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Seite 2: „Die absolute Blütezeit“

Erin­nern Sie sich an grobe Patzer?
Ich erin­nere mich an ein Inter­view mit Ottmar Hitz­feld nach einem Sieg des FC Bayern gegen Borussia Mön­chen­glad­bach. Ich schweifte wäh­rend des Inter­views kurz mit meinen Gedanken ab und war plötz­lich am hei­mi­schen Ess­tisch meiner Eltern. Ich sah, wie meine Mutter, ein Köln-Fan, wieder einmal meinen Vater, einen glü­henden Glad­bach-Anhänger, aufzog. Dann platzte es aus mir heraus: Oh Gott, jetzt gibt es zu Hause wieder Zank.“ Im nächsten Moment schoss mir durch den Kopf: Was zum Teufel redest du hier?“ Und dann sah ich schon die Reak­tionen der Zuschauer und der Presse mit ihren Kom­men­taren: Typisch Frau, kann sie ihre Emo­tionen nicht unter Kon­trolle halten.“ Und so weiter. Aber so war es nicht, die Leute fanden’s irgendwie nur lustig. Das Redak­ti­ons­team hat auch herz­lich gelacht.

Wie groß war das Kom­men­ta­to­ren­team zu Beginn?
Der Kom­men­ta­to­ren­kreis deckte sich am Anfang mit der Anzahl der Spiele, da stand keine Reser­ve­mann­schaft bereit. Krank werden durfte dem­nach keiner.

Rein­hold Beck­mann warb mit Werner Hansch oder Jörg Won­torra auch bekannte ARD-Leute ab. Wie fügten die Reporter sich in das neue Umfeld des Pri­vat­fern­se­hens ein?
Sehr gut. Und im Nach­hinein muss man Rein­hold ein Rie­senlob aus­spre­chen, dass er sich sogar seine eigene Kon­kur­renz ins Boot holte.

Was meinen Sie damit?
Jörg Won­torra war ja ein gestan­dener Sport­mo­de­rator. Er holte sich also einen Top­mann auf die Gefahr hin, dass er ihm den Rang streitig machen könnte. Doch ging es Rein­hold damals in erster Linie darum, ein Qua­li­täts­team zusam­men­zu­stellen. Hinzu kamen noch Johannes B. Kerner, damals noch ein junger Nach­wuchs­mo­de­rator, dann ich als Quo­ten­frau. (Lacht.) Diese Mischung aus jungen Talenten, erfah­renen Mode­ra­toren und Kult-Kom­men­ta­toren war mutig, aber sie hat bes­tens gepasst. Ich habe jeden­falls selten eine Redak­tion erlebt, in der so wenig Fluk­tua­tion herrschte wie in den ersten fünf Jahren von ran“.

Wie liefen die Redak­ti­ons­sit­zungen für gewöhn­lich ab?
Es wurde dis­ku­tiert. Immerzu. Ich erin­nere mich an elend lange Kon­fe­renzen. Und es ging hoch her, jeden­falls war es nicht so, dass alles abge­nickt wurde. Da gab es die jungen Redak­teure und Mode­ra­toren, die für noch mehr Kameras und Fieldre­porter plä­dierten. Und da gab es die Reporter, die von den Öffent­lich-Recht­li­chen kamen, Erich Laaser oder Werner Hansch, die diese Idee vom Schneller, höher, weiter“ auch mal gebremst haben. Worauf sich alle einigen konnten, war die Suche nach der Idee, die noch nie jemand zuvor in einer Fuß­ball­sen­dung Sen­dung hatte.

Und da kamen Sie auf die rote Jeans­jacke und den Karachometer?
Zum Bei­spiel. Die Klei­dung der Mode­ra­toren war ja auch eine bewusste Abgren­zung zum bis­he­rigen Auf­treten der Sport­schau-Mode­ra­toren – also betont lässig, statt Kra­watte und Anzug trugen wir Pull­over, Blouse und Jeans. Die rote Jeans­jacke ist übri­gens bis heute ein Hei­ligtum, wenn­gleich sie aus heu­tiger Sicht natür­lich ein modi­sches Ver­bre­chen ist. Als ran“ 2010 wieder auf Sen­dung ging, habe ich die Jacke in einer Sen­dung des SAT.1‑Frühstücksfernsehens prä­sen­tiert.

