Lars Windhorst und Jürgen Klinsmann wollen Hertha BSC möglichst schnell ganz nach oben führen. Michael Preetz hingegen tritt auf die Bremse.
Gemessen an dem, wovon zeitweise die Rede war, ist die Transferperiode für Hertha BSC lange Zeit recht überschaubar verlaufen. All die großen Namen, die mit dem Berliner Bundesligisten in Verbindung gebracht worden sind, haben sich dann doch als eine Nummer zu groß herausgestellt. Am Ende ist kein Xhaka gekommen, kein Götze, kein Draxler, kein Weigl, kein Can. Stattdessen ein defensiver Mittelfeldspieler, der zuvor beim VfB Stuttgart in der Zweiten Liga gespielt hat.
Da drängt sich natürlich die Frage auf, wie solche Gerüchte überhaupt in die Welt geraten; welche Hoffnungen mit derart prominenten Namen geweckt werden; und wer am Ende dafür verantwortlich gemacht wird, wenn diese Hoffnungen unerfüllt bleiben.
„Es wird so viel Unsinn berichtet wie noch nie“
„Es ist spannend“, hat Michael Preetz, Herthas Manager und damit Hauptverantwortlicher für die Abwicklung von Transfers schon vor einer Woche gesagt. „Es wird so viel berichtet wie noch nie. Es wird aber auch so viel Unsinn berichtet wie noch nie.“
Seitdem ist noch einiges passiert. Man könnte auch sagen: Preetz hat gerade noch die Kurve gekriegt. Innerhalb von vier Tagen wickelte Herthas Manager die beiden teuersten Transfers der Vereinsgeschichte ab: erst für knapp 24 Millionen Euro den französischen U‑21-Nationalspieler Lukas Tousart, und dann am Donnerstagnachmittag auch noch den polnischen Stürmer Krzysztof Piatek, für den der AC Mailand je nach Quelle 22 bis 27 Millionen Euro erhalten soll.
Rund 50 Millionen in einer Woche für neue Spieler: Das sind jetzt also die Dimensionen, in denen Hertha BSC als Big City Club unterwegs ist. Jürgen Klinsmann gefällt das. Seitdem er in Berlin ist, übt Klinsmann nicht nur die Rolle des Cheftrainers aus, er gibt, quasi im Nebenjob, auch noch den Chefpropagandisten für den Investor Lars Windhorst und seine hochfliegenden Pläne. „Du musst als Berlin den Anspruch haben: Big Picture, groß denken“, hat Klinsmann vor kurzem gesagt. „Dann kostet es halt ein paar Euro, aber das gehört sich so.“
224 Millionen Euro hat Hertha seit dem Sommer von Investor Windhorst bekommen. 224 Millionen, mit denen der Traum vom künftigen Spitzenklub befeuert wird, der zwar noch im Abstiegskampf feststeckt, aber schon in absehbarer Zeit um den Meistertitel mitspielen soll. „Das ist alles realistisch, das ist alles machbar“, sagt Klinsmann. „Hier sind keine Größenwahnsinnigen am Werk.“
Das stimmt, wenn man davon ausgeht, dass vor allem Preetz als Geschäftsführer Sport weiterhin federführend am Werk ist. Herthas Manager hat trotz veränderter finanzieller Rahmenbedingungen versichert, „dass wir die Aspekte der Wirtschaftlichkeit nicht außer Acht lassen werden“, er hat sich sogar selbst als Bremser bezeichnet. Gemessen an Klinsmanns unerschöpflichem Optimismus, der prinzipiell alles für möglich hält, stellt sich Preetz bei Hertha BSC mehr und mehr als die Stimme der Vernunft heraus.
Inzwischen fragen sich viele: Gibt es womöglich zwei Herthas? Eine alte mit Bremsern wie Preetz und die neue der forschen Erneuerer? Preetz widerspricht diesem Eindruck bei jeder Gelegenheit und mit aller Vehemenz. Es gebe keinen Dissens zwischen der Vereinsführung und dem Investor. Beide eine dasselbe Ziel: Sie wollen mit Hertha nach oben.
Das stimmt. Aber es gibt einen Dissens, wie man dorthin kommen soll. Während es für Klinsmann und Windhorst gar nicht schnell genug gehen kann, spricht Preetz von organischem Wachstum. „Es wird Zeit brauchen“, sagt er.