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Maxi­mi­lian Nicu

Maxi­mi­lian Nicu, 38, stand von 2008 bis 2010 bei Hertha BSC unter Ver­trag. In seiner ersten Saison kämpfte er mit den Ber­li­nern lange um die Meis­ter­schaft, am Ende aber ver­passte die Mann­schaft von Trainer Lucien Favre nicht nur den Titel, son­dern als Vierter auch die Qua­li­fi­ka­tion für die Cham­pions League. Nach dem Abstieg 2010 wech­selte Nicu, der als Sohn rumä­ni­scher Eltern in Prien (Bayern) geboren worden war, zum SC Frei­burg. Nach wei­teren Sta­tionen unter anderem bei 1860 Mün­chen, in Zypern und Rumä­nien been­dete er 2018 bei der Spiel­ver­ei­ni­gung Unter­ha­ching seine Kar­riere. Nicu lebt in Mün­chen, trai­niert seinen Hei­mat­verein, den Kreis­li­gisten TuS Prien, und arbeitet als Experte für Dazn.

Herr Nicu, wie intensiv ver­folgen Sie Hertha BSC?
Schon noch sehr intensiv. Erst recht seitdem Arne Fried­rich dort als Sport­di­rektor tätig ist. Ich habe auch noch Freunde in Berlin, durch die ich immer wieder mal Sachen mit­be­komme, die nicht an der Ober­fläche schwimmen.

Machen Sie sich Sorgen?
Natür­lich könnte man sich Sorgen machen. Aber wenn man sich das Rest­pro­gramm anschaut, sollte es eigent­lich rei­chen. Ich kann mir nicht vor­stellen, dass Hertha absteigt.

Mit Arne Fried­rich haben Sie bei Hertha zusam­men­ge­spielt, mit Pal Dardai, der jetzt wieder Trainer ist, ebenso. Wie haben Die die beiden erlebt, als Sie 2008 vom Zweit­li­gisten Wehen Wies­baden nach Berlin gekommen sind?
Das war schon eine andere Welt. Pal hat unglaub­lich pro­fes­sio­nell gear­beitet, war ehr­geizig ohne Ende. Das war schon beein­dru­ckend. Bei Arne war es ähn­lich. Ich erin­nere mich noch an eines der ersten Male, die ich mit ihm gespro­chen habe. Wir kamen aus der Kabine, und dann hat er mit der Fern­be­die­nung bei seinem Sport­wagen das Ver­deck geöffnet. So was hatte ich in der Form noch nie gesehen. Okay, dachte ich, jetzt bist du im rich­tigen Pro­fi­fuß­ball ange­kommen.

Wie waren sonst die ersten Ein­drücke von Hertha?
Ich war schon sehr nervös, als ich nach Berlin gekommen bin. Im ersten Trai­ning bin ich nur über den Platz gestol­pert und danach auch erst mal mit einer Ver­let­zung aus­ge­fallen. Heute glaube ich, die Ver­let­zung hat es gar nicht gegeben. Die hat nur in meinem Kopf exis­tiert und sich dann gewis­ser­maßen auf meinen Körper über­tragen. Hertha, Bun­des­liga, die Haupt­stadt, das war ein­fach eine andere Welt. Auch medial war ich ein biss­chen über­for­dert.

Wieso?
In Wies­baden hatte ich einen ganz guten Draht zu der Jour­na­listin der Bild“-Zeitung. Als klar war, dass ich nach Berlin gehe, hat sie noch ein Inter­view mit mir geführt und mich gefragt, ob es irgend­etwas gebe, was mir Sorge bereite. Weil ich bis dahin immer Adidas-Schuhe getragen hatte, habe ich sinn­gemäß gesagt, dass ich eigent­lich nicht in Nike-Schuhen spielen wolle. Kaum war das Inter­view erschienen, habe ich einen Anruf von unserem Pres­se­spre­cher Hansi Felder bekommen. Sag mal, spinnst du?“, hat er mich gefragt. Bist du eigent­lich auf dem Kopf gefallen? So was kannst du doch nicht sagen, wenn Nike unser Aus­rüster ist.“

Wie ist Hertha über­haupt auf Sie gekommen?
Das kann ich Ihnen ganz genau sagen. Ein Bekannter von mir war mit einem Berater befreundet, der wie­derum einen ganz guten Draht zu Rudi Woj­to­wicz hatte.

