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Schon vor dem ersten Punkt­spiel der neuen Saison gab es für Dynamo Dresden den ersten Erfolg zu ver­melden: Ralf Minge ist zurück. Es hatte sich bereits Mitte Juli ange­kün­digt. Am Rande eines Test­spiels gegen Hud­ders­field sprach Inte­rims­ge­schäfts­führer Kris­tian Walter von einem ver­bes­serten Gesund­heits­zu­stand seines Men­tors und einer geplanten Rück­kehr. Bereits Ende Juli war es soweit: Ralf Minge sprach erst­mals öffent­lich über seinen Krank­heits­ver­lauf und seine Gene­sung. Beides liegt auch in seinem größten Erfolg begründet.

Mam­mut­auf­gabe 2014

Im Mai 2014 lag Dynamo am Boden. Eine zer­split­terte Mann­schaft war gerade in die dritte Liga abge­stiegen, Olaf Janßen war ent­lassen, zum Abstieg gab es ein unsäg­li­ches Banner aus dem K‑Block und finan­ziell sah es auch bitter aus. Ralf Minge hatte erst zu Beginn des Jahres wieder die Rolle als Sport­di­rektor über­nommen. Zu spät, um die Kohlen noch aus dem Feuer zu holen, aber nach dem Abstieg einer der Wenigen, die bleiben. Ein paar Tage nach dem bit­teren Gang in die dritte Liga trat Minge vor die Presse und schil­derte seinen Plan. Plötz­lich gab es ein Anfor­de­rungs­profil“. Ein Wort, das man so bei Dynamo lange Zeit nicht gehört hatte – eigent­lich noch nie. Trainer und Spieler sollten nach klar defi­nierten Kri­te­rien aus­ge­wählt werden. Vorbei die Zeiten von Mas­sen­cas­tings zu Sai­son­be­ginn, als unzäh­lige Test­spieler sich auf einen Platz im Kader bewarben. Den Fans ver­sprach er einen fairen Umgang, solange bestimmte Grenzen ein­ge­halten werden. Man glaubte ihm, denn mit Ralf Minge stand da jemand, der nicht nur als Spieler und Trainer große Erfolge gefeiert hatte, son­dern auch auf Funk­tio­närs­ebene Fach­kenntnis und Prin­zi­pi­en­treue bewiesen hatte.

Minge wat­ching

Minge lie­ferte. Eine Mann­schaft aus weit­ge­hend unbe­kannten Spie­lern zeigte im Pokal gegen Bun­des­li­gisten denk­wür­dige Spiele und stieg 2016 wieder in die zweite Bun­des­liga auf. Die Namen Hefele und Eilers hatte vorher noch nie jemand in Dresden gehört, jetzt waren sie Helden. Eine Mann­schaft, die nicht nur erfolg­reich spielte, son­dern auch noch schön. Der Pate, wie Minge auf Grund seiner opti­schen Erschei­nung genannt wurde, zeigte sich als Vater des Erfolges. Spen­dete Ver­trauen, wenn es mal nicht so lief und mahnte an, wenn alle mit dem Kopf schon in Euro­pa­po­kal­er­in­ne­rungen schwelgten. Auch zu Kurs­kor­rek­turen, wie bei der Ent­las­sung von Stefan Böger, war er bereit. Die Ver­pflich­tung von Uwe Neu­haus war zudem ein Beweis dafür, dass Minge keine Scheu davor hat, ähn­lich cha­rak­ter­starke Per­sonen neben sich zu haben. Bei den jün­geren Fans hat Minge ohnehin Kult­status, seit er beim Auf­stieg in Mag­de­burg im schönsten Jeans-Outfit vor dem Block für Ruhe sorgte und sich dabei auch von über­en­ga­gierten Ord­nern nicht abhalten ließ. 

Eins blieb dabei auf der Strecke: Minges Gesund­heit. Wenn Dynamo an einem Frei­tag­abend spielte, so stand Minge an seinem Stamm­platz auf der Pres­se­tri­büne und begut­ach­tete seine erfolg­reiche Arbeit. Am dar­auf­fol­genden Samstag und Sonntag war er dann in Chem­nitz, Aue oder Erfurt, um noch mehr Spieler zu beob­achten, nichts sollte ihm ent­gehen. Nebenbei haben er und seine Kol­legen in der Geschäfts­füh­rung mal eben den Verein ent­schuldet. Unter der Woche dann nicht nur das Tages­ge­schäft, son­dern auch immer mal wieder die Aus­ein­an­der­set­zung damit, was da wieder aus­wärts im Block los war.“ Der Beruf eines Sport­di­rek­tors ist an sich schon nicht unbe­dingt ent­spannt, im hek­ti­schen Dresden poten­ziert sich das nochmal.

Nicht der Pförtner von Dynamo

Minge selbst spricht bei der Ent­wi­ckung seines Erschöp­fungs­zu­standes von einem schlei­chenden Pro­zess. Den späten Klas­sen­er­halt seiner Mann­schaft hat er nicht gesehen, nur ab und zu mal beim Live-Ticker rein­ge­schaut. Er brauchte einen klaren Cut: Ich habe am 13. März mein Handy aus­ge­macht – und nie wieder an.“ Davor ver­suchte er sein Pensum zu redu­zieren, was ihm aber nicht wirk­lich half. Schlaf­stö­rungen, ein Tin­nitus, Fieber und schlechte Blut­werte brachten Minge an den Rand der Erschöp­fung. Dem Leis­tungs­ge­danken aus dem Pro­fi­sport habe er sich zudem auch nicht privat ent­ziehen können. Den eigent­lich zur Ent­span­nung gedachten 45-minü­tigen Spa­zier­gang am Morgen wollte er am nächsten Tag in weniger Zeit bewäl­tigen oder in der glei­chen Zeit eine län­gere Strecke schaffen. Minge kannte keinen Still­stand: Wenn das Navi eine Ziel­zeit anzeigte, wollte ich immer zehn Minuten eher da sein, um zu gewinnen.“ 

Der harte Schnitt im März half ihm, die Nach­richt vom Klas­sen­er­halt auch. Die Kad­er­zu­sam­men­stel­lung erar­bei­tete sein Stell­ver­treter Kris­tian Walter zusammen mit Trainer Neu­haus. Diese Rolle behält er auch erstmal. Minge soll nach und nach wieder inte­griert werden. Wie er sich vor einem Krank­heits­rück­fall schützt? Ein Sni­ckers-Riegel und eine Tasse Kaffee rei­chen zwi­schen­durch eben nicht.“ Er achtet jetzt auf seine Ernäh­rung, kennt die Krank­heits­sym­ptome und will sie in Zukunft ernst­nehmen. Sein Arzt sagte ihm wäh­rend seiner Erho­lungs­phase an der Ostsee: Herr Minge, Sie sind nicht Pförtner bei Dynamo, und Sie sind nicht 30 Jahre alt.“ Darauf will er in Zukunft Rück­sicht nehmen.

Es sieht gut aus.“ 

Sein guter Freund und Auer Kol­lege Helge Leon­hardt fasste einen gemein­samen Fami­li­en­ge­burtstag im Erz­ge­birge gewohnt tref­fend zusammen: Ralf hat wieder geraucht und getrunken. Es sieht gut aus.“ Man kann es Ralf Minge nur wün­schen.