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Seite 2: "Löws Konstanz auf diesem Level – beeindruckend!"

Joa­chim Löw ist nach der WM vom Co- zum Chef­trainer beför­dert worden. Bei Ihnen war es in der gerade abge­lau­fenen Saison bei der U 23 von Hertha BSC ähn­lich. Wie kom­pli­ziert ist eine solche Situa­tion?
Ich habe Jogi Löw als Co-Trainer ja nicht erlebt. Aber nach allem, was man weiß, glaube ich, dass das bei ihm ein naht­loser Über­gang war. Vieles von dem, was er als Chef­trainer gemacht hat, hatte er auch vorher schon unter Jürgen Klins­mann gemacht, die Trai­nings­in­halte fest­legen zum Bei­spiel. Außerdem hatte er vor seiner Zeit bei der Natio­nal­mann­schaft schon als Chef­trainer gear­beitet. Es geht dann um den eigenen Füh­rungs­stil und darum, dass du der­je­nige bist, der die Ent­schei­dungen treffen muss. Ich hatte nicht den Ein­druck, dass ihm das schwer­ge­fallen ist. Ich finde, er hat einen Top-Job gemacht.

Sie lachen.
Ja: Wer bin ich denn, dass ich das beur­teile? Unter Löw hat die Natio­nal­mann­schaft immer oben mit­ge­spielt, bis auf ein ein­ziges Tur­nier. Trotzdem wird nach einer Phase, in der es mal nicht so gut läuft, gleich die ganze Ära in Frage gestellt. Das begreife ich nicht. Wenn man sich Löws Bilanz über 15 Jahre anschaut, kann ich nur sagen: Cha­peau. Die Kon­stanz auf diesem Level – beein­dru­ckend!

Wie haben Sie seinen Füh­rungs­stil erlebt?
Sehr sach­lich. Sehr ruhig. Man darf aber nicht ver­gessen: Das ist nur eine Moment­auf­nahme. Ich habe Löw bei keinem großen Tur­nier erlebt, ich habe ihn nicht in bri­santen Qua­li­fi­ka­ti­ons­spielen erlebt. Jemand wie Philipp Lahm, der über Jahre mit ihm zusam­men­ge­ar­beitet hat, könnte da mit Sicher­heit mehr ins Detail gehen.

Was hat Löw aus­ge­zeichnet?
Tak­tisch und inhalt­lich ist er brutal stark, rhe­to­risch gut, dazu hat er die Dinge ein­fach sach­lich rüber­ge­bracht. Trotzdem hast du immer eine gewisse Energie gespürt. Er ist nicht ein­lul­lend. Jogi Löw hat dir ganz klar zu ver­stehen gegeben: Wie ist unsere Idee? Wie wollen wir spielen? Und was muss dafür umge­setzt werden? Man merkt ein­fach: Er ist sehr sicher. Sehr sou­verän. Viel­leicht beschreibt ihn das am besten. Er weiß, was er tut, er hat sehr viel Wissen, ist inhalt­lich sehr stark und dem­entspre­chend auch sou­verän in der Über­mitt­lung.

Er albert nicht mit den Spie­lern herum“

Malik Fathi über Joachim Löw

Für einen Trainer geht es immer auch darum, das rich­tige Ver­hältnis aus Nähe und Distanz zu seinen Spie­lern zu finden. Wo hat Löw sich da posi­tio­niert?
Das ist ein wich­tiger Punkt. Das merke ich selbst gerade. Ich bin eher jemand, der sehr nah an den Spie­lern dran ist. Joa­chim Löw ist schon eher der Trainer. Er albert nicht mit den Spie­lern herum. Das heißt nicht, dass er nicht auch mal lacht oder schmun­zelt. Aber bei ihm ist schon klar: Hier der Trainer, da die Mann­schaft. Und trotzdem ist er empa­thisch, auf seine sach­liche Art.

Man findet eigent­lich kaum einen Spieler, der etwas Schlechtes über ihn sagt.
Er bietet ja auch nicht viel Angriffs­fläche. Du kommst in eine Mann­schaft, die funk­tio­niert. Der Trainer ist nicht ego­zen­trisch, son­dern hat eine ganz ruhige, sou­ve­räne Aus­strah­lung. Dazu hat die Natio­nal­mann­schaft unter Löw immer auf einem Top­level gespielt. Das heißt, als Spieler ist es ein­fach geil, für die Natio­nal­mann­schaft zu spielen: Da läuft der Ball, und du bist die Mann­schaft, die das Spiel diri­giert. Und das seit inzwi­schen 15 Jahren, eigent­lich mit Beginn der Ära Löw. Davor gab es ja auch ein paar Jahre, in denen es nicht ganz so war. Wo sollte man da mit Kritik ansetzen?