Dem Chef­scout von Hertha.
Genau. Als es für mich in Wies­baden ganz gut lief, hat mein Bekannter gesagt, er würde mal ver­su­chen, den Kon­takt her­zu­stellen. Ich weiß auch noch, dass ich selbst ein Video mit meinen High­lights aus der Zweiten Liga zusam­men­ge­schnitten habe. Nach heu­tigen Maß­stäben schon ziem­lich witzig.

Mit wel­chen Ambi­tionen sind Sie nach Berlin gekommen?
Ich hatte bei Hertha einen Drei­jah­res­ver­trag unter­schreiben und wollte ein­fach mal schauen, ob ich mich in der Bun­des­liga eta­blieren kann. Mit dem Wissen von heute hätte ich meine Ziele viel höher ange­setzt. Damals habe ich noch viel gelesen, was über mich geschrieben und gesagt wurde. Und da habe ich gemerkt: Mich hat keiner auf der Rech­nung. Ich lief eher nebenher. Da bin ich wirk­lich sauer geworden. Das hat mich so moti­viert, dass ich gesagt habe: Okay, dann zeig ich es euch jetzt mal!

Favre war der Höhe­punkt meiner Kar­riere“

Was ja auch ganz gut funk­tio­niert hat. Ab dem fünften Spieltag standen sie eigent­lich immer in der Startelf.
Ohne mir zu sehr auf die Schulter zu klopfen: Ich habe ein­fach ver­sucht, das umzu­setzen, was unser Trainer Lucien Favre von mir wollte. Als ich am ersten Spieltag in Frank­furt für die letzten Minuten aufs Feld gekommen bin, hat er zu mir gesagt: Max, Ball sichern, Ball laufen lassen und Frank­furt nicht mehr vors Tor kommen lassen.“ Das habe ich dann halt gemacht. Gegen St. Patrick’s Ath­letic in der Europa League hat Favre mich in der Halb­zeit ein­ge­wech­selt und mir gesagt: Sie schießen jetzt ein Tor.“ Ich habe dann tat­säch­lich ein Tor erzielt, ein sehr schönes sogar. Da ist, glaube ich, bei Favre ein Schalter umge­legt worden. Er hatte gesehen: Auf den kannst du zählen. Der macht keine Faxen.

Welche Rolle hat Favre für Sie gespielt?
Für mich war Favre der Höhe­punkt meiner Kar­riere. Hätte er mir nicht ver­traut, wäre ich wahr­schein­lich ein Jahr später wieder in die Zweite Liga zurück­ge­gangen. Ich bin ihm unglaub­lich dankbar. Von ihm habe ich auch am meisten gelernt. Seine Schwäche war ein biss­chen das Mensch­liche. Bei einer Weih­nachts­feier stand ich mal mit zwei, drei anderen Spie­lern zusammen. Er ist zu uns gekommen, hat uns gefragt, was wir im Urlaub machen und uns die Male­diven emp­fohlen, weil es dort so unglaub­lich schön sei. Das war, glaube ich, das Per­sön­lichste, was ich in der ganzen Zeit mit ihm gespro­chen habe. Trotzdem lief es lange richtig gut, bis Favre ange­fangen hat, Fehler zu machen. Die hätte er nicht machen müssen. Doch da hat auch sein Stolz eine Rolle gespielt. Aber bei allem, was Fuß­ball angeht, da ist er ein­fach gut.

