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Der des Teu­fels Nähe sucht, muss mit Hitze leben können. Der nor­we­gi­sche Erst­li­ga­klub FC Lyn könnte der­zeit eine solide Tef­lon­schicht gebrau­chen, denn die Sport- und einst­malig auch so dicken Geschäfts­freunde vom FC Chelsea haben die Osloer gerade auf 16 Mil­lionen Pfund ver­klagt. Dem skan­di­na­vi­schen Tra­di­ti­ons­verein droht das Aus.



Dies soll nicht die Stelle sein, an der der Lon­doner Mil­li­ar­därs­klub mit dem Anti­christen ver­gli­chen wird. Zumal die Trans­fer­posse um den Nige­rianer John Obi Mikel eine jener Geschichten aus der Mitte des Lebens ist, die nicht nur in schwarz und weiß erzählt werden können und in der das Cha­mä­leon namens Schuld je nach Betrach­tungs­winkel die Farbe wech­selt. Schuld – wenn man so will – hat am Ende wieder das liebe Geld und die mensch­liche Schwäche der Gier nach dem sel­bigen.

Glo­bale Hetz­jagd nach jungen afri­ka­ni­schen Talenten

Die beiden nor­we­gi­schen Jour­na­listen Lars B. Madsen und Jens M. Johansson haben ein Buch vor­ge­legt, das im Land der Fjorde zu Recht als »Fot­ball­bombe« bezeichnet wird und das auch eine deut­sche Auf­lage ver­dient hätte. Hinter dem Indiana-Jones-ver­däch­tigen Titel »Der ver­schwun­dene Dia­mant« ver­birgt sich ein auf­wändig recher­chiertes Werk, dem Edvard Munchs »Schrei« als Titel­bild gut zu Gesicht gestanden hätte. Denn was sich vor den Augen des Lesers ent­faltet, ist nicht mehr ein­fach nur zum Heulen. Die glo­bale Hetz­jagd nach jungen afri­ka­ni­schen Talenten, das Gescha­cher der Mit­tels­männer und die bes­ten­falls semi­le­galen Kon­strukte, mit denen sich die großen Klubs den Zugriff auf jene Kinder sichern wollen, die die Stars von morgen werden könnten, ver­dirbt im besten Fall die Lust auf Fuß­ball und ist im schlimmsten Fall von Men­schen­handel nicht zu unter­scheiden. Mikels Fall ist die gla­mou­röse Spitze des Eis­berges. Schließ­lich hat er es geschafft und sich in London ein Ver­mögen erspielt. Die meisten der afri­ka­ni­schen Jungen, die als poten­ti­elle Profis nach Europa geschmug­gelt werden, schaffen es dagegen nicht und werden irgend­wann von win­digen Agenten in Armut und Ille­ga­lität ent­lassen. Madsens und Johans­sons Buch wirft den Akteuren vor, dieses Elend bil­li­gend in Kauf zu nehmen. Sie spre­chen von 20 000 afri­ka­ni­schen Jungen und führen FIFA-Prä­si­dent Joseph Blatter als Zeugen an. Blatter sagte der Tages­zei­tung »Finan­cial Times«: »Die großen Klubs ver­halten sich wie Neo-Kolo­ni­al­herren.« Nicht zuletzt des­halb hat die FIFA in den letzten Jahren klare Regeln auf­ge­stellt, die den inter­na­tio­nalen Transfer min­der­jäh­riger Fuß­baller eigent­lich ver­bieten.

Zusam­men­ge­fasst kommen die beiden Jour­na­listen zu dem Schluss, dass diese Regeln weder Lyn noch Chelsea die Bohne bedeutet haben. Die Lon­doner hatten den damals 17-jäh­rigen Mikel in geheimer Absprache mit Lyn nach Europa gebracht, schei­terten nach dessen Voll­jäh­rig­keit auf­grund der Gier der dama­ligen Lyn-Oberen jedoch zunächst an einer Ver­pflich­tung. Nach mehr als ein­jäh­rigem Kampf zwi­schen Chelsea und Man­United ging Mikel dann letzten Endes doch nach London und der Abra­mo­witsch-Klub trennte sich im Gegenzug von 16 Mil­lionen Pfund Schwei­ge­geld. Nun, da das Buch die Mau­sche­leien ans Licht bringt, will man an der Stam­ford Bridge die Mil­lionen zurück, deren Groß­teil auch noch dem Kon­kur­renten aus dem Norden den Rücken stärkt. Der juris­ti­sche Angriff auf das sin­kende Schiff FC Lyn, das von den Ver­ant­wort­li­chen längst ver­lassen wurde, erscheint als kläg­li­cher Ver­such der öffent­li­chen Ver­tei­di­gung gegen die Kla­ge­schrift der beiden Jour­na­listen. Deren Buch ist ein trau­riger – wenn­gleich wenig über­ra­schender – Zustands­be­richt über die mora­li­schen Stan­dards an der Spitze der ver­meint­lich attrak­tivsten Liga der Welt. Wenn die FIFA jetzt untätig bleibt und den Fall ange­sichts der vor­lie­genden Beweise nicht erneut unter die Lupe nimmt, ginge es schon mit dem Teufel zu. Zweifler werden um Hand­zei­chen gebeten.