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Rainer Keßler hat viel zu tun. Er ist seit knapp elf Monaten Auf­sichts­rats­vor­sit­zender des schlin­gernden 1. FC Kai­sers­lau­tern e.V., er sitzt im Vor­stand der Fritz-Walter-Stif­tung und leitet den För­der­verein der­selben, er ist Geschäfts­führer zweier Ver­si­che­rungs­agen­turen und außerdem war er 56 seiner bis­he­rigen 58 Lebens­jahre nicht nur Fan vom FCK, son­dern sogar Ver­eins­mit­glied. Was, zumin­dest wenn es um die nerv­liche Belas­tung geht, einem Full-Time-Job ja in etwa gleich­zu­setzen ist. Zumal in Zeiten wie diesen, in denen es ganz kon­kret darum geht, ob der 1. FC Kai­sers­lau­tern als Pro­fi­verein über­haupt noch eine Chance aufs Über­leben hat. Es ließe sich also ver­muten, dass es Keßler ganz recht ist, wenn er sich nicht um noch mehr Zeug küm­mern muss. Um ein orga­ni­sa­to­ri­sches Groß­pro­jekt wie ein Fuß­ball-Län­der­spiel der A‑Nationalmannschaft in Kai­sers­lau­tern etwa.

Doch diese Ver­mu­tung ist falsch. Denn Keßler hätte im Oktober sehr gerne noch etwas mehr Stress gehabt, sprich: ein Län­der­spiel der deut­schen Natio­nal­mann­schaft nach Kai­sers­lau­tern geholt. Schließ­lich wäre Lau­terns größte Fuß­ball­le­gende, Fritz Walter, in diesen Tagen 100 Jahre alt geworden. Und wie hätte man dem ehe­ma­ligen Kapitän der Natio­nal­mann­schaft und Welt­meister von 1954 besser gedenken können als mit einem Spiel seiner DFB-Nach­folger in seiner Hei­mat­stadt, in einem sagen­um­wor­benen Sta­dion, das seit mehr als 30 Jahren seinen Namen trägt? Doch dazu sollte es nicht kommen. Obwohl Keßler die Idee schon vor knapp zwei Jahren münd­lich und später auch schrift­lich an den DFB her­an­ge­tragen hatte, obwohl für den Oktober 2020 gleich zwei DFB-Heim­spiele im Kalender standen. Im März diesen Jahres habe ich dann eine Mail bekommen“, sagt Keßler gegen­über 11FREUNDE. Fried­rich Cur­tius, DFB-Gene­ral­se­kretär, habe der Idee – unab­hängig von der Corona-Pan­demie und ihren Aus­wir­kungen auf Groß­ver­an­stal­tungen, die damals noch nicht kon­kret abzu­sehen waren – in dieser Mail eine Absage erteilt. Unter anderem ver­wies er auf UEFA-Regu­la­rien. Es hieß, dass Fünf-Sterne-Hotels und ein Flug­hafen in unmit­tel­barer Nähe mitt­ler­weile Aus­wahl­kri­te­rien für den Aus­tra­gungsort von Län­der­spielen seien.“ Doof für die Stadt tief im Westen der Repu­blik. Denn in Kai­sers­lau­tern gibt es keinen Flug­hafen – und den ört­li­chen Hotels geht es wie den Natio­nal­spie­lern bei der WM in Russ­land: An einen fünften Stern ist über­haupt nicht zu denken.

Diese Ent­wick­lung macht mir – wie vielen anderen auch – große Sorgen“

FCK-Aufsichtsratsvorsitzender Rainer Keßler

Spricht man mit Keßler über die Gescheh­nisse vom März, dann drängen sich zunächst zwei Fragen auf. Von denen sich zumin­dest die erste auch selber beant­worten lässt: Ist es UEFA-Funk­tio­nären tat­säch­lich nicht zuzu­muten, eine Nacht in einem Vier-Sterne-Hotel zu ver­bringen? Doch, ist es, defi­nitiv. Und zwei­tens: Dauert es von Kai­sers­lau­tern aus wirk­lich länger zum nächst­ge­le­genen Flug­hafen (Zwei­brü­cken, 48 Kilo­meter Ent­fer­nung) als in Groß­städten wie London oder Berlin oder Paris? Wenn Sie in Schö­ne­feld landen und der Ver­kehr ist schlecht, dann brau­chen sie eine Stunde in die Ber­liner Innen­stadt“, sagt Keßler. In unserer Region wissen wir dagegen nicht mal, wie man das Wort Stau schreibt. Was ich damit sagen will: Bei uns dauert es auch nicht länger zum Flug­hafen als in Groß­städten.“ 

Was zu einer wei­teren Frage führt: Selbst wenn die UEFA bestimmte Auf­lagen vor­gibt, hätte der DFB für diesen beson­deren Anlass dann nicht ein Auge zudrü­cken können? Oder viel­leicht sogar müssen? Immerhin geht es um den Ehren­spiel­führer der Natio­nal­mann­schaft – und um die Aus­tra­gung eines Fuß­ball­spiels, nicht um die Aus­rich­tung der Expo. Aus meiner Sicht“, sagt Keßler, hätte sehr viel dafür gespro­chen, das Ding so durch­zu­ziehen. Für den DFB, der an der Basis so große Akzep­tanz-Pro­bleme hat, wäre das Spiel eine große Chance gewesen, die Fans im ganzen Land mit ins Boot holen zu können. Ein Spiel zu Ehren von Fritz Walter, in Kai­sers­lau­tern, die Mann­schaft in Retro-Tri­kots – das hätte sich doch super ver­markten lassen.“ Doch der größte Sport­ver­band der Welt ent­schied sich gegen Kai­sers­lau­tern. Beide Oktober-Heim­spiele, ein Test­spiel gegen die Türkei und eine Partie der Nations League gegen die Schweiz, wurden am Ende, auch bedingt durch Corona, in der glei­chen Stadt aus­ge­tragen. Der Zuschlag ging an Köln. Für mich sind solche Auf­lagen ein wei­terer Beleg dafür, wie sehr sich der Fuß­ball von seiner Basis ent­fernt hat“, sagt Keßler. Diese Ent­wick­lung macht mir – wie vielen anderen auch – große Sorgen.“