Favre war schon ein biss­chen ein Nerd, oder?
Absolut! Noch bis kurz vor dem Anpfiff ist er mit der Magnet­tafel rum­ge­laufen und hat dich hierhin oder dahin geschoben. Tak­tisch war er schon fana­tisch. Aber das uns als Team auch sehr geholfen.

Im Früh­jahr 2009 stand Hertha an der Tabel­len­spitze, und Berlin träumte von der Meis­ter­schaft. Können Sie das erklären?
Manchmal ergibt sich das ein­fach. Ich würde dafür auch nicht immer nur den Trainer ver­ant­wort­lich machen. Die Mischung hat ein­fach genial gepasst. Aktuell zum Bei­spiel passt es bei Hertha nicht. Wir hatten einen Andrej Woronin, der uns Spiele gewonnen hat; wir hatten in der Abwehr Joe Simunic oder Arne Fried­rich, bei denen du wuss­test: Nor­ma­ler­weise pas­siert da nichts. Und dann hat­test du Leute wie Marc Stein, den auch keiner auf dem Zettel hatte und der genau wie ich unglaub­lich viele Spiele gemacht hat. Das kann man nicht planen. Bestes Bei­spiel ist Andrej Woronin. Der hat eigent­lich gemacht, was er wollte. Manchmal kam er mit offenen Schuhen auf den Trai­nings­platz und hat die ganze Ein­heit mit offenen Schuhen trai­niert. Aber keiner hat was gesagt. Nicht mal Favre. Alle haben gedacht: Lass den ein­fach, am Wochen­ende holt der uns wieder den Dreier. Und genau so war es dann auch. Es war auch nie­mand eifer­süchtig oder nei­disch, mit Abstri­chen viel­leicht Marko Pan­telic, weil das Spot­light etwas von ihm weg­ge­gangen ist. Aber das haben wir auf­ge­fangen.

Was hat der Erfolg mit Ihnen gemacht?
Im ersten Schritt eigent­lich nur Gutes. Ich bin ganz anders auf­ge­treten und war natür­lich auch ein biss­chen stolz. Und wenn du auf einmal viel mehr Geld ver­dienst als vorher, dann kaufst du dir viel­leicht auch mal eine Dolce-und-Gab­bana-Jeans. Marko Pan­telic hat mir mal erzählt, dass bei ihm Kla­motten für eine Mil­lion Euro im Schrank hängen, und ich hab‘ mich schon schlecht gefühlt, als ich mir für 300 Euro eine Dolce-und-Gab­bana-Jeans gekauft habe. Erst im zweiten Schritt, in der Saison darauf, habe ich dann defi­nitiv einen Fehler gemacht.


So steil, wie es für Hertha nach oben gegangen war, ging es auch wieder nach unten. Favre musste nach sechs Nie­der­lagen hin­ter­ein­ander gehen. Für ihn kam Fried­helm Funkel.
Ich kannte Funkel aus meiner Zeit bei Wehen Wies­baden. Da war er Trainer in Frank­furt, und wir hatten oft Test­spiele gegen die Ein­tracht bestritten. Ich glaube, Funkel hat mich immer als Zweit­li­ga­spieler gesehen. Und wenn ein Trainer nicht auf dich steht, kannst du machen, was du willst. Aber ich habe auch einen ent­schei­denden Fehler gemacht. Ich habe gedacht: Du hast gezeigt, dass du in der Bun­des­liga bestehen kannst, und egal ob Funkel dich spielen lässt oder nicht: Es wird schon wei­ter­gehen.“ Ich habe die Dinge ein biss­chen laufen lassen, mich nicht so enga­giert, wie ich es hätte machen sollen. Ich sag mal so: Ich bin ein biss­chen zu bequem geworden.

Die ganze Saison lief für Hertha gera­dezu erbar­mungs­würdig und endete fast zwangs­läufig mit dem Abstieg.
Es war sehr, sehr erschre­ckend, das muss man wirk­lich sagen. Die Ein­zigen, die das noch unter­bieten, sind gerade die Schalker. Aber dafür gab es Gründe.


