Emiliano Sala ist tot. Jetzt ist es Gewissheit. Und noch etwas müssen wir lernen: Statt um Trauer geht es den meisten aus seinem beruflichen Umfeld in erster Linie ums Geld.
Natürlich war es Zufall, eine Laune des Schicksals, dass zwischen der Flugzeug-Trägodie um Emiliano Sala (†28) und dem krankheitsbedingten Ableben von Rudi Assauer (†74) nur gut zwei Wochen lagen. Und doch hat ausgerechnet Assauer einen Satz geprägt, der die Begleitumstände um Salas Tod präzise auf den Punkt bringt: „Wenn der Schnee geschmolzen ist, siehst du, wo die Kacke liegt.“ Auf den traurigen Fall des Argentiniers bezogen, könnte man auch sagen: Wenn die weichen Wolken aus Beileidsbekundungen sich verzogen haben, siehst du, worum es wirklich geht im harten Profigeschäft.
Lange bevor die Polizei von Dorset am Donnerstagabend den Tod des Emiliano Sala offiziell bestätigte, war der Kampf um die Kohle entbrannt. Es geht um fällige Ablöse-Raten von Cardiff City an den FC Nantes, um finanzielle Nebenabsprachen, um bewusst gestreute Indiskretionen und um geleakte E‑Mails. Um Beraterprovisionen und Transferbeteiligungen. Um Versicherungssummen und Schadensersatzansprüche. Um Zahlungsfristen, um Ultimaten und um Klagen. Und um jede Menge Kleingedrucktes, dass letztlich nur Juristen verstehen.
„Wir müssen Respekt vor der Familie zeigen“
Laut BBC hat Salas Ex-Klub FC Nantes noch vor dem Fund der Leiche des Stürmers dem Cardiff City FC ein Ultimatum von zehn Tagen zur Überweisung der ersten Ablöse-Rate in Höhe gestellt: sechs Millionen Euro. Das Ganze nur wenige Tage, nachdem die Nantes-Spieler vor der Partie gegen St. Etienne in Trikots mit der Aufschrift „On t’aime Emi“ („Wir lieben dich, Emi“) zum Aufwärmen erschienen waren. Die Fans hatten derweil ein riesiges Banner präsentiert, das den Argentinier beim Torjubel zeigte.
Emiliano Sala wird nie wieder ein Tor schießen – weder für Nantes, noch für seinen „neuen“ Klub Cardiff City. Der walisische Premier-League-Neuling, der den Argentinier im Januar für rund 17 Millionen Euro aus Frankreich gekauft hatte, sei zwar grundsätzlich zur Zahlung der Ablöse bereit, so ein Vereinssprecher. Allerdings sei die exakte Klärung sämtlicher Umstände des Absturzes Bedingung. „Wir müssen Respekt vor der Familie zeigen“, betonte City-Boss Mehmet Dalman gegenüber „L’Equipe“.
Diese Anstands-Verpflichtung hinderte Cardiff offenbar nicht, schon einmal rechtliche Schritte gegen den auch am Freitag noch vermissten Piloten David Ibbotson (59) zu prüfen. Laut britischen Medien habe der nämlich nur eine private, aber keine gewerbliche Fluglizenz besessen. Passagierflüge hätte er somit gar nicht durchführen dürfen. „Cardiff hat seine Position sehr deutlich gemacht, dass es nichts mit der Organisation des Fluges zu tun hatte“, so der Klub. Stattdessen könnte man nun versuchen, finanzielle Verluste aus dem Sala-Transfer auf den Piloten bzw. auf dessen Unternehmen abzuwälzen.
Auch Bordeaux mischt mit
Insgesamt soll das „Paket Sala“ die Waliser rund 34 Millionen Euro kosten – inklusive Provisionen, Gehalt und Bonus-Zahlungen. Zwar war der Deal versichert, aber nur mit knapp 20 Millionen Euro. Die Differenz von etwa 16 Millionen droht nun als Abschreibung in den Büchern von Cardiff City stehen zu bleiben. Doch hinter den Kulissen unternimmt der Verein alles, um die Verluste zu minimieren.
Auch zwischen Bordeaux und Nantes dürften in den vergangenen Tagen die Drähte geglüht haben. Laut „BBC Wales“ ist Salas früherer Arbeitgeber Girondins nämlich mit 50 Prozent an der Ablöse beteiligt. Und beide, Nantes wie Bordeaux, schwimmen nicht gerade im Geld. Heißt: Sie würden ihren jeweiligen Anteil lieber heute als morgen einstreichen. Aus Nantes ist bereits zu hören, dass die Nordfranzosen zwei Rechtsanwälte mit der Prüfung juristischer Schritte gegen Cardiff beauftragt haben.