Ein Replikat?
Nein, nein. Das Ori­ginal. Die hing selt­sa­mer­weise bei Erich Laaser im Klei­der­schrank.

Und der Karachometer steht bei Rein­hold Beck­mann in der Garage?
Oh Gott, dieses Mons­trum. Damals konnten die Stu­dio­gäste, Spieler oder Trainer, mit diesem Gerät ihre Schuss­ge­schwin­dig­keit messen. Es sollte eine Art Gegen­ent­wurf zur Tor­wand im Aktu­ellen Sport­studio“ dar­stellen und war dem Rum­mel­platz­spiel Hau dem Lukas“ nicht unähn­lich. Da das Studio aber recht klein war, kam es vor, dass die Spieler mit ihren Schüssen die halbe Deko­ra­tion zer­legten.

Wie reagierten die Spieler eigent­lich auf die Omni­prä­senz der Reporter vor, wäh­rend und nach dem Spiel?
Ganz zu Anfang war es für sie viel­leicht gewöh­nungs­be­dürftig. Doch schnell ver­standen die meisten diese Sen­dung als ideale Platt­form, um sich selber dar­zu­stellen. In jedem Spieler steckt ja ein gewisses Maß an Eitel­keit. Wir wollten die Pri­vat­bilder, die intimen Aus­sagen und die herz­er­grei­fenden Geschichten, und die Spieler wollten end­lich mehr sein als nur der schnöde Fuß­baller. Sie wollten so etwas wie Pop­stars sein.

Das beste Bei­spiel ist Michael Anicic.
Dazu gibt es auch die pas­sende Geschichte. Ich hole mal etwas aus. Vor den Spiel­tagen hieß es häufig: Leute, ver­sucht doch mal in die Kabine zu kommen.“ Natür­lich wusste jeder in der Redak­tion, dass die Kabine das Hei­ligtum der Mann­schaften dar­stellte. Nur ganz selten durften dort Reporter herein. Das ist heute ja noch so – und absolut ver­ständ­lich. Doch damals ver­suchten wir es immer wieder, und jedes Mal die Ent­täu­schung. Im März 1993 änderte sich das.

Was pas­sierte?
Wir hatten für wenige Monate eine Repor­terin, Susanne Sedlitzky, eine kleine zier­liche und gut aus­se­hende Dame, Typ Spie­ler­frau. Nachdem Michael Anicic in seinem Bun­des­li­ga­debüt gegen den FC Bayern ein sen­sa­tio­nelles Spiel abge­lie­fert hatte, standen die Reporter Schlange. Sie bedrängten ihn, wollten ihn zum neuen Super­star machen. Der Junge kam ja aus dem Nichts. Und dann stand er da, völlig per­plex, zugleich auch geschmei­chelt. Seine ganze Auf­merk­sam­keit galt dabei Susanne. Und sie umgarnte ihn mit Kom­pli­menten und machte ihm schöne Augen. Und dann fragte sie ihn, ob er sich nicht mal in der Kabine aus­ziehen könnte. Sein Körper würde sich ideal für ein Akt-Shoo­ting eignen.

Er zierte sich nicht?
Anfangs schon. Doch je länger die beiden quatschten, desto ver­trauter wurde ihr Gespräch. Irgend­wann wil­ligte er ein. Die Bilder von Anicic mit Gold­kette unter der Dusche wurden am Abend bei ran“ aus­ge­strahlt. Am nächsten Tag waren sie in der Bild“ zu sehen. Das war natür­lich ein Rie­sen­skandal. Doch für ran“ war es die abso­lute Blü­te­zeit.