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Seite 2: „Als ich das gesehen habe, musste ich schlucken“

Was hat Ihnen bei der Suche nach Rhythmus geholfen?
Mein kleiner Sohn, der auch nicht in die Kita gehen konnte. Um ihn herum haben wir ver­sucht, unseren Tag zu regeln. Wir sind mor­gens spa­zieren gegangen, dann habe ich auf ihn auf­ge­passt, wäh­rend meine Frau gear­beitet hat. Und am Nach­mittag bin ich runter in den Keller und habe per Video­schalte mit der Mann­schaft die Fit­ness­ein­heiten absol­viert.

Wie hat das funk­tio­niert?
Nach­prüfen, ob einer bescheißt, ist auf jeden Fall schwie­riger. (Lacht.)

Was hat Ihnen im Ver­gleich zum Alltag gefehlt?
Das Zwi­schen­mensch­liche in der Kabine. Ich meine, wir sind 25 Männer auf einem Haufen. Jeder, der in einer Ama­teur­mann­schaft spielt, weiß, wie lustig das ist.

Hatten Sie Exis­tenz­ängste? Der Verein drohte, in die Insol­venz zu geraten.
Für die Ver­eine ist es schon eine schwie­rige Phase, vor allem, wenn die Saison abge­bro­chen werden würde. Und auch wenn ich die genauen Zahlen nicht kenne, erahne ich, was das für die Exis­tenzen unserer Mit­ar­beiter bedeuten könnte. Auch wenn ich als Profi sicher­lich pri­vi­le­giert bin.

Inwie­fern?
Uns plagen eben keine Exis­tenz­ängste. Aber natür­lich haben auch wir Gehalts­ab­striche hin­nehmen müssen. Spaß macht das nicht.

Ende März bot die Mann­schaft an, auf bis zu 30 Pro­zent des Gehalts zu ver­zichten. Wie lief das ab?
Via Zoom. Da hat sich unser Mann­schaftsrat per Video­schalte mit dem Vor­stand getroffen. Wir haben früh unser Signal gegeben, dass wir den Mit­ar­bei­tern von Schalke 04 helfen wollen, wenn es brenzlig wird. Nie­mand soll seinen Arbeits­platz ver­lieren. Dann hat es nur gedauert, bis wir im Detail einen ver­nünf­tigen Plan gefunden hatten.

Sie haben in den ver­gan­genen Wochen ver­schie­dene soziale Ein­rich­tungen besucht, um auf die dor­tige Arbeit hin­zu­weisen. Warum?
Wie so oft: Zufall. Ich wurde vor ein­ein­halb Jahren gefragt, ob ich eine Trai­nings­ein­heit für Kinder mit Beein­träch­ti­gungen im Rahmen der Spe­cial Olym­pics NRW geben könnte.

Und Ihre Ant­wort?
Klar, kann ich machen. Aber ich war danach selbst über­rascht, wie viel Spaß mir das gemacht hat. Zu sehen, dass Kinder vor Glück weinen, weil wir uns für sie und ihren Sport inter­es­sieren – das ist fan­tas­tisch. Und das wollte ich in der jet­zigen Zeit nochmal inten­si­vieren.

Leon Goretzka und Joshua Kim­mich haben We kick Corona” ins Leben gerufen. Warum haben Sie dort nicht gespendet?
Das ist eine super Sache von den beiden, nicht falsch ver­stehen, aber ich möchte selber wissen, was mit meinem Geld pas­siert. Ich möchte diesen per­sön­li­chen Bezug. Mir war es des­halb wichtig, dass ich den Leuten ein Gesicht gebe, die gerade einen tollen Job in Kran­ken­häu­sern oder Pfle­ge­heimen machen. Dass ich die beim Namen nenne. Und ihnen ganz per­sön­lich meine Wert­schät­zung zeige. Ich glaube, dorthin zu fahren, hin­ter­lässt einen ganz anderen Ein­druck.

Sie waren gleich zu Beginn im Uni­kli­nikum in Essen. Und Sie ließen unter anderem 50 Paar Turn­schuhe da.
Naja, ich habe ein­fach gefragt, was die gebrau­chen können. Klar, gutes Schuh­werk ist wichtig, wenn das Arzt- und Pfle­ge­per­sonal die Meter machen. Ich kenne die Ein­rich­tung, weil wir schon häu­figer mit der Mann­schaft zur Weih­nachts­zeit die Kin­der­krebs­sta­tion besucht haben. So ergab sich die Ver­bin­dung.

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Sie waren Anfang April vor Ort, als die Aus­wir­kungen des Coro­na­virus am stärksten zu sehen waren. Wie haben Sie die Situa­tion vor Ort wahr­ge­nommen?
Das war schon eine beklem­mende Atmo­sphäre. Zu dem Zeit­punkt war das Tragen eines Mund­schutzes oder die Ein­hal­tung von Abstands­re­geln noch völlig neu. Bis dato war ich fast nur zuhause. Mir war schon mulmig vor Ort.

Welche Situa­tion hat Sie län­ger­fristig beschäf­tigt?
Ich war auch bei der Lebens­hilfe Gel­sen­kir­chen, eine Ein­rich­tung, die Per­sonen mit Beein­träch­ti­gungen betreut. Und diese Men­schen sind im Moment der Krise regel­recht ver­gessen worden. Die Bewohner waren in Qua­ran­täne und mussten des­halb die gesamte Zeit in ihren Zim­mern hocken. Als ich das gesehen habe, musste ich schlu­cken.