Am Samstag wäre Fritz Walter 100 Jahre alt geworden. Dem Weltmeister von 1954 zu Ehren hätte die Fritz-Walter-Stiftung gerne ein Länderspiel in Kaiserslautern veranstaltet. Doch der Plan scheiterte. Weil es in der Stadt kein Fünf-Sterne-Hotel für UEFA-Funktionäre gibt?
Wühlt man sich durch DFB‑, DFL- und UEFA-Dokumente, in denen die Auflagen für Stadien festgeschrieben sind, dann wird es schnell unübersichtlich. Es gibt das Regelwerk für Stadien und Sicherheit von der DFL und dem DFB, es gibt das UEFA-Stadioninfrastruktur-Reglement, dazu gibt es UEFA-Vorgaben, die im Kommerziellen Reglement für die European Qualifiers, die UEFA Nations League und Freundschaftsländerspiele 2018/22 festgelegt sind. In all diesen Reglements ist penibel vorgegeben, welche Kriterien ein Stadion erfüllen muss, damit dort internationale Begegnungen stattfinden können. So lässt sich etwa nachlesen, wie viel Lux eine Flutlichtanlage schaffen, wieviele VIP-Sitze es für den Gästeverband mindestens geben und wie viel Quadratmeter ein TV-Studio haben muss. Auf Grundlage dieser Checkliste werden die Stadien in verschiedene Kategorien (1−4) eingeteilt, für die Nations-League-Endphase etwa braucht es ein Stadion der vierten, also der höchsten Kategorie. Darüber hinaus gibt es innerhalb der vierten Kategorie noch eine Art Stadionspitzenklasse, die sogenannten Fünf-Sterne-Stadien. Das Fritz-Walter-Stadion zählt zur vierten Kategorie, kommt im Ranking aber – wieder fehlt der fünfte – auf vier Sterne.
Was sich in all den Dokumenten allerdings nicht finden lässt: Angaben zu Flughäfen oder zur Qualität von Hotels im Austragungsort. Was daran liegen könnte, dass es Auflagen dieser Art, zumindest offiziell, gar nicht gibt. Von der UEFA kommt auf Anfrage keine Rückmeldung, von Seiten der DFB-Presseabteilung heißt es: „Auflagen, was Hotels oder Flughäfen angeht, gibt es unseres Wissens nach von der UEFA nur bei Turnieren.“ Und: „Ein fehlendes Fünf-Sterne-Hotel ist kein Ausschlusskriterium.“
„Ein fehlendes Fünf-Sterne-Hotel ist kein Ausschlusskriterium“
Warum hat Curtius in seiner Mail dann auf genau diese Auflagen verwiesen? Und wenn der Mangel an herausragenden Hotels und der fehlende Flughafen nicht die Gründe für die Absage sind, was dann? Liegt es einfach am Stadion selbst? Hört man sich weiter beim DFB um, klingt es zumindest so, als sei ein Länderspiel im Fritz-Walter-Stadion in absehbarer Zeit völlig ausgeschlossen. Ein ranghoher Mitarbeiter, der nicht namentlich zitiert werden möchte, erklärt kurz und knapp, dass das Fritz-Walter-Stadion die Kriterien für A‑Länderspiele schon seit Jahren nicht mehr erfülle, weil es für Spiele der Nationalmannschaft teuer umgerüstet werden muss. Im Fritz-Walter-Stadion gibt es zum Beispiel keine Torlinientechnologie. Gleichzeitig stehen dem DFB diverse modernere und dementsprechend günstigere Alternativen zur Verfügung, sogar in der Nähe. Auch Keßler ist sich der Probleme durchaus bewusst. „Wir müssen natürlich anerkennen, dass es in Deutschland mittlerweile sehr viele bessere Stadien gibt als das Fritz-Walter-Stadion. Unser Stadion genügt nicht mehr höchsten Ansprüchen, Mainz oder Hoffenheim oder Freiburg, wo in den vergangenen Jahren neu gebaut wurde, haben bei uns in der Region die Nase klar vorne.“
Er könne dementsprechend gut nachvollziehen, warum in Kaiserslautern seit Oktober 2017 kein Länderspiel mehr stattgefunden habe – und weshalb sich das in den kommenden Jahren oder gar Jahrzehnten wohl auch nicht ändern werde. Umso wichtiger wäre ihm eine Ausnahme gewesen – ein besonderes Spiel im Zeichen von Fritz Walter. Und umso bitterer der durch die Mail von Curtius hervorgerufene Verdacht, dass ein solches Spiel am Ende auch an Befindlichkeiten von UEFA-Funktionären gescheitert sein könnte. Ausschließen wollen diese Möglichkeit beim DFB im Übrigen nicht alle Mitarbeiter. In Bezug auf die Hotelsituation in Kaiserslautern fällt in einem Gespräch unter anderem das Wort „mau“.
Auf Konfrontation sind Keßler und andere Mitarbeiter der Fritz-Walter-Stiftung trotzdem nicht aus, im Gegenteil, Keßler wolle weiter „den Dialog suchen“ und versuchen, auch „den anderen Blickwinkel“ zu verstehen. Was zum einen daran liegt, dass der DFB selbst (gemeinsam mit dem 1. FC Kaiserslautern und dem Land Rheinland-Pfalz) Träger der Fitz-Walter-Stiftung ist, sie also mitfinanziert, weshalb Keßler logischerweise kein Interesse an einem Zerwürfnis hat.
Außerdem hat er die Hoffnung auf ein Länderspiel in Kaiserslautern zu Ehren von Fritz Walter noch immer nicht aufgegeben. „Wir bleiben an dem Thema dran“, sagt Keßler. „Im DFB verändert sich derzeit viel, und wir haben die Hoffnung, dass im Verband ein Umdenken stattfindet. Steter Tropfen höhlt den Stein.“ Vielleicht, so Keßler, könnte es ja in ein paar Monaten doch noch was werden. Zumal es beim DFB selbst ja eigentlich einen Mann gibt, der ein gesteigertes Interesse an einem gelungenen Fritz-Walter-Gedenktag haben müsste: DFB-Präsident Fritz Keller. Er ist immerhin der Patensohn von Fritz Walter.