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Seite 2: Mediales Zerrbild von Tuchel

Selbst als am Freitag der mut­maß­liche Atten­täter fest­ge­nommen wurde, ver­zich­tete Tuchel auf Pathos und Ver­gel­tungs­rhe­torik. Ein Jour­na­list fragte nach seinen Gefühlen, jetzt, wo der Atten­täter gefasst sei. Tuchel sagte vor­sichtig: Ich weiß nicht, ob das Fakt ist. Im Moment ist es noch ange­bracht, im Kon­junktiv zu spre­chen.“ Man darf bei alledem nicht ver­gessen: Auch Tuchel saß in dem Bus. Auch er über­lebte einen Mord­an­schlag.

Viele Dort­munder Fans merken gerade ver­dutzt an, dass Tuchel ihnen nie so sym­pa­thisch erschien wie der­zeit. Das mag auch an dem ver­zerrten öffent­li­chen Bild der jün­geren Ver­gan­gen­heit liegen. Da wurde lieber über Tuchels feh­lende Eig­nung für die Skat­runde mit Watzke und Zorc als über den gran­diosen Punk­te­re­kord der ver­gan­genen Saison geschrieben. Tuchel musste sich gar dafür ver­ant­worten, sich nach dem Spiel nicht vor der Süd­tri­büne feiern zu lassen.

Kein Platz für Pathos oder Kum­pel­haf­tig­keit

Er kann mit­unter her­risch auf­treten und kom­pro­misslos, berichten lang­jäh­rige Mit­ar­beiter. Nie­der­lagen und Fehler nimmt er noch zu oft per­sön­lich. Tuchel ist kein Mann für Pathos, für Kum­pel­haf­tig­keit, für Kalauer im Bier­zelt mit Atze Schröder. Tuchel ist kein Klopp, aber er war auch nie der ent­rückte, empa­thie­lose Pro­fessor, als der er gerne öffent­lich dar­ge­stellt wird. Das Ein­füh­lungs­ver­mögen dieser Tage hat Tuchel auch schon zur Genüge an anderer Stelle demons­triert.



Das zeigt das Bei­spiel Hen­rikh Mkhi­ta­ryan, diesem hoch­ver­an­lagten, aber ebenso hoch­sen­si­blen Mit­tel­feld­spieler. Tuchel wirkte in Ein­zel­ge­sprä­chen auf ihn ein, lud Mkhi­ta­ryan zu sich nach Hause, schenkte ihm sein Ver­trauen. Nicht ganz ohne Ironie folgte daraus: Er trieb seinen Spieler zu sol­chen Höchst­leis­tungen, dass dieser den Verein in Rich­tung Eng­land ver­ließ.

Wenn Tuchel diesen und zwei andere Weg­gänge (Hum­mels, Gün­dogan) in Ver­bin­dung mit den hohen Erwar­tungen ansprach, bekam er wahl­weise das Heul­suse“- oder Motzki“-Etikett ver­passt. Manche Medien echauf­fierten sich, er würde das Umfeld und den Verein Borussia Dort­mund nicht aus­rei­chend wert­schätzen. Viel­leicht sollte dabei auch mal die Gegen­frage erlaubt sein, ob das nicht in gewissem Maße andersrum der Fall ist.

Tuchel gilt als einer der besten, wenn nicht sogar als der beste Trainer in Deutsch­land. Dar­über mögen Experten und auch die Dort­munder Fans streiten. Unstrittig ist: In den ver­gan­genen Wochen prä­sen­tierte er sich außer­halb des Rasens schlichtweg über­ra­gend.