Nach Ihrem Debüt sind Sie nur noch einmal, im Oktober 2006 in einem Freund­schafts­spiel gegen Geor­gien, für ein paar Minuten in der Natio­nal­mann­schaft zum Ein­satz gekommen. Wann war Ihnen klar, das war es jetzt mit meiner Län­der­spiel­kar­riere?
Als ich nicht mehr ein­ge­laden wurde (lacht). Im Herbst 2006 war ich eigent­lich immer dabei, in der Rück­runde ist es dann abge­bro­chen. Viel­leicht gibt es den einen oder anderen Spieler, der mal ver­sucht nach­zu­fragen, was eigent­lich los ist. Das habe ich nicht gemacht. Wenn du nicht mehr nomi­niert wirst, wird das schon seine Gründe haben. Das war’s dann halt.

Hatten Sie noch mal Kon­takt zu Löw?
Nicht wirk­lich. Als ich in Mainz gespielt habe, habe ich ihn noch mal gesehen. Aber über ein biss­chen Small­talk – Mensch, wie geht’s – ist das nicht hin­aus­ge­gangen. Mit Hans-Dieter Her­mann, dem Sport­psy­cho­logen der Natio­nal­mann­schaft, habe ich noch ein paar Mal geredet, weil mich das Thema Psy­cho­logie im Fuß­ball ein­fach brutal inter­es­siert.

„Was will man jemandem vor­werfen, der in all den Jahren mit der Natio­nal­mann­schaft immer ums Halb­fi­nale und Finale kreist?“

Löws wei­teren Wer­de­gang haben Sie nur aus der Ferne ver­folgt. Hat er sich ver­än­dert?
Ich maße mir nicht an, ihn cha­rak­ter­lich zu beschreiben oder zu beur­teilen. Dafür kenne ich ihn nicht gut genug. Wenn ich die Momente nehme, in denen ich ihn erlebt habe, dann kann ich nur sagen, dass er sich und seinem Stil treu geblieben ist. Wie er in stres­sigen Situa­tionen mit Kritik umgeht – das beschreibt ein­fach seine Cool­ness. Sou­ve­rä­nität steht bei ihm irgendwie über allem. Das hat ihn aus­ge­zeichnet: in guten Phasen, in Welt­klasse-Phasen, aber auch in weniger guten Phasen.

Trotzdem hat er vor allem seit der WM 2018 viel Kritik abbe­kommen.
Was will man jemandem vor­werfen, der in all den Jahren mit der Natio­nal­mann­schaft immer ums Halb­fi­nale und Finale kreist? Und in dem Fall dann eben nicht. Das ist die nega­tive Aura, die der Fuß­ball manchmal mit sich bringt. Wenn es mal nicht so läuft, will jeder seine Exper­tise kundtun.

Nach der EM über­nimmt Hansi Flick die Natio­nal­mann­schaft. Wie haben Sie ihn in Ihrer kurzen Län­der­spiel­kar­riere erlebt?
Als sehr ange­nehmen, sym­pa­thi­schen und sehr nah­baren Men­schen. Hans Flick ist jemand, bei dem du ein gutes Gefühl hast. Einer, der zuver­lässig arbeitet, aber das immer mit einem Lächeln.

Ist Flick die rich­tige Wahl für Löws Nach­folge?
Wenn man sich seine Erfolge bei den Bayern anschaut, ist die Ent­schei­dung absolut richtig. Vor dem, was Hansi Flick bei den Bayern geleistet hat, vor seiner Qua­lität, kann man nur den Hut ziehen. Wenn er es hin­kriegt, diese Qua­lität auf die Natio­nal­mann­schaft zu über­tragen, werden wir sehr viel Spaß mit der Natio­nal­mann­schaft haben.

Dieses Inter­view stammt von tages​spiegel​.de und erscheint an dieser Stelle im Rahmen einer Koope­ra­tion.

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