenal London in der 88. Minute ein Traumtor schießt – wel­chen Zuschauer wird das nicht beglü­cken? Jürgen Klopp und sein Team hoffen auf eine stetig wach­sende Ent­wick­lung der sport­li­chen Fähig­keiten, der schöne Vol­ley­treffer macht Perisic nur noch selbst­be­wusster. Und die Ver­eins­bosse- und ent­scheider um Manager Michael Zorc, Prä­si­dent Rein­hard Rau­ball und Geschäfts­führer Hans-Joa­chim Watzke haben sicher­lich schon einmal nach­ge­rechnet, wie viel das späte Tor ihres Neu­zu­gangs gegen Arsenal wert sein könnte – sollte Dort­mund die Grup­pen­phase über­stehen, fließen viele Mil­lionen Euro in die Ver­eins­kasse.

Gut für den BVB und für Perisic: Der nächsten feucht-fröh­li­chen Party in der Dort­munder Innen­stadt stünde dann nichts mehr im Weg. Kevin Groß­kreutz wäre ganz sicher mit dabei.