Welche?
Für mich war es eine kata­stro­phale Fehl­ent­schei­dung, Funkel zu holen. Der hat ein­fach nicht nach Berlin gepasst. Favre hat auch Fehler gemacht. Und dann muss man ein­fach sagen, dass die Mann­schaft nicht gut war. Wenn du Leute ver­lierst wie Woronin oder Simunic, musst du die nicht unbe­dingt eins zu eins ersetzen, aber wir haben – ohne Namen zu nennen – Leute bekommen, die ein­fach nicht die Qua­lität für die Bun­des­liga hatten. Ich glaube, dass Michael Preetz …


… der gerade neuer Manager geworden war …
… mit der Situa­tion ein­fach über­for­dert war. Nach dem Abstieg hat er zu mir gesagt: In jeder anderen Stadt hätte er mit Funkel wei­ter­ge­macht, aber in Berlin ginge das nicht, da würde er gelyncht werden. Ich habe ihn nur ange­schaut und ihn gefragt: Du willst mit dem Trainer wei­ter­ma­chen, der mit der Mann­schaft abge­stiegen ist, der nichts geleistet, kaum Punkte geholt und in allen Belangen merk­würdig gehan­delt hat?“


Noch einmal zurück in Ihre erste Saison bei Hertha: Für Sie hatte der Höhen­flug zur Folge, dass Sie in die rumä­ni­sche Natio­nal­mann­schaft berufen worden sind.
Als wir damals oben mit­spielten und ich Stamm­spieler bei Hertha war, kam die Frage auf, was eigent­lich mit der Natio­nal­mann­schaft sei. Irgendwo hatte ich sogar die Aus­sage von Oliver Bier­hoff gelesen, dass man mich im Blick habe. Keine Ahnung, ob das wirk­lich stimmte. Auf jeden Fall hat das auch in Rumä­nien die Runde gemacht, und kurz darauf bekam ich das Angebot: Wir bür­gern dich ein.


Haben Sie lange über­legt?
Mir war schon klar, dass der Weg in die deut­sche Natio­nal­mann­schaft wahr­schein­lich ein biss­chen weiter und schwie­riger ist. Und ob ich das wirk­lich geschafft hätte? Aber die Ent­schei­dung war nicht rational, son­dern emo­tional, aus dem Herzen heraus. Ein biss­chen habe ich das auch für meine Eltern getan, die 1977 aus dem kom­mu­nis­ti­schen Rumä­nien nach Deutsch­land aus­ge­wan­dert waren, weil sie frei leben wollten. Ich wollte etwas tun, damit meine Eltern auch ein biss­chen stolz sein können. Die Ent­schei­dung habe ich nicht bereut.


Sie brauchten aber erst noch die rumä­ni­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit.
Ja, die Rumänen haben gesagt: Das geht ganz schnell und unbü­ro­kra­tisch. Ich musste nur in Berlin zur Bot­schaft, nach zehn Minuten, wenn über­haupt, war alles erle­digt. Ich war der erste aus­län­di­sche Spieler, der die rumä­ni­sche Staats­bür­ger­schaft bekommen hat, damit er für die Natio­nal­mann­schaft spielen kann. Das war so was Beson­deres, dass meine Ein­bür­ge­rung sogar live im rumä­ni­schen Fern­sehen über­tragen werden sollte. Irgendwie war mir das nicht so recht. Ich spreche zwar Rumä­nisch, aber alles andere als per­fekt. Zum Glück hat das dann nicht geklappt, weil der Satellit besetzt war.


Haben Sie zu Hause Rumä­nisch oder Deutsch gespro­chen?
Inzwi­schen reden wir in der Familie mehr Rumä­nisch, aber als mein Bruder und ich noch kleiner waren, da haben wir haupt­säch­lich Deutsch gespro­chen. Rumä­nisch habe ich vor allem durch meine Groß­el­tern gelernt, die kein Deutsch konnten. Das lernt man als Kind ja relativ schnell, ohne es zu merken.

