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Seite 2: Stiller Abschied

Ein paar Anstands­mi­nuten würde Edin Terzic ihm noch gewähren und dann könnte er seine müden Beine end­lich hoch­legen. Gegen die flinken seiner jungen Mit­spieler und die der Gegen­spieler hätte er sowieso kaum noch eine Chance.

Würde, hätte, könnte. Es kam natür­lich anders.

Weil sich der junge Mateu Morey schwer ver­letzte und Thomas Meu­nier nicht über­zeugte, musste Lukasz Piszczek plötz­lich wieder hinten rechts ran. Sein Tempo, die Physis, die Flan­ken­läufe, die tiefen Bälle: All das, was sein Spiel über ein Jahr­zehnt aus­ge­macht hatte, war ein wenig abge­klungen. Die Spiel­in­tel­li­genz, die Ruhe und das tak­ti­sche Ver­ständnis jedoch hatte er nicht ver­loren. Und so lie­ferte Piszczek auf seine alten Tage unver­hofft noch einmal Höchst­leis­tungen. In der wich­tigsten Phase der Saison sta­bi­li­sierte er die rechte Seite der Borussia. Und krönte in Berlin eine Kar­riere, die gar keine Krö­nung mehr benö­tigt hätte.

Zurück dahin, wo er Fuß­ball­spielen gelernt hat

Piszczek wollte unbe­dingt noch einen Titel mit dem BVB holen, hatte er gesagt. Also fegte er im Olym­pia­sta­dion 90 Minuten lang die rechte Seite rauf und runter. Dann flossen die Tränen. Die er wahr­schein­lich lieber irgendwo im Kabi­nen­trakt raus­ge­drückt hätte, wo keine Kamera auf ihn gerichtet war.

Ein Abschieds­spiel will er nicht, hat er schon gesagt. Er stehe nicht gerne im Mit­tel­punkt. Und auch, dass ihm ein volles West­fa­len­sta­dion am letzten Spieltag nicht ein zweites Mal beim Heulen zugu­cken kann, dürfte ihm viel­leicht sogar ganz recht sein. 

Also wird es nach der Saison für ihn zurück in seine Heimat gehen. Ohne großen Knall, ohne Runde um den Borsig­platz und ohne die Jungs von früher. Er geht dorthin zurück, wo er das Fuß­ball­spielen gelernt hat, zum LKS Goc­zal­ko­wice-Zdroj. Dort will er ein­fach noch ein biss­chen kicken und die von ihm gegrün­dete Jugend­aka­demie betreuen. Fernab sämt­li­chen Tru­bels. 

Der Ver­gleich schmä­lert die groß­ar­tige Erin­ne­rung“

Jürgen Klopp

Lukasz Piszczek wird dieser Rückzug bestimmt sehr glück­lich machen, in Dort­mund werden sie ihn ver­missen, den viel­leicht besten Rechts­ver­tei­diger der Ver­eins­ge­schichte. Aber auch das werden sie ver­kraften. Beim BVB kennt man sich inzwi­schen ja ganz gut mit melan­cho­li­schen Abschieden aus.

Als Jürgen Klopp den Verein 2015 ver­ließ, sagte er viele kluge Sätze. In einem warnte er davor zu ver­glei­chen. Denn der Ver­gleich schmä­lert die groß­ar­tige Erin­ne­rung und erschwert die groß­ar­tige Zukunft.“ Viel­leicht nimmt sich der Verein die Worte seines Ex-Trai­ners sechs Jahre später schließ­lich zu Herzen und beginnt damit, die ohne Frage groß­ar­tige Ver­gan­gen­heit schluss­end­lich abzu­legen und in die Zukunft auf­zu­bre­chen. Mit Lukasz Piszczek geht nun näm­lich das letzte Stück Ver­gan­gen­heit.