Wie rumä­nisch waren Ihre Kind­heit und Jugend?
Wir sind schon stark nach den deut­schen Werten auf­ge­wachsen und erzogen worden. Darauf haben meine Eltern sehr viel Wert gelegt. Des­wegen haben sie sowohl meinem Bruder als auch mir einen deut­schen Vor­namen gegeben. Das war dann auch das, was mir in Rumä­nien ein biss­chen zum Ver­hängnis geworden ist bei der Natio­nal­mann­schaft.


Inwie­fern?
Ich wurde dort immer der Deut­sche genannt. Viel­leicht war ich das auch. Wenn es heißt, um 18 Uhr ist Abend­essen, dann sitze ich spä­tes­tens um fünf vor sechs am Tisch. Bei der Natio­nal­mann­schaft saß ich teil­weise alleine da. Alle anderen kamen erst um zehn nach sechs, Viertel nach sechs. Einer kam rein, hat gesagt: Nee, das Essen mag ich nicht“ und hat sich beim Koch Speck und Spie­gel­eier bestellt. Nach dem Trai­ning hatten alle ein Bier­chen in der Hand, und am Abend vor dem Spiel gab es Rot­wein oder auch drei, vier Bier. Ich fand’s irgendwie cool, und trotzdem habe ich mich am Ende nicht ganz so wohl gefühlt. Adrian Mutu, der große Star damals, hat mich als erstes gefragt: Was machst du hier? Alle wollen raus aus dem Land, und du kommst hierher.“ Ein anderer ist auf­ge­standen, hat mit den Fin­gern ein Hit­ler­bärt­chen imi­tiert und Witze gemacht. Die wussten eben nicht, dass das für uns ein Tabu ist.


Was war das für eine Mann­schaft, in die Sie damals gekommen sind?
Eine sehr coole Mann­schaft. Ein paar Spinner hast du überall, aber die meisten waren sehr nett zu mir. Und von der Qua­lität hätte es eigent­lich auch für ein großes Tur­nier rei­chen müssen. Aber es gab zu viel Unruhe, auch von außen, und zu viele Neben­kriegs­schau­plätze.


Wie meinen Sie das?
Mit der Natio­nal­mann­schaft stehst du ganz anders im Fokus als mit deinem Klub. Und in Rumä­nien ist das noch mal extremer als bei uns. Wie die Jour­na­listen mich da zer­legt haben und auch mein Pri­vat­leben durch­leuchtet haben, das war nicht mehr normal. Einmal kamen meine Eltern zu Besuch zu uns ins Mann­schafts­hotel. Da sind acht Kame­ra­teams auf der Straße hinter meiner Mutter her­ge­laufen, so dass sie bei­nahe gestol­pert wäre. Dass sie nicht inter­viewt werden wollte, das hat die gar nicht inter­es­siert. Aber nicht nur die Jour­na­listen haben auf die Leute drauf­ge­hauen. George Becali, dem Besitzer von Steaua Buka­rest, hat es über­haupt nicht gefallen, dass ich für die Natio­nal­mann­schaft gespielt habe. Der hat hier nichts ver­loren“, hat er gesagt. Der wollte lieber seine eigenen Spieler in der Natio­nal­mann­schaft sehen.


Dreimal sind Sie für Rumä­nien zum Ein­satz gekommen. Welche Erin­ne­rungen haben Sie an diese Spiele?
Eigent­lich sehr gute. Am meisten ist mir natür­lich das Spiel gegen Frank­reich in Paris hängen geblieben. Da haben wir, als kom­pletter Außen­seiter, 1:1 gespielt. Das war ein­fach nur Gän­se­haut­fee­ling, sehr, sehr geil. Aber es sind auch einige kuriose Sachen pas­siert.


Zum Bei­spiel?
Victor Piturca, unter dem ich debü­tiert habe, war schon ein biss­chen eigen­artig. Ich glaube, der hat mich nur ein­ge­laden, weil die Presse Druck auf ihn aus­geübt hat. Der hatte gar keine Lust auf mich und wollte mich auch ein biss­chen schi­ka­nieren. Vor meinem Debüt in Öster­reich wurde ich gefragt, welche Rücken­nummer ich haben wolle. Mir war das egal. Die Sieben war noch frei, also habe ich die Sieben genommen. Eigent­lich hatten alle erwartet, dass ich in der Startelf stehe, aber Piturca hat mich genau sieben Minuten spielen lassen. Und ich glaube, dass er das mit Absicht gemacht hat. Nach dem Motto: Ach, du willst die Sieben. Dann kriegst du die Sieben.


Wieso ist es bei drei Ein­sätzen geblieben?
Zum einen, weil ich sehr viel Gegen­wind bekommen und mich nicht so wohl gefühlt habe. Ich habe mich dadurch schwer­getan, wirk­lich Fuß zu fassen, obwohl Piturcas Nach­folger Razvan Lucescu mir sehr viel Ver­trauen ent­ge­gen­ge­bracht hat und ich mich mit ihm auch sehr gut ver­standen habe. Aber das Ende war dann auch kurios.


Wieso?
Als wir Weih­nachten in Mün­chen in der Kirche waren, bekam ich einen Anruf von Lucescu. Wenn der Natio­nal­trainer anruft, gehst du ja nor­ma­ler­weise ans Telefon. Ich hätte raus­gehen und mit ihm spre­chen können. Aber ich habe das Telefon ange­schaut und dachte: Nee, jetzt nicht. Ich bin nicht ran­ge­gangen und habe auch nicht zurück­ge­rufen. Das war’s. Danach hatten wir keinen Kon­takt mehr. Ich hatte ein­fach keine Lust mehr.


Ver­folgen Sie den rumä­ni­schen Fuß­ball noch?
Gele­gent­lich. Über Face­book bekomme ich ein biss­chen mit.


An diesem Sonntag spielt die deut­sche Natio­nal­mann­schaft in der WM-Qua­li­fi­ka­tion in Buka­rest. Wie sehen Sie das rumä­ni­sche Team?
Immer noch kri­tisch. Die haben in den ver­gan­genen Jahren nichts auf die Reihe bekommen, das muss man ein­fach so sagen. Bei uns in Deutsch­land gibt es 80 Mil­lionen Bun­des­trainer, in Rumä­nien ist es noch viel schlimmer. Da sind es weniger die Fans, son­dern ehe­ma­lige Profis, Leute, die irgendwas mit dem Fuß­ball zu tun haben oder hatten und unbe­dingt mit­reden wollen. Dadurch gibt es ein­fach keine Kon­ti­nuität. Die rumä­ni­schen Fuß­baller ver­fügen schon über eine gewisse Qua­lität, aber sie sind eben nicht Welt­klasse. Und das ver­stehen die Rumänen nicht. Die Fans, die Ver­ant­wort­li­chen, egal wer: Sie alle sehen ihre Natio­nal­mann­schaft auf einer Stufe mit den ganz Großen, mit Frank­reich, Deutsch­land, Eng­land, Ita­lien. Aber das stimmt ein­fach nicht. Man muss sich ja auch fragen: Warum setzt sich eigent­lich kein Rumäne in Deutsch­land in der Bun­des­liga richtig durch? An der fuß­bal­le­ri­schen Qua­lität liegt es nicht. Das ist eine Frage der Men­ta­lität. Wenn du dich nicht anpassen kannst, kriegst du eben über kurz oder lang Pro­bleme.

Dieses Inter­view erscheint im Rahmen unserer Koope­ra­tion mit dem Tages­